Frühere Befragungen des Teams von Georg Bauer von der Universität Zürich haben gezeigt, dass Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) in KMU seltener durchgeführt wird als in Grossunternehmen. Weitere Studien wurden in KMU in Luzern und der Ostschweiz durchgeführt. Zudem liegt eine Nutzungsanalyse zum Internetportal «www.kmu-vital.ch» vor. Auf diesen Studien aufbauend sind die Autoren in einer Kooperation der Fachhochschule Nordwestschweiz mit der Krankenkasse Visana den folgenden vier Fragen nachgegangen:
- Welche BGM-Massnahmen werden in Schweizer KMU durchgeführt?
- Welche Beweggründe führen zu diesen Massnahmen?
- Welche Hindernisse erschweren im Arbeitsalltag die Umsetzung von BGM-Massnahmen?
- Und welchen Unterstützungsbedarf haben KMU in der Schweiz?
Die Studie
Ein Fragebogen wurde an 812 Kunden-Unternehmen der Visana in der Deutschschweiz versandt. Insgesamt wurden 172 ausgefüllte Fragebögen von KMU aus der Deutschschweiz ausgewertet. Unternehmen aus allen Regionen der Deutschschweiz mit einer breiten Branchenverteilung (Industrie und Dienstleistung) waren vertreten. Die kleinen Unternehmen bis 49 Mitarbeitende machten 81 Prozent aus, mittlere Unternehmen entsprechend 19 Prozent. Zu vermuten ist, dass sich im BGM bereits aktive Unternehmen eher an der Befragung beteiligt haben und eine leichte Überschätzung der Verbreitung von BGM-Massnahmen resultiert (siehe Abbildung 1). Interessanterweise führten die kleinen Unternehmen mehr BGM-Massnahmen durch als die mittleren.
Was KMU unternehmen
Zur Beantwortung der ersten Frage wurde den Unternehmen eine Liste an Massnahmen vorgelegt, um zu bewerten, inwieweit diese in den letzten zwei Jahren durchgeführt wurden. Die Resultate sind in Abbildung 1 dargestellt, wobei die Antworten «Ja» und «Teilweise» ersichtlich sind. Die meisten Unternehmen sind aktiv: 86 Prozent der Unternehmen geben an, mindestens «teilweise» Massnahmen im Bereich der Unfallverhütung und der Arbeitssicherheit umzusetzen.
Inhaltlich damit verbunden und ebenfalls weitverbreitet sind Massnahmen im Bereich Ergonomie (82 Prozent) und Verbesserungen bei den Umgebungsbedingungen (Licht, Temperatur etc.; 79 Prozent). Hohe Verbreitung haben weiter auch Massnahmen rund um das Steuern von Absenzen: das systematische Erfassen der Fehlzeiten (84 Prozent), das Führen von Rückkehrgesprächen (64 Prozent) sowie Case- (56 Prozent) und Absenzen-Management (82 Prozent).
Weniger Zuspruch erhalten Massnahmen, die direkt auf das Wohlbefinden der Mitarbeitenden abzielen wie Stressmanagementkurse (17 Prozent), Angebote zu Sport (19 Prozent) und Entspannung (4 Prozent) sowie Ernährungskurse (7 Prozent). Vor diesem Hintergrund kann eine Kernaussage aus der Studie von Regine Buri-Moser und Norbert Thom für Schweizer KMU nicht bestätigt werden, die in «Personal Schweiz» im September 2013 veröffentlicht wurde: Zwar spielt das Fehlzeitenmanagement tatsächlich eine grosse Rolle in Schweizer Betrieben. Die Angebote zur Bewegungsförderung sind jedoch seltener und Unfallverhütung deutlich häufiger anzutreffen als bei Buri-Moser und Thom angenommen wird.
Verbreitet sind also die Klassiker des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit: Prävention von Unfällen, verbesserte Ergonomie und Umgebungsbedingungen. Das ist auch der Bereich, wo die Bedrohung der Gesundheit am offensichtlichsten ist, nämlich im Bereich Sicherheit. Als Konsequenzen gesundheitlicher Probleme resultieren meist Absenzen, entsprechend ist es verständlich, dass Massnahmen rund um Absenzen (Erfassen von Fehlzeiten, Rückkehrgespräche, Absenzenmanagement, Case Management) sehr verbreitet sind.
Massnahmen, die direkt auf das individuelle Gesundheitsverhalten und den Umgang mit Stress abzielen, wie Seminare zu Stressmanagement oder zu Führung sowie Angebote rund um Ernährung und Sport, sind deutlich weniger verbreitet. Immerhin jedes dritte Unternehmen gibt an, die Belastungen zu erfassen, was ein wichtiger Schritt ist, um die gesundheitsrelevanten Belastungen (zum Beispiel Zeitdruck) und Ressourcen (zum Beispiel Autonomie) erkennen und angehen zu können. Immerhin 41 Prozent der Unternehmen weisen darauf hin, sie hätten mindestens «teilweise» BGM auf strategischer Ebene verankert.