Familienunternehmen beschäftigen 60 Prozent aller Arbeitskräfte und erwirtschaften zwei Drittel des Bruttoinlandproduktes in der Schweiz (Frey, Halter & Zellweger, 2004). Doch Familienunternehmen leisten nicht nur in der Schweiz, sondern in ganz Europa und weltweit einen massgeblichen Beitrag zum Funktionserhalt und Zusammenhalt von Wirtschaften und Gesellschaften (European Family Businesses, 2012).
Generationenwechsel gelungen
Viele bekannte Schweizer Traditionsunternehmen wie Kambly oder Bernina befinden sich seit mehreren Generationen in Besitz der Gründerfamilie; das Metallunternehmen Pestalozzi & Co. in Dietikon wird seit seiner Gründung 1763 bereits in neunter Generation von der Familie Pestalozzi geleitet. Nun ist es jedoch so, dass im Schnitt nur eines von 100 Familienunternehmen den Sprung in die vierte Generation schafft (Ward, 1987). Man kann sich daher durchaus die Frage stellen, was denn jene Familienunternehmen anders und besser machen, die es schaffen, zu überleben – und was die Familien auszeichnet, die hinter diesen Unternehmen stehen.
Die bisherige Forschung zeichnet ein kontroverses Bild der Unternehmerfamilie: Die Forschung der 1980er- und 1990er-Jahre im Bereich Familienunternehmen fokussierte sich vorerst auf die Frage, wie Familienunternehmen trotz der Familie erfolgreich agieren können. Erst seit dem Ende der 1990er-Jahre zeigt sich der Forschung ein anderes Bild, nämlich, dass die Unternehmerfamilie die Firmenaktivitäten durchaus positiv beeinflussen und gar als dynastischer Innovator wirken kann. Diese Widersprüche rund um die Rolle der Familie bleiben bis heute bestehen. Die aktuelle Forschung liefert kaum Hinweise, wie langlebige Unternehmerfamilien die Zukunftsfähigkeit ihrer Unternehmen sichern.
Das Forschungsprojekt
Im Rahmen des Forschungsprojekts «Langlebige Unternehmerfamilien – zukunftsfähige Familienunternehmen» wurde untersucht, wie es die Familienunternehmen schaffen, über mehrere Generationen hinweg nicht nur als Unternehmen erfolgreich zu sein, sondern auch als Unternehmerfamilie geeint zu bleiben. (Als Familienunternehmen werden Unternehmen verstanden, die massgeblich von einer Familie oder einem Eigentümerkreis mit verwandtschaftlichen Beziehungen beeinflusst werden. Die befragten Unternehmerfamilien halten einen Mehrheitsanteil am Unternehmen und nehmen aktiv Einfluss auf die strategische Ausrichtung des Unternehmens.) Die befragten elf Unternehmerfamilien haben einen ehrlichen Einblick in ihren Modus Operandi gewährt. Sie haben ihre Geschichte, ihre Ziele und Wünsche, Befürchtungen und Herausforderungen geteilt und wertvolle Hinweise darauf geliefert, was der Ursprung dieses generationenübergreifenden Erfolgs sein könnte.
Beeindruckend war die Ehrlichkeit, Bodenständigkeit und Bescheidenheit der Interviewpartner. Überrascht hat die Erkenntnis, dass Langlebigkeit nicht primär das Ergebnis der Bestrebung zu sein scheint, die richtigen Entscheidungen für das Unternehmen getroffen zu haben. Mindestens genauso sehr scheint unternehmerische Langlebigkeit das Resultat der Anstrengungen zu sein, die man unternimmt, um eine geeinte Familie zu haben, die am gleichen Strick zieht und in dieselbe Richtung läuft. Denn wenn man als Familie geeint ist, dieselbe Vision verfolgt und eine langfristige Perspektive hat, ist man auch in der Lage, Konflikte zu schlichten, Krisen zu überstehen und unternehmerische Fehltritte auszubügeln.