Forschung & Entwicklung

Online-Marketing

Social Media – Nutzung und Reichweiten von Schweizer KMU

Grosse Teile der Schweizer Bevölkerung nutzen Social Media regelmässig. Doch inwieweit betreiben Schweizer KMU eigene Profile auf Social-Media-Plattformen? Mit dieser Frage­stellung hat sich eine repräsentative Erhebung befasst. Sie zeigt, welche Plattformen KMU bedienen und welche Reichweiten durch diese generiert werden.
PDF Kaufen

Eine repräsentative Erhebung der Fachhochschule Graubünden (FHGR) zeigt, dass 36,5 Prozent der Schweizer KMU auf mindestens einer der untersuchten Social-Media-Plattformen ein eigenes Profil unterhalten. Mit diesen generieren sie durchschnittlich Reichweiten von 1438 Followern.

Die Ausgangslage

 Social Media bieten KMU vielfältige Anwendungsmöglichkeiten und Mehrwertpotenziale. Die digitalen Plattformen erlauben es individuellen und organisationalen Akteuren, eigene Profile anzulegen, sich mit anderen Profilen zu vernetzen sowie im Netzwerk Inhalte bereitzustellen und Nachrichten auszutauschen. 

Viele KMU nutzen Social Media primär für eine nach aussen gerichtete Kommunikation («Outbound»), wodurch die Bekanntheit gesteigert, Beziehungen zu neuen oder bestehenden Kunden aus­gebaut sowie ein zeitgerechter Umgang mit Kommunikation und Technologie signalisiert werden sollen. Zurückhaltender werden von KMU auf Social-Media-Plattformen Zwecke in Bezug auf eingehende Informationen («Inbound») und deren Analyse verfolgt. So erlauben die Inter­aktionsmöglichkeiten auf Social Media KMU, die Anwendung von Markt­beobachtungen bei Mitbewerbern oder Kunden zu betreiben, neue Mitarbeitende zu finden sowie verschiedene Stakeholder in die Weiterentwicklung von Produkten oder Leistungen einzubeziehen. 

Die Realisierung dieser Chancen geht für viele KMU mit den Herausforderungen einher, dass die Zeit für Social Media neben der Bewältigung des Tages­geschäfts aufgebracht werden muss und die Aktivitäten auf das Geschäftsmodell abgestimmt werden sollten. Hierzu ­müssen KMU jedoch erst einmal den Schritt in die Social Media wagen. Ständig neu aufkommende Plattformen sowie die unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten von etablierten Plattformen erschweren dies. Bei den Überlegungen zu den Erträgen und Aufwänden von Social-Media-Präsenzen stellt sich so­-mit für KMU oft die Frage, auf welchen Platt­formen andere KMU vertreten sind und wie viele Personen diese darüber erreichen können.

Zur Beantwortung dieser Fragen wurde in einer Erhebung der Fachhochschule Graubünden auf Basis eines repräsen­tativen Samples von 976 Schweizer KMU untersucht, inwieweit diese auf den Social-Media-Plattformen Facebook, Twitter, Instagram, Linkedin, Xing und Youtube eigene Profile unterhalten und welche Reichweiten dadurch realisiert werden.

Die Erhebung 

Auf Basis einer repräsentativen Stichprobe an KMU aus dem Betriebs- und Unternehmensregister (BUR) des Bundesamtes für Statistik wurden 1000 Datensätze zu KMU, die als Kapitalgesellschaften angelegt sind, als Sample für die Unter­suchung repräsentativ gezogen. Bereinigt um Unternehmen, die sich «in Liquidation» befinden, ergaben sich 976 Schweizer KMU als Grundlage für diese Untersuchung. Kern der Datenerhebung für diese Untersuchung bildet die systematische Identifizierung von Profilen (Adoptionsraten) von Schweizer KMU in sechs vorab ausgewählten Social-Media-Plattformen (Facebook, Twitter, Instagram, Linkedin, Xing und Youtube), welche im Juni 2020 durchgeführt wurde.

Die Präsenzen (Adoption)

Die Analyse zeigt, dass die Adoptions­raten der in diese Untersuchung einbe­zogenen Social-Media-Plattformen bei den untersuchten Schweizer KMU zwischen 4,3 Prozent für Xing im Minimum und 29,3 Prozent für Facebook im Maximum liegen. Neben Facebook weisen zudem Instagram (mit 16,1 %) und Linkedin (mit 12,4 %) im Plattformvergleich relativ hohe Adoptionsraten auf. Twitter (mit 5,2 %) und Youtube (mit 8,5 %) bewegen sich im unteren mittleren Bereich.

In einem zweiten Schritt wurde analysiert, in wie vielen der untersuchten Social-Media-Plattformen Schweizer KMU parallel eigene Profile unterhalten. Abbildung 2 zeigt die entsprechende Verteilung zu Anzahlen parallel genutzter Plattformen der KMU im Sample.

63,5 Prozent der untersuchten KMU sind auf keiner der einbezogenen Social-Media-Plattformen präsent. Dies entspricht umgekehrt der Aussage, dass 36,5 Prozent der KMU auf mindestens einer der Social-Media-Plattformen ein eigenes Profil unterhalten. Dabei nimmt der Anteil an Unternehmen im Sample mit zunehmender Anzahl an parallel genutzten Plattformen stetig ab. Während 15,2 Prozent ein Profil auf nur einer Plattform betreiben und 10,6 Prozent Profile auf zwei verschiedenen Plattformen, liegt der Anteil an Unternehmen, die auf drei Plattformen präsent sind, lediglich noch bei 5,6 Prozent. Auf vier oder mehr Plattformen unterhalten nur 5,1 Prozent der untersuchten KMU eigene Profile.

Plattform-Kombinationen

In einem weiteren Schritt wurde bezüglich der Adoption von Social-Media-Plattformen durch Schweizer KMU analysiert, welche Plattformen häufig in Kombination genutzt werden. Abbildung 3 zeigt dazu eine systematische Auswertung als Matrix möglicher Zweier-Kombinationen. In der Tabelle sind die Werte oberhalb der Diagonalen (weisser Bereich) als absolute Anzahl der KMU im Sample abgebildet, wohingegen die gespiegelten Werte unterhalb der Diagonalen (blauer Bereich) als Anteil in Prozent der KMU im Sample dargestellt sind. 

Um die häufigsten Kombinationen umfassender zu untersuchen, wurden neben allen möglichen Zweier-Kombinationen auch alle Fälle aufgelistet, in denen eine Social-Media-Plattform ohne eine weitere andere Plattform genutzt wurde. Die entsprechenden Werte (Anteil in Prozent und absolute Anzahl) wurden jeweils in der Diagonalen der Matrix (als Kombi­nation einer jeweiligen Plattform mit sich selbst) eingetragen.

Erzielte Reichweiten

Im Fokus der zweiten Forschungsfrage der Untersuchung stehen die Reichweiten (Anzahl Follower), die Schweizer KMU durch ihre Unternehmensprofile bis zum Zeitpunkt der Erhebung auf den verschiedenen Social-Media-Plattformen generieren konnten. Dazu wird in Abbildung 4 eine Übersicht zu den einzelnen Social-Media-Plattformen sowie der gesamt über alle genutzten Plattformen erzielten Reichweiten (Total) dargestellt.In dieser Tabelle wird in einem ersten Schritt (blauer Bereich) die Anzahl an Schweizer KMU dargestellt, welche zur Analyse der Reichweiten («Fallzahlen Reichweite») einbezogen worden sind. In einem zweiten Schritt (oranger Bereich) wurden dann von den Fällen (N=342 für «Total») Aggregate der erzielten Reichweiten (Anzahl Follower im Plattformprofil) in Form von Verteilungsparametern (Mittelwert, Maximum, Minimum) berechnet. 

Im Plattformvergleich zeigt sich, dass die höchsten Reichweiten von Schweizer KMU tendenziell auf Instagram (Mittelwert = 1193) und Facebook (Mittelwert = 924) erreicht werden. Sehr niedrige Reichweiten mit Unternehmensprofilen von KMU ergeben sich insbesondere auf Xing (Mittelwert=17). Insgesamt zeigen sich über alle Plattformen hinweg mittlere Reichweiten von 1438 Followern (Mittelwert). 

Zudem zeigt sich beim Maximum, dass hier ebenfalls auf Facebook (47 130 Follower) und Instagram (32 900 Follo­wer) die höchsten Follower-Zahlen von Schweizer KMU erreicht werden. Betrachtet man diese Werte alleinstehend, geht von diesen eine gewissen Anreizwirkung für KMU aus, eine Social-Media-Präsenz auf- oder weiter ausbauen zu müssen. Zieht man die Perzentile jedoch hinzu, zeichnet sich ein nüchterneres Bild ab. 75 Prozent der Schweizer KMU, welche auf Social Media präsent sind, erreichen im Maximum 612 Follower auf Facebook und 577 auf Instagram. Weist ein KMU somit höhere Zahlen als diese auf Facebook oder Instagram aus, kann es sich schon zu den Top 25 Prozent der Schweizer KMU hinsichtlich der erzielten Reichweiten zählen. 

Dies steht im Kontrast zu der allgemein verankerten Meinung vieler Schweizer KMU, dass Follower-Zahlen auf Social-Media-Plattformen im dreistelligen Bereich als gering zu erachten sind. Die Untersuchung zeigt vielmehr, dass Reichweiten im dreistelligen Bereich auf den einzelnen Plattformen für 75 Prozent der Schweizer KMU die Normalität beschreiben, wohingegen Reichweiten im vier- beziehungsweise fünfstelligen Bereich als klare Ausnahmeerscheinungen gesehen werden können. Dementsprechend muss auch davon ausgegangen werden, dass der Auf- beziehungsweise Ausbau solcher Firmenpräsenzen in wesentlichen personellen und finanziellen Aufwänden resultiert. 

