Forschung & Entwicklung

Blick aus der Wissenschaft

Renaissance von Gold und Bitcoin in Sicht?

Wenn das Vertrauen in das Bankensystem schwindet oder einfach nur der Wohlstand ge­sichert werden soll, sind Bitcoin und Gold die besten Wertaufbewahrungsmöglichkeiten. Oder?
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Gold scheint wieder «en vogue» und schon Goethe wusste 1808: «Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles.» Gleichzeitig vertreten Anhänger der Kryptowährungen die Meinung, dass etwa der Bitcoin den Anspruch verdiene, eine alternative, vertrauensbasierte Wertaufbewahrungsