Forschung & Entwicklung

Personalentwicklung

Schlüsselpositionen in Unternehmen nachhaltig sichern

Für Unternehmen ist es von zentraler Bedeutung, ihre Schlüsselpositionen und Schlüssel­personen zu kennen. Die nachhaltige Bindung dieser stellt einen wichtigen Wettbewerbsvorteil dar. Die strategische Verankerung und der geeignete Werkzeugkasten sind eine zentrale Voraussetzung für den Erfolg.
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Schlüsselpersonen sind zentrale Persönlichkeiten mit besonderen Fähigkeiten und Kompetenzen. Ihr Einfluss ist entscheidend und prägend für die Unter­nehmung. Dabei handelt es sich sowohl um Fachkräfte und Spezialisten wie auch um Führungspersonen. Sie alle verfügen über spezifisches Wissen und ihr Abgang kann zu einem drohenden Wissensverlust führen. Dieser soll möglichst verhindert werden. Sowohl bei Fachspezialisten wie auch im Management entstehen hohe Kosten für Rekrutierung und Einarbeitung. Man spricht schnell von Kosten in der Höhe eines Jahresgehaltes (je nach Berechnungsgrundlage und Position). Umso mehr sollen geeignete Mitarbeitende im Unternehmen gebunden und gefördert werden. 

Drohender Wissensverlust

Längst ist das Zeitalter der industriali­sierten Manufakturbetriebe und des hierarchischen Unternehmertums Vergangenheit, bei welchen ausschliesslich zwischen Führungskräften und Angestellten unterschieden wurde. Heute liegt der Fokus auf der informations- und wissensorientierten Wertschöpfung und dem optimalen Einsatz und der Förderung des Individuums. Das Wohl einer Unternehmung wird durch Individuen beeinflusst. Umgekehrt kann ein ungeplanter Weggang zu einer massiven Schwächung des Systems führen. 

In kleineren und mittleren Unternehmen kann das Wissen um das Risiko eines drohenden Abgangs durchaus stärker vorhanden sein. Trotzdem sind gerade KMU aufgrund der Grösse oder der fehlenden Ressourcen oft nicht in der Lage, rechtzeitig den Wissenstransfer sicherzustellen oder Redundanzen zu schaffen. Franz Theiler, Leiter IT bei den Verkehrsbetrieben Luzern AG (VBL), kann davon ein Lied singen: «Die Kündigung einer unserer Schlüsselpersonen führte dazu, dass wir nach ihrem Abgang infolge Selbstständigkeit die fehlenden Ressourcen teuer bei ihr wieder einkaufen mussten. Nur diese Person verfügte über das spezifische Wissen und nur so konnten wir den Wissenstransfer sicherstellen.» Theiler ist überzeugt, dass künftig die Wissenssicherung und der Wissens­transfer viel früher erfolgen müssen oder man konzentriert sich auf den Erhalt dieser Schlüsselfunktionen und kann so kostspielige Abgänge letztlich verhindern. 

Aufwendige Ersatzsuche

Zum plötzlichen Abgang und der daraufs resultierenden aufwendigen Ersatzsuche kommt erschwerend der aktuelle Fachkräftemangel hinzu. Gemäss dem Stel­lenmarktmonitor der Universität Zürich (www.stellenmarktmonitor.uzh.ch/de/indices/fachkraeftemangel.html, 4.12.20) nimmt der gesamtschweizerische Fachkräftemangel weiter zu. Spitzenreiter sind Ingenieur- und Technikberufe, das Treuhandwesen und die Informatikbranche. Aufgrund dieses Fachkräftemangels wird der Nachschub an Spezialisten von aussen fehlen. Natürlich können Kompetenzen durch Hinzunehmen von externen Personen aufgefrischt werden. Aber viel wichtiger ist die Fokussierung darauf, eigene Spezialisten und Schlüsselpersonen im Unternehmen zu behalten und zu fördern. Je bedeutender die Position für den gesamten Unternehmenserfolg, desto gravierender kann auch ein Verzug der Besetzung ausfallen. Das Problem wird teilweise in der strategischen Führungs- und Managementarbeit geortet. Oft sind das Bewusstsein oder das Verständnis für Schlüsselfunktionen nicht strategisch verankert und es fehlt ein Talentmanagement.