SM-Nutzung im Vergleich

In einem finalen Schritt wurden die verschiedenen Daten zur Nutzung der untersuchten Social-Media-Plattformen in der Schweizer Bevölkerung aus mehreren anderen Erhebungen (IGEM 2019; We are Social / Hoot Suite 2020; XEIT 2020) aufbereitet. In diesen wurden über verschiedene Variablen Nutzungsraten der Plattformen in der Bevölkerung erhoben. Die meisten Variablen beziehen sich dabei auf unterschiedliche Zeitintervalle, innerhalb derer eine Plattform von den Befragten genutzt werden musste, damit dies als Plattform-Adoption gezählt wurde (Nutzung zum Beispiel täglich, gelegentlich, in den letzten Monaten). Um die Daten zur Schweizer Bevölkerung besser mit den KMU-Befunden dieser Untersuchung vergleichen zu können, wurden die Ergebnisse der fünf Variablen zur Adoption in der Bevölkerung jeweils aggregiert, indem Mittelwerte sowohl für die verschiedenen Adoptionsraten als auch für die Rangzahlen errechnet wurden (Abbildung 5, unterste Zeile «aggregiert», in Violett).

Vergleicht man die Social-Media-Adoption von Schweizer KMU mit der Plattform-Nutzung in der Schweizer Bevölkerung, so ergibt sich für einige Plattformen eine relativ gute Passung. Xing liegt im Plattformvergleich sowohl bei den KMU als auch in der Bevölkerung auf dem letzten Rang (Rang 6). Damit einher geht auch die mit Abstand niedrigste durchschnittlich erzielte Reichweite auf den untersuchten Social-Media-Plattformen (Mittelwert von 17 Followern). Ein vergleichbares Muster in den Adoptionsraten ergibt sich auch für Twitter (Rang 5 sowohl bei KMU als auch in der Bevölkerung). 

Facebook liegt dagegen bezüglich der Plattform-Adoption insgesamt auf Rang 1, sowohl bei den KMU als auch in der Bevölkerung. Entsprechend ergibt sich für Facebook auch eine relativ hohe Reichweite für KMU (Rang 2). Allerdings wird diese von den KMU auf Instagram noch übertroffen, und das, obwohl Instagram in der Bevölkerung nur am dritthäufigsten genutzt wird. Dies lässt sich einerseits durch die Nutzer der Plattform erklären. Tendenziell sind junge Menschen häufiger auf Instagram zu finden. Gegebenenfalls neigen diese eher dazu, dem Social-Media-Profil eines KMU zu folgen. Alternativ können die beobachteten Reichwei­ten­vorteile aber auch einfach dadurch erklärt werden, dass die Inhalte oder deren Darbietung auf Instagram den Usern im Vergleich zu anderen Social-Media-Plattformen attraktiver erscheinen.

Eine weitere Diskrepanz in Bezug auf die Social-Media-Adoption zwischen Schweizer KMU und der Schweizer Bevölkerung zeigt sich bei der Video-Plattform Youtube. Diese liegt bei der Bevölkerung auf Rang 2, bei den KMU allerdings nur auf Rang 4, noch hinter Linkedin (Rang 3). Für viele KMU erscheint ein eigener Youtube-Kanal tendenziell weniger wichtig, da sie Videos für ihren Bedarf meist gleich in anderen Social-Media-Profilen verwenden können, ohne dass sie dazu zusätzlich einen Youtube-Kanal betreiben müssen. Umgekehrt lässt sich die hohe Adoption von Youtube in der Bevölkerung aber auch durch den Video-Content auf der Plattform beziehungsweise die Art, wie dieser kon­sumiert wird, erklären. So bieten sich auch Menschen, die weniger Social-Media-affin sind, vielfältige Möglichkeiten, mit Youtube-Videos in Berührung zu kommen (zum Beispiel eingebettet in Web­site-Content).

Fazit

Eine Realisierung der verschiedenen Mehrwertpotenziale geht für KMU mit entsprechenden Aufwänden einher, die neben der Bewältigung des Tagesgeschäfts erbracht werden müssen. Der zunehmende Anteil der Schweizer Bevölkerung, der auf Plattformen wie Facebook, Twitter und Instagram aktiv ist, erfordert es jedoch von KMU, sich zunehmend mit dem eigenen Umgang mit Social-­Media-Plattformen auseinanderzusetzen. Hierbei stellt sich die Frage, inwieweit sich mögliche positive Beiträge zu ihrem Geschäft tatsächlich zu vertretbaren Kosten und Aufwänden realisieren lassen.

Um die Unternehmen bei diesen Abwägungen zu unterstützen, wird im Rahmen des Forschungsberichts «Nutzung von Social-Media-Plattformen durch Schweizer KMU» eine erstmalige Übersicht zu der Nutzung und den Reichweiten von Schweizer KMU auf Social-Media-Plattformen (Facebook, Twitter, Instagram, Xing, Linkedin, Youtube) präsentiert. Der Forschungsbericht kann kostenfrei un­ter folgendem Link abgerufen werden: www.researchgate.net/publication/344426916.

Porträt