Forschung & Entwicklung

Regulierung

Schweizer wollen Bürokratie-Abbau für die Wirtschaft

Die Schweizer Bevölkerung wünscht zwar eine Regulierung der Wirtschaft, diese sollte jedoch zielgerichteter und intelligenter ausgestaltet werden. Wie eine Studie zeigt, möchte eine deutliche Mehrheit einen Bürokratie-Abbau für die Wirtschaft und zieht eine grössere Selbstverantwortung der Unternehmen staatlichen Vorschriften vor.

Das Bild, welches die Schweizer Stimmbevölkerung von staatlicher Regulierung hat, ist mehrheitlich ein positives. Die Bevölkerung will Regeln, welche dem wirtschaftlichen Handeln einen Rahmen vorgeben. Die Ziele, welche staatliche Regulierungen typischerweise bezwecken, sind in der Bevölkerung unumstritten und werden als wichtig und legitim betrachtet. Der gesellschaftliche Nutzen von Regulierung, namentlich der Schutz der Umwelt und der Gesundheit, werden jeweils von über 85 Prozent als wichtig oder sehr wichtig erachtet. Zu diesen Ergebnissen kommt eine repräsentative Studie, die das Institut für Politikwissenschaften der Universität Zürich im Auftrag der Stiftung Strategiedialog 21 durchführte.

Die Ergebnisse der Studie zeichnen ein facettenreiches Gesamtbild, das sich nicht auf ein simples Schema von «guter» oder «böser» Regulierung reduzieren lässt, sondern sich in differenzierten und ausgewogenen, wenn auch nicht gänzlich widerspruchsfreien Einstellungen der Schweizer Bevölkerung zu staatlicher Regulierung für die Wirtschaft niederschlägt. Die Schlüsselbefunde werden im Folgenden aufgeführt.

Zufriedene Mehrheit

Mit dem aktuellen Ausmass der Regulierung für die Wirtschaft in der Schweiz ist eine Mehrheit von 47 Prozent zufrieden. Gleichzeitig bemängelt jedoch eine starke Minderheit von 42 Prozent eine zu hohe Regulierungsdichte. Eine solche regulierungsskeptische Einstellung dominiert bei Führungskräften, älteren Personen und hohen Einkommen sowie unter Anhängern von SVP und FDP. Zu wenig Regulierung wird nur von einem marginalen Teil der Bevölkerung von zehn Prozent beklagt.

Wird bei Internet und Online-Handel von 54 Prozent der Befragten ein verstärkter Regulierungsbedarf geortet, so halten sich bei der Finanzbranche diejenigen Befragten, welche mehr Regeln fordern, und jene, welche das aktuelle Ausmass als gerade richtig einstufen, ungefähr die Waage. Für die eigene Branche ist eine überraschend deutliche Mehrheit von 62 Prozent der befragten Erwerbstätigen mit dem Ausmass an staatlichen Regeln und Vorschriften zufrieden.

Konsumentenschutz hat Vorrang

Der regulierungsskeptischen Forderung nach einem Bürokratieabbau stimmen zwei von drei Befragten zu. Mehr als nur ein lästiges Ärgernis, sondern eine Bedrohung für Wohlstand und Beschäftigung sowie eine Einschränkung der individuellen Freiheit stellt staatliche Regulierung hingegen nur für eine Minderheit von jeweils 43 Prozent dar. Wird der Nutzen einer Regulierung den verursachten Kosten explizit gegenübergestellt und die Befragten zu einer Güterabwägung aufgefordert, so zeigt sich, dass der Nutzen von jeweils über 80 Prozent höher gewichtet wird. Konkret haben sowohl der Konsumentenschutz als auch der Schutz der Daten im Internet für die Befragten klar Vorrang vor tiefen Preisen, der Vielfalt des Angebots und Innovationsreichtum.

Wenn es um die konkrete Ausgestaltung von Regulierungsmassnahmen geht, ist für eine relative Mehrheit zwar das klassische Verbot Mittel erster Wahl. Allerdings stösst diese rigide Regulierungs-form zugleich auch auf starken Widerstand bei zahlreichen Befragten. Weniger polarisierend und somit mehrheitsfähiger sind sanftere Massnahmen zur besseren Information der Konsumentinnen und Konsumenten, wie die Energieetikette beim Kauf von Haushaltsgeräten oder eine Aufklärungspflicht zu den Risiken von Produkten in der Finanzbranche. Für brancheneigene Lösungen und gegen den «Kantönligeist» bei Regulierungen.

Die Regeln, welche dem wirtschaftlichen Handeln einen Rahmen vorgeben, müssen nicht zwingend staatliche sein. Die in vielen Branchen verbreitete Praxis der Selbstregulierung ist in der Bevölkerung fest verankert und wird, wenn sie als Alternative zur Wahl gestellt wird, von 70 Prozent der Befragten der staatlichen Regulierung vorgezogen.

Nationale Regeln bevorzugt

Weniger einig ist man sich bei der Frage, ob schweizweit einheitliche Regeln oder regionale Autonomie höher zu gewichten sind. Insgesamt bevorzugen (eher oder voll und ganz) 59 Prozent der Befragten nationale Regulierungen, jedoch ergibt sich hier eine deutliche Sprachgruppendifferenz: In der Deutschschweiz befürworten 63 Prozent einheitliche Regeln, während in der Romandie eine knappe Mehrheit von 54 Prozent die regionale Autonomie höher gewichtet. FDP mit Themenführerschaft in Regulierungsfragen

Kompetenz in Regulierungsfragen attestiert die Bevölkerung sowohl den Unternehmen als auch der Verwaltung in hohem Masse, während eine Mehrheit der Befragten den Parteien die Kompetenz in diesem Bereich abspricht. Die Themenführerschaft in Regulierungsfragen unter den Parteien hält un-angefochten mit 38 Prozent aller Nennungen die FDP. Ihr gelingt es als einzige Partei, in breiter Weise auch Sympathisanten anderer Parteien von ihrer Regulierungskompetenz zu überzeugen.