Forschung & Entwicklung

Studie: Wachstumsfaktoren

Vom Glückstreffer zum dauerhaften Unternehmenserfolg

Hohe Wachstumsraten müssen kein zufälliges Phänomen sein. Allerdings schaffen es nur die wenigsten KMU in die Klasse der beständigen «high-growth firms». Eine Studie des Schweizerischen Instituts für Entrepreneurship SIFE zeigt im Querschnitt, was die Überflieger auszeichnet.
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Welches Unternehmen möchte das nicht, nachhaltig wachsen? Doch in der Realität schafft es nur ein Bruchteil, beständig zu wachsen. In der Südostschweiz zäh­-len nach Berechnungen des Schweize­rischen Instituts für Entrepreneurship (SIFE) rund 300 Firmen dazu. Sie er­füllen die OECD-Definition der «high-growth firms» (HGF): Wachstumsraten von jährlich mindestens 20 Prozent be­zogen auf Umsatz oder Mitarbeiterzahl und das über eine Periode von vier Jahren. Bei den meisten Firmen kehrt nach so einer Wachstumsphase quasi wieder Normalität ein.

Wachstum nur auf Zeit?

Offensichtlich ist es für sehr viele Unternehmen nicht möglich, diese steile Flugbahn langfristig zu halten. Die Wissenschaft kennt für dieses Phänomen mit der Lebenszyklustheorie, der Nachhaltigkeit von Wettbewerbsvorteilen oder auch der Gibrat-Regel einige Erklärungsansätze. Ein aufschlussreicheres Bild über die Un­terschiede von stark wachsenden Firmen und der grossen stagnierenden Mehrheit aber fehlt. Worauf also bauen wachstumsstarke Unternehmen auf und was können weniger wachstumsstarke Firmen daraus lernen? Für die Untersuchung dieser Fragen wurde der Innovationskreisel herangezogen (siehe Abbildung 1). Dieses Innovationsmanagement-Modell erfasst die wichtigsten innerbetrieblichen Innovations- und Wachstumsfaktoren und ermöglicht zudem einen struktu­rierten Vergleich mit Wettbewerbern in der gleichen Branche.

Die Studie vereinigt 50 Firmen, verteilt über die Südostschweiz. Anhand des Innovationskreisels konnten die am meisten genannten Einflussfaktoren gesammelt und gruppiert werden:

  • 20 Fälle mit starkem Wachstum (HGF = Wachstumsraten von jährlich mindestens 20 Prozent, bezogen auf Umsatz oder Mitarbeiterzahl und das über eine Periode von vier Jahren.)
  • 20 Fälle ohne Wachstum
  • 10 Fälle mit negativem Wachstum

Die Unterschiede

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen deutlich auf, dass sich die Unternehmen bezüglich folgender drei Themenbereiche unterscheiden:

  • Umgang mit dem Umfeld,
  • Unternehmensführung und
  • Unternehmerpersönlichkeit.

Umgang mit dem Umfeld – Chancen statt Limitationen

Wachstumsstarke KMU haben sprichwörtlich ihre Fühler im Markt. Sie antizipieren rechtzeitig sich bietende Chancen und absorbieren sehr früh notwendiges Wissen und Technologie. Diese Impulse kommen oft aus Kunden- und Lieferantenbeziehungen oder auch aus Kooperationen. Der Pfad dieser Innovationsroutinen ist durch offene Prozesse geprägt und verlangt eine hohe Anpassungsfähigkeit der Mitarbeitenden.

Unternehmensführung – Differenzierung und Positionierung

Die meisten Unterschiede sind in der Unternehmensführung zu finden. Die untersuchten Überflieger verfügen über eine ausformulierte und wachstumsorientierte Vision. Strategisch drückt sich diese Orientierung meist in einer Differenzierungsstrategie sowie dem Erschliessen neuer, aber branchenverwandter Produkt-Markt-Kombinationen aus. Dazu gehört zudem ein ausgewogenes Produkte- bzw. Dienstleistungsportfolio. Innovation ist als strategische Komponente ein zentraler Erfolgsfaktor, um der Konkurrenz stets einen Schritt voraus zu sein. Vor diesem Hintergrund werden Kundenbeziehungen nicht nur gepflegt, sondern auch laufend auf neue Problemlösungen hin untersucht. Der Querschnitt über die untersuchten wachstumsstarken Firmen zeigt weiter:

  • Wille und Bereitschaft, echte Kundenwerte zu schaffen und Kompetenzen aufzubauen, die von Konkurrenten nur schwer zu imitieren sind
  • Kontinuierlicher Aufbau von mittelfristig notwendigen Kompetenzen, vor allem durch vorausschauende Personalrekrutierung
  • Starke Betonung der Autonomie von Projektteams, gelebte Fehlertoleranz und eine ausreichende Ressourcenausstattung

Im Unterschied dazu konzentrieren die wachs­tumsschwachen Unternehmen ihre Kräfte auf die Durchdringung ihres Marktes mit einer Nischenstrategie – also, einfach «more of the same».

Unternehmerpersönlichkeit – Systemorientierung anstatt Personenkult(ur)

Führungskräfte wachstumsstarker Betriebe halten sich als Persönlichkeit zugunsten des «Wir» deutlich zurück. Die Unternehmenskultur orientiert sich weniger am Unternehmer als vielmehr am Unternehmen selbst.

Erfolg ist kein Zufall

Der Führungsstil gleicht einem Work-Life-Kontinuum: Der Unternehmer fordert Leistung und offeriert Lebensqualität am Arbeitsplatz. Er delegiert operative Aufgaben und bietet Fehlertoleranz als Lernchance. Durch diese bewusste Delegation und zielorientierte Führung macht sich die Unternehmenspersönlichkeit Platz, um zukünftige und kommerziell attraktive Wachstumspotenziale an­zu­packen. Es war daher auch nicht weiter erstaunenswert, dass die befragten Wachs­tums­unter­neh­men eine minimale Personal­fluktuation aufweisen.

Dieser Querschnitt offeriert eine Auswahl von bestimmten Faktoren, die wachs­tumsstarke Unternehmen auszeichnen. Diese Unternehmen sind überdurchschnittlich erfolgreich und trotzen peripheren Standortnachteilen. Sie verfügen einerseits über hervorragende Fähigkeiten, bestehende Ressourcen und organisationale Routinen effizient auszunutzen. Andererseits schaffen sie es, diese Fähigkeiten laufend den externen Veränderungen anzupassen und sich wenn notwendig auf Unternehmensebene zu erneuern. Dafür ist auch eine Unternehmerpersönlichkeit gefragt, die gestalten und verwalten kann. Für das «Verwalten» sind hinlänglich Tools und Trainings vorhanden. Für das «Gestalten» und die Freude am unternehmerisch tätig sein braucht es jedoch Konzepte, welche diesen «entrepreneurial spirit» von Kinds­beinen an fördern. Zudem bedarf es ein förderndes Umfeld, um fruchtbare und kreative Initiativen zu ermöglichen. Die Themen sind Bildung, steuerliche Entlas­tungen, administrative Erleichterungen, freie Arbeitsmärkte oder ein verbesserter Zugang zu Wissen, Infrastruktur und Ausbildung. Ob aktuelle und anstehende nationale Volksinitiativen dieser Forderung gerecht werden, sei an dieser Stelle da­hingestellt.

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