Forschung & Entwicklung

Generationenwechsel (Teil 2 von 2)

Unternehmensnachfolge: Einführung, Aufbau und Übergabe

In den kommenden fünf Jahren steht jedes fünfte Unternehmen vor einem Generationenwechsel. Die zweiteilige Serie stellt den Prozess des Aufbaus eines Nachfolgers in den Fokus. Nachdem der erste Teil die Suche und Auswahl in den Mittelpunkt rückte, beleuchtet dieser Beitrag die weiteren Phasen des Übergabeprozesses.
PDF Kaufen

Die Einführung in das Unternehmen kann je nach Situation, Zeit und Nachfolger sehr unterschiedlich ablaufen. Ein zentraler Umstand bezieht sich auf die Frage, ob der Nachfolger bereits im Unternehmen tätig gewesen ist oder ob er von aus­sen direkt als Geschäftsführer in das Unternehmen einsteigt. Grundsätzlich hängt die Art der Einführung auch stark von der Zeit ab, welche für die Übergabe zur Verfügung steht. Wenn genügend Zeit vorhanden ist, kann sich die Einführung über mehrere Jahre hinwegziehen, wobei eine Frist von einem Jahr als minimale Zeitdauer betrachtet wird.

Die Einführung

Bezüglich der Erfolgsfaktoren erscheint ideal, wenn der Nachfolger bereits im Unternehmen gearbeitet hat und mit einem Erfahrungsrucksack ins Geschäft einsteigen kann. Handelt es sich um ein Familienunternehmen, wählen die Kinder des Unternehmers idealerweise bei ihrer Berufswahl bereits den Weg in Richtung Familienunternehmen. Wie aus den Interviews mit übergebenden Unternehmern weiter hervorgeht, ist es vorteilhaft, wenn sich der familieninterne Nachfolger auch einige Jahre in anderen Betrieben Wissen und Erfahrungen angeeignet hat, was sich in der Regel positiv auf die Selbstständigkeit, das Selbstbewusstsein und die Unabhängigkeit im Denken auswirkt. Auch ein Aufenthalt im Ausland kann zu einem gros­sen persönlichen Fortschritt führen, da internationale und interkulturelle Erfahrungen den Horizont eines jeden Einzelnen erweitern (UBS, 2010, S. 17).

Ein weiterer Erfolgsfaktor für eine reibungslose Einführung ist die Akzeptanz des Nachfolgers durch die Mitarbeitenden und das Management. Bei Familienunternehmen mit einer geplanten familieninternen Nachfolge kann dies aber vielfach schwierig sein, weil es Mitarbeitende gibt, die den Nachfolger bereits als kleines Kind gekannt haben. Wenn nun diese Person plötzlich ihr Vorgesetzter wird, braucht es etwas Zeit, bis sich alle an diese neue Situation gewöhnen können. Zusammenfassend können die folgenden Faktoren genannt werden, welche beim Prozessschritt der Einführung des Nachfolgers zu einer erfolgreichen Übergabe führen:

  • Der Nachfolger bringt einen möglichst grossen Erfahrungsrucksack mit.
  • Der Nachfolger hat bereits im Unternehmen gearbeitet.
  • Es soll eine Zeitperiode für die Einführung geplant und ein Einführungsplan erstellt werden.
  • Der Nachfolger muss vom Management und den Mitarbeitenden akzeptiert werden.

Der Aufbau

Am besten erfolgt der Aufbau des Nachfolgers sukzessiv, und ein typisches sukzessives Aufbauprogramm führt einen potenziellen Nachfolger zunächst in eine Stabstelle (wie zB. im Controlling oder Personalbereich), anschlies­send in eine mittlere Führungsposition und danach zur schrittweisen Übernahme der operativen Verantwortung für bestimmte Teilbereiche, zum Beispiel die Informatik, die Produktion oder das Marketing (UBS, 2010, S. 19). Gemäss den Interview­partnern bringt eine sukzessive Übergabe viele Vorteile mit sich. Der Nachfolger hat die Möglichkeit, sich Stück für Stück mehr in das Unternehmen einzuarbeiten und sukzessive mehr Verantwortung zu übernehmen.

