Forschung & Entwicklung

Innovationsmanagement

Wie die erfolgreichen KMU Potenziale freisetzen

KMU stehen mehr denn je vor der Herausforderung, ihren Unternehmenserfolg über eine kontinuierliche Innovationstätigkeit abzusichern. Wie können die vorhandenen Potenziale freigesetzt und genutzt werden? In einem Forschungsprojekt wurden innovationsstarke KMU untersucht und Empfehlungen für andere Betriebe formuliert.
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Die Schweiz belegt seit vielen Jahren den Spitzenplatz in den Rankings zahlreicher global vergleichender Untersuchungen zur Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit von Volkswirtschaften. Hierbei kann sie auf wichtige Standortqualitäten bauen:

  • Gute bis hervorragende Hochschulen und Forschungseinrichtungen.
  • Eine hohe Qualifikation und Produktivität der Arbeitskräfte dank eines sehr durchlässigen Bildungssystems (duales Berufsbildungssystem, praxisnahe Ausbildung an den Fachhochschulen).
  • KMU, die sich erfolgreich mit qualitativ hochstehenden und innovativen
  • Nischenprodukten am Weltmarkt behaupten und ihre Ressourcen effizient einsetzen.
  • Multinationale Unternehmen in wissensintensiven Branchen, die die besten Köpfe aus ganz Europa gewinnen.
  • Eine gut funktionierende Demokratie, ein hoher Wohlstand, viel Pragmatismus und eine aussergewöhnliche Lebensqualität.

In Anbetracht des sich zuspitzenden Fachkräfteengpasses, der raschen Umwälzungen von Geschäftsmodellen und Branchen im Zuge der Digitalisierung wie auch des starken Frankens steht der Innovationsstandort Schweiz aktuell vor beträchtlichen Herausforderungen. Die heute noch innovativste sowie wettbewerbsfähigste Volks­wirtschaft darf sich daher auf dem erreichten Status keinesfalls ausruhen, zumal auch jenseits der Innovationsmaschine Silicon Valley andere europäische Volkswirtschaften wie Grossbritannien, Schweden, Finnland oder Dänemark mittlerweile aufgeholt haben. Diese investieren mittlerweile einen deutlich höheren Anteil ihres BIP in Humankapital (Bildung und Forschung), welches als zentraler Faktor der Innovationsfähigkeit von Volkswirtschaften gilt (vgl. der Global Innovation Index 2014).

Innovationsförderung in KMU

Jenseits der Standortförderung auf volkswirtschaftlicher, regionaler, aber auch bildungspolitischer Ebene stellt sich aus unternehmerischer Sicht ganz konkret die Frage, wie vorhandene Innovationspotenziale konsequent und fortlaufend aktiviert und zur Entwicklung erfolgreicher Produkte, Prozesse, Dienstleistungen oder sogar Geschäftsmodellen eingesetzt werden können. Kleine sowie mit­telgrosse Unternehmen stehen hinsichtlich der Innovationsförderung im eigenen Betrieb vor der besonderen Herausforderung, dass sie mit begrenzten finanziellen Mitteln und knappen personellen Ressourcen umgehen müssen.

Oftmals verfügen KMU zudem weder über eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung noch über ein auf HRM- oder Innovationsmanagementthemen spezialisiertes Fach- und Führungspersonal. Massnahmen zur Innovationsförderung im KMU-Kontext müssen daher ressourcensensitiv und kompakt dimensioniert werden, damit die hohe Flexibilität und Agilität der Kommuni­ka­tions- und Entscheidungsprozesse im KMU als ein wichtiger Wettbewerbsvorteil gegenüber grossen Unternehmen erhalten bleibt. Da klassische, an Grossunternehmen orientierte Innovationsmanagementsysteme nicht auf die Realitäten von KMU zugeschnitten sind, stellt sich die Frage, wie eine wirksame Innovationsförderung im KMU-Kontext gestaltet werden kann.

Empfehlungen

Im Forschungsprojekt unter dem Titel «Entwicklung nachhaltiger Innovationskulturen in KMU durch Führungs- und HR-Praktiken» der Hochschule Luzern und der Berner Fachhochschule (siehe Kasten) wurde untersucht, wie die Führungs- und Personalmanagementpraxis im KMU-Kontext ausgestaltet werden kann, damit Kreativitäts- und Innovationspotenziale der Mitarbeitenden freigesetzt werden und sich Unternehmen in Richtung einer Innovationskultur entwickeln können. Für die Studie wurden gute Beispiele innovationsstarker KMU aus unterschiedlichen Branchen analysiert. Im Folgenden werden daraus ausgewählte Erkenntnisse vorgestellt und Empfehlungen zur Innovationsförderung in kleinen und mittelgrossen Unternehmungen formuliert.

