Forschung & Entwicklung

Dienstleistungsmanagement

Service Business Development als neue Erlösquelle

Service Business Development beschreibt die Entwicklung von Geschäftsmodellen, die Wachstum und Umsatzzuwächse durch eine Serviceorientierung generieren. Vor allem KMU haben hier noch grosses Potenzial. Der Beitrag skizziert die Aufgabenfelder für ein entsprechendes Dienstleistungsmanagement.
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Über Jahrzehnte waren eine hohe Produktqualität, gute Kundenbeziehungen und ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis die Garanten für erfolgreiche Unternehmen. Doch worauf lange Zeit Verlass war, gilt heute plötzlich nicht mehr. Die Produkte werden immer ähnlicher. Das Wechselverhalten von Kunden nimmt zu. Der Preisdruck wird immer stärker. Entsprechend sinken die Gewinnmargen – und dazumal erfolgreiche Unternehmen geraten ins Schleudern oder verschwinden gar ganz vom Markt. Gleichzeitig treten neue Wettbewerber in Erscheinung. Vor allem junge Unternehmen bieten auf der Basis von Digitalisierung und Innovation neue, günstigere oder bessere Angebote an.

Vom Produkt zum Service

Damit Unternehmen unter diesen Bedingungen langfristig erfolgreich am Markt sein können, ist eine Richtungsänderung erforderlich: von einer Produktorientierung (hier stehen das Produkt und der Verkauf im Vordergrund) hin zu einer Serviceorientierung (Umsatzzuwächse durch neue Serviceangebote). Service allerdings nicht im Sinne von Kundendienst, welcher die Kosten decken soll –, sondern ein Service im Sinne von neuen Angeboten, die dem Kunden einen wertvollen Nutzen bieten und für welche gute Preise erzielt werden können.

Wenn diese Entwicklung von einem Produktanbieter hin zu einem Serviceanbieter erfolgt, nennt man das «Service Business Development». Diese Art der «Servicetransformation» haben einige Grossunternehmen bereits vollzogen. Unternehmen wie Schindler, Daimler, Heidelberg, Rolls-Royce, Hilti und viele andere machen bereits heute mehr als drei Viertel ihres Geschäfts mit Serviceangeboten und nicht etwa mit Produkten. Für viele KMU besteht aber noch Nachholbedarf.

Aufgabenfelder

Die damit verbundenen Aufgaben sind vielfältig. Auf den Markt bezogen geht es vor allem um drei Aufgabenfelder:

  • die systematische Identifikation von Wachstumspotenzialen,
  • das rechtzeitige Erkennen von Technologieanwendungen und
  • die konsequente Überprüfung des eigenen Geschäftsmodells.

Letztlich geht es um die Entwicklung von Innovationen, und dies auf verschiedenen Ebenen:

  • Prozessinnovationen: Bei der Suche nach Prozessinnovationen geht es um die Verbesserung von Prozessen zur Effizienzsteigerung und die Ausschöpfung von Potenzialen durch die Digi­talisierung von internen Prozessen. Kostenreduktion und die Sicherung von Profitabilität stehen im Vordergrund. Dies impliziert häufig ein klares Prozessdesign, die Automation von Kundenprozessen und durchdachte Make-or-buy-Entscheidungen.
  • Dienstleistungsinnovationen: Bei Dienstleistungsinnovationen stehen beispielsweise Selfservice-An­gebote oder auch Kooperationen mit anderen Anbietern im Mittelpunkt. Erfolgsfaktor hierfür ist ein strukturierter Innova­tionsprozess, um innovative Ideen in kommerziell erfolgreiche Dienstleistungen zu verwandeln.
  • Geschäftsmodellinnovationen: Die Königsdisziplin bilden schliesslich Innovationen des Geschäftsmodells. Hier wird das Produkt- und Serviceportfolio durch innovative und serviceorientierte Modelle erweitert. Diese gehen mit neuen Erlösmodellen einher, die sich konsequent am Nutzen des Kunden orientieren (Value in Use). Für KMU, die viele Jahre von ihrem klassischen Erfolgsmodell gelebt haben, ist dieses Umdenken eine besondere Herausforderung.

Ein systematisches Service Business Development erfordert das Identifizieren von Wachstumspotenzialen. Hierzu stehen verschiedene Methoden zur Verfügung: Häufig werden Lead-User-Analysen, Customer Journey Mapping, Service Blueprinting, Service-Simulationen u. a. genannt. Aufgrund der grossen Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung sind zudem Szenarioanalysen, Stresstests und Tipping-­Point-Analysen von besonderer Bedeutung. Dies deshalb, weil es im Prinzip darum geht, den richtigen Zeitpunkt für Veränderungsprozesse zu erkennen. Viele der Methoden sind übrigens nicht neu und haben sich im Kontext der marktorientierten Unternehmensführung auch für KMU bereits vielfach bewährt.

Stolpersteine beachten

Auch wenn viele Unternehmen die Notwendigkeit erkannt haben, ihr Geschäftsmodell zukunftsorientiert weiterzuentwickeln, werden in der Praxis bei der Transformation hin zu einem Service­unternehmen zahlreiche Barrieren und Stolpersteine deutlich. Vielfach sind die Instrumente und Methoden für ein systematisches Service Business Development unbekannt, interne Ressourcen und Know-how werden überschätzt, es werden Konzepte lediglich für die Schublade erarbeitet, Business-Pläne sind ungenutzt, es fehlt ein strategischer Fit – oder der Markteintritt von Serviceangeboten erfolgt zu früh oder auch zu spät! Vielfach sind es auch die Barrieren und Widerstände der Mitarbeitenden, die Veränderungsprozesse erschweren.

Die Umsetzung

Der Umsetzung innerhalb des Unternehmens kommt deshalb eine zentrale Bedeutung zu. Dies betrifft übergeordnet die Organisation als solche: Wie kann Service Business Development in der Aufbau- und Ablauforganisation etabliert werden? Wer ist für das Thema verantwortlich? Wie ist es in der Führung aufgehängt? Wie sind die Schnittstellen zu anderen Abteilungen zu koordinieren? Es betrifft darüber hinaus die Mitarbeitenden: Wie können Widerstände und möglicherweise Ängste überwunden werden? Wie lassen sich Anreize für unternehmerisches Denken schaffen? Wie können und müssen die Kompetenzen der Mitarbeitenden weiterentwickelt werden? (Beim Beispiel des Vertriebs: Der Verkauf von Services und Lösungen bedarf anderer Fähigkeiten als der Verkauf von Produkten.) Welche neuen Mitarbeitenden braucht es?

Die Kultur

Schliesslich ist auch die Kultur im Unternehmen explizit zu berücksichtigen: Wie kann sich eine Innovationskraft im gesamten Unternehmen etablieren? Wie lässt sich die Fähigkeit zu einem experimentellen Lernen aufbauen? Was be-
darf es, um eine Fehlerkultur aufzubauen und deren Stärken auszuschöpfen? Die Schlüsselfaktoren liegen dabei in einer konsequenten organisatorischen Schnittstellenausrichtung, der Incentivierung der Mitarbeitenden, dem Zulassen einer Fehlerkultur und dem Vorleben einer Innovationskultur durch die Führungskräfte. In Grossunternehmen ist dies häufig (noch) schwieriger zu erreichen. Kleine und mittelgrosse Unternehmen haben somit die Chance, durch ein sys-
tematisches Service Business Development spezifische Wettbewerbsvorteile im Markt aufzubauen. Vorausgesetzt natürlich, sie erkennen die Chancen früh genug und bringen die richtige Portion Mut und Agilität mit.

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