Als Erfolgsfaktoren für den Aufbau des Nachfolgers nennen die Interviewpartner neben dem genannten, sukzessiven Aufbau, dass der Übernehmer alle Bereiche des Unternehmens kennenlernt und auch Einblick in die Buchhaltung sowie alle administrativen Vorgänge erhält. Weiter sollte er sich das entsprechende fachliche und technische Wissen aneignen, damit er versteht, was für Arbeiten seine Mitarbeitenden ausführen. Ein wichtiger Teil der Aufbauphase ist weiter die Bekanntmachung der Übergabe an die Mitarbeitenden, Kunden, Lieferanten und auch an die Gemeindeverwaltung.

Oftmals ist auch hilfreich, wenn der Übergeber den Nachfolger an Netzwerkanlässe mitnimmt und ihn dort diversen Leuten vorstellt. Weiter muss sich der Übergeber kontinuierlich und definitiv zurückziehen und seinem Nachfolger die notwendigen Handlungs- und Entscheidungsspielräume geben, damit dieser seine Erfahrungen machen und Erfolge erzielen kann. Besonders schwierig kann diese Situation sein, wenn der Übergeber noch über die finanzielle Mehrheit am Unternehmen verfügt.

Falls es während einer begrenzten Zeitperiode eine gemeinsame Führung gibt, sollte diese präzise geregelt sein, um das Konfliktpotenzial zu minimieren (Halter & Schröder, 2011, S. 130). Schliesslich ist ein gegenseitig verständnisvoller Umgang zwischen Übergeber und Nachfolger die Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Aufbau, wobei die Wünsche und Erwartungen beiderseits berücksichtigt und so gut wie möglich erfüllt werden sollen (UBS, 2010, S. 18). Zusammenfassend können folgende Faktoren genannt werden, welche beim Prozessschritt des Aufbaus des Nachfolgers zu einer erfolgreichen Übergabe führen:

  • Die Aufgaben und die Verantwortung sollen sukzessive an den Nachfolger übergeben werden.
  • Der Übergeber soll den Nachfolger Entscheidungen alleine treffen lassen.
  • Die Übergabe muss den Mitarbeitenden, Kunden, Lieferanten und Behörden klar und rechtzeitig kommuniziert werden.
  • Wünsche und Erwartungen beider Seiten sollen berücksichtigt werden.

Die Übergabe

Wie soll diese letzte Prozessphase möglichst optimal gestaltet werden? Grundsätzlich wird hier empfohlen, diese Zeitspanne möglichst kurzzuhalten, weil ansonsten die Wahrscheinlichkeit zunimmt, dass sich gewisse Grundhaltungen durch das sich wandelnde Umfeld verändern (Credit Suisse, 2013, S. 32). Schwierigkeiten bei der Übergabe entstehen nicht selten deswegen, weil der übergebende Unternehmer oft Mühe hat, alle Entscheide konsequent dem Nachfolger zu überlassen und diesem nicht reinzureden. Der Nachfolger möchte zwar vielfach gerne unterstützt, begleitet und beraten werden, wehrt sich aber gleichzeitig gegen die direkte Einmischung. Diese Konflikte können durch gemeinsame Absprache, psychologische Sensibilität und das allenfalls Einsetzen eines externen Beraters, Coaches oder Mentors vermieden werden.

Der Übergeber muss klar die neue Rolle des Nachfolgers akzeptieren und die Zusammenarbeit zwischen abgebender und übernehmender Person optimal fördern (UBS, 2010, Seite 19). Aus den Interviews mit den Unternehmern geht weiter die Wichtigkeit einer klaren Kommunikation hervor. Es muss klar kommuniziert werden, wann die Übergabe stattfindet und ab welchem Zeitpunkt der Nachfolger die volle Verantwortung trägt. Nur so herrscht sowohl bei den Mitarbeitenden und den Kunden wie auch bei allen weiteren Partnern Klarheit über die neue Struktur des Unternehmens. Ein Kommunikationsplan kann diesen Vorgang unterstützen, wird jedoch nur bei 23 Prozent aller Unternehmen mündlich und bei 33 Prozent schriftlich festgehalten.

Ein Kommunikationsplan hilft dabei, Unsicherheiten innerhalb und ausserhalb des Unternehmens zu vermeiden (Credit Suisse, 2013, S. 34 – 35). Um allen involvierten Parteien Sicherheit zu vermitteln, sollte die operative Umsetzung, die die finanzielle, steuerliche und rechtliche Abwicklung der Übertragung sowie der Kommunikation gegenüber den Mitarbeitenden und Stakeholdern umfasst, in kurzer Zeit abgewickelt werden (Halter & Schröder, 2011, S. 130).

Die Weiterarbeit

Eine Weiterarbeit des abtretenden Unternehmers nach der Übergabe des Unternehmens wird von den Interviewpartnern unterschiedlich beurteilt. Grundsätzlich möchte niemand mehr die Verantwortung tragen, aber einige würden sich in beratender Funktion zur Verfügung stellen. Dies trifft insbesondere auf die Übergeber von familieninternen Nachfolgeregelungen zu, währenddem bei externen Nachfolgen die Übergeber eher einen vollständigen Rückzug aus dem Unternehmen vorziehen. Gemäss der Credit-Suisse-Studie aus dem Jahr 2013 verfügen die Übergeber im Durchschnitt noch 4,2 Jahre nach der Übergabe über ein Büro im Unternehmen. Vor allem bei Family Buy-Outs bleiben die Vorgänger meist noch länger im Unternehmen.

Bei einem Management Buy-In verlässt die abtretende Generation das Büro meist binnen Jahresfrist. Solange sich Vorgänger und Nachfolger über die Arbeitsverteilung einig sind und der Nutzen die Kosten übersteigt, kann eine Weiterarbeit des Vorgängers über eine bestimmte Zeitperiode nach der Übergabe durchaus sinnvoll sein (Credit Suisse, 2013, S. 35 – 36).

Der Rückzug

Wie aus den Interviews weiter hervorgeht, fällt der Rückzug den Übergebern umso einfacher, je besser sie ihr Unternehmen in guten Händen weitergeführt wissen und der Rückzug geordnet abläuft. Für die Zeit nach der Übergabe haben die interviewten Unternehmer keine grossen Pläne. Sie möchten vor allem mehr Zeit mit der Familie verbringen, ihren Hobbys nachgehen und die Freizeit geniessen, welche in den Jahren als Unternehmer etwas zu kurz kam. Jedoch kann genau diese gewonnene Zeit das Leben eines Unternehmers auf den Kopf stellen. Deshalb ist es wichtig, den Alltag neu zu gestalten und die Unternehmerkarriere bewusst abzuschliessen (Halter & Schröder, 2011, S. 130).

Zusammenfassend können die folgenden Faktoren genannt werden, welche beim Prozessschritt der Übergabe des Unternehmens an den Nachfolger zu einer erfolgreichen Übergabe führen:

  • Die Zeitspanne der Übergabe sollte möglichst kurz sein.
  • Die Übergangsphase muss sorgfältig geplant werden.
  • Es kann sinnvoll sein, einen externen Berater, einen Coach oder einen Mentor einzusetzen.
  • Der Übergeber soll seinen Rücktritt aktiv planen und Zukunftspläne für die Zeit nach der Übergabe machen.

Fazit

Der optimale Aufbau des Nachfolgers lässt sich nicht verallgemeinern. Vielmehr handelt es sich um einen situationsangepassten Prozess, welcher für jedes Unternehmen individuell gestaltet werden muss. Entsprechend wird der gesamte Übergabeprozess von vielen internen und externen Faktoren geprägt. Grössere Unterschiede bestehen insbesondere auch zwischen familieninternen und externen Nachfolgen.

Nichtsdestotrotz lassen sich aufgrund der bestehenden Literatur und aus den Interviews mit Unternehmerinnen und Unternehmern, welche ihre Erfahrungen von Unternehmensnachfolgen aus erster Hand wiedergeben, einige Empfehlungen ableiten. Abschliessend kann gesagt werden, dass der gesamte Übergabeprozess auf viel Menschlichkeit und Verständnis beruhen muss und insgesamt ein grosses «Geben und Nehmen» ist.

Porträt