Die Schaffung eines kulturellen Nährbodens für Kreativität und Innovation

Alle Befragten haben einen firmenkulturellen Nährboden etabliert, der die Mitarbeitenden zu einem kreativitäts- und umsetzungsorientierten Handeln auffordert und inspiriert (Innovationskultur). Positive Werte und Grundhaltungen wie Experimentierfreude, visionäres Denken Gemeinschaftsgeist und Mitunternehmertum sowie eine massvolle Toleranz von Risiken, Fehlern und Unsicherheit zählten dabei zu den Kernelementen einer solchen Innovationskultur. Dem Erhalt dieser Werte im unternehmerischen Alltag sowie einer hohen Mitarbeiterzufriedenheit wird vonseiten der Unternehmensleitung ein zentraler Stellenwert beigemessen. Mitsprache- und Partizipationsmöglichkeiten bei Unternehmensentscheiden fördern das proaktive, mitunternehmerische Denken und Handeln.

Innovationsförderliche Führungs- und HR-Praxis

Aufbauend auf der Überzeugung, dass man Innovation und Kreativität nicht verordnen, sondern nur fördern kann, stellen innovationsorientiert handelnde Führungskräfte ihren Mitarbeitenden angemessene Spielräume für Trendbeobachtungen, Querdenken und Experimentieren mit Lösungen bereit. Mitarbeitende werden beispielsweise beauftragt, sich kontinuierlich mit neuen Wissensgebieten auseinanderzusetzen und das Know-how externer Kooperationspartner (zum Beispiel Hochschulen, Forschungsinstitute, Kunden, Lieferanten, Kooperationspartner) konsequent in den Arbeitsprozess einzubinden. Die Gewinnung von Fach- und Führungsnachwuchskräften wird zudem sehr sorgfältig gestaltet mit Blick auf die kulturelle Passung der Person zu den Grundwerten der Organisation als auch die Bereicherung des Kreativitäts- und Umsetzungspotenzials auf der Teamebene.

Massnahmen

Die Untersuchung innovativer Schweizer KMU hat verdeutlicht, dass auch KMU ohne eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung sowie ohne professionell ausgebildete HR-Spezialisten die Innovationsfähigkeit ihrer Unternehmung wirksam stärken können. In der Gestaltung der betrieblichen Innovationskultur und -praxis gibt es jedoch keine Patentlösung. Vielmehr gilt es, einen mit Blick auf das eigene Wettbewerbsumfeld, Geschäftsmodell, die Firmenkultur und Personalstruktur stimmigen, das heisst kultur- und kontextsensiblen Weg zu suchen.

Entscheidend jedoch ist, dass die Innovations-, Führungs- und HR-Praxis möglichst gut aufeinander wie auch mit den firmenkulturellen verankerten Grundhaltungen und Werten abgestimmt wird. Massnahmen zur Stärkung der Innovationsfähigkeit im KMU können sich – entlang des im Forschungsprojekt entwickelten Modells «Innovationskompetenz in KMU» – an den folgenden vier Stossrichtungen orientieren:

Innovationsförderliche Grundhaltungen und Werte etablieren

Es gilt eine Organisations- und Zusammenarbeitskultur zu fördern, die Innovation als Grundlage für den Unternehmens­erfolg erkennt, Kreativität und offenen Wissensaustausch anregt, Vertrauen und Risikobereitschaft zeigt und sich durch eine neugierige sowie offene Haltung gegenüber den Veränderungen im Unternehmen selbst wie auch seiner Umwelt auszeichnet.

Innovationsziele in die Geschäftsstrategie integrieren

Die Unternehmensleitung sollte zentrale Innovationsziele und -felder für das Unternehmen formulieren und in die Geschäftsstrategie integrieren. Innovationsbezogene Aktivitäten und Ressourcen sollten sich an den formulierten Innovationszielen und -feldern ausrichten.

Innovationsförderung in den Personal- und Führungsprozessen verankern

Innovationsfördernde Verhaltensweisen und die Kompetenzen von Führungskräften und Mitarbeitenden sollten beschrieben und ebenfalls in den Prozessen der Personalauswahl, der Führungskräftebeurteilung und der Teamentwicklung verankert werden.

Die Kreativitäts- und Umsetzungspotenziale von Individuen und Teams anregen

Die Unternehmensleitung sowie die Führungskräfte sollten den Austausch von Ideen, das Querdenken und Experimentieren im Unternehmensalltag anregen.  Zusätzlich sollten sie die geeigneten Supportmechanismen, Freiräume und Ressourcen für den Ideen- und Innovationsprozess bereitstellen.

Porträt