Bewusstsein schaffen

Der Austritt von Schlüsselpersonen oder Leistungsträgern stellt für ein Unternehmen ein grosses Risiko dar. Die Schlüsselpositionen und Schlüsselpersonen zu kennen und diese nachhaltig an das Unternehmen zu binden, ist gleichzeitig eine grosse Herausforderung. Mit einem strategisch verankerten Talentmanagement orientiert sich eine Unternehmung konsequent an der Steigerung der eigenen Arbeitgeberattraktivität und zeigt dabei den Mitarbeitenden eine berufliche Perspektive auf. Die Unternehmung bietet transparente und faire Entwicklungschancen und sichert so die Unternehmenskontinuität. Schlüsselpositionen können besetzt und gleichzeitig gesichert werden. 

Die strategische Verankerung und deren Ziele zum Talentmanagement müssen aber bekannt sein und offen kommuniziert werden. Intern können so Schlüsselpersonen gehalten werden. Gleichzeitig werden externe Talente angezogen. Schliesslich wird damit einem drohenden Fachkräftemangel entgegengetreten.
 
Die notwendige Initialisierung auf der strategischen Ebene ebnet den Weg für die Instrumente auf der operativen Ebene, um hier eine erfolgreiche Talent- und Wissenssicherung umzusetzen. Dazu notwendig sind der Wille und das klare Commitment im strategischen Management und gleichzeitig die richtigen Leute auf der operativen Ebene, um diese Instrumente auch konsequent umzusetzen und anzuwenden zu können. 

Zur Vorgehensweise

Ist auf Managementebene der Entscheid zur strategischen Personalentwicklung und zu einem Talentmanagement ge­fallen, so können weitere Schritte auf operativer Ebene folgen. Um Talente zu entwickeln und an das Unternehmen zu binden, müssen zuerst die Schlüsselpositionen erkannt und definiert werden. Darauf aufbauend hilft ein Abgleich zwischen Schlüsselpersonen und Schlüsselfunktionen, um einen Talentpool aufzubauen und Entwicklungspfade zu errichten (vgl. Hirschi 2017, S. 15). Diese Schritte führen schliesslich zur Errichtung von Entwicklungsmassnahmen und einem Talentmanagement im Unternehmen.

Mit gezielten Massnahmen zur Mitar­beiterbindung (dem sogenannten Retention Management) kann ein betriebswirtschaftlicher Mehrwert erreicht werden. Dabei handelt es sich um finanzielle und nicht finanzielle Anreize. Die einzelnen Faktoren können unterschiedlich gewichtet angewendet werden. Teilweise sind sie sogar von Person zu Person verschieden.

Für das Behalten der Schlüsselressourcen ist eine gute Unternehmens- und Führungskultur zentral. Neben der soliden finanziellen Situation des Unternehmens und einem guten Image sollen die Arbeit und die Mitarbeitenden selber wertgeschätzt werden. Zusammen mit interessanten Aufgaben können Motivation und Zufriedenheit positiv beeinflusst werden. Wesentlich dabei ist, dass die Vorgesetzten auf Bedürfnisse eingehen und darauf reagieren. Urs Scholl, Head of Investment bei Concordia, ist überzeugt: «Wenn das Vertrauen und die Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden da ist, spürt man das durch alle Gremien hindurch. Das hat mit der Philosophie und Kultur innerhalb der Unternehmung zu tun.» Es sind nicht nur die monetären Anreize. «Mir persönlich macht meine Arbeit in meiner Funktion Spass, weil ich viele Kompetenzen habe, meine Ideen ernst genommen werden und die Entscheidungswege kurz sind», fügt Scholl an.
 
Unternehmen, welche mit ihren Mitarbeitenden eine längerfristige Beziehung aufbauen, stehen besser im Wettbewerb. Die Mitarbeitenden sollen dabei genügend Handlungsspielraum für ihre Tä­tigkeit und ihre Aufgaben zugesprochen bekommen und eine gute Work-Life-­Balance haben. Dann werden sie zu Marken- oder besser zu Unternehmensbotschaftern der eigenen Unternehmung. 

Fazit 

Jede Führungsperson und das ganze Management müssen sich überlegen und sich bewusst werden, was sie tun kön­nen, damit eine Schlüsselperson nicht unerwartet die Firma verlässt oder eine Schlüsselfunktion plötzlich vakant wird. Vielfach benötigt es dazu eine Kultur­veränderung, eine zukunftsgerichtete Denkweise und ein proaktives Handeln. Der Wille zum Talentmanagement muss vorhanden sein und strategisch eingebettet werden. Nur dank dem Commitment auf oberster Stufe kann ein erfolgreiches Talentmanagement auf operativer Ebene gelebt und umgesetzt werden. Es handelt sich hierbei um eine Führungsaufgabe auf allen Stufen und Ebenen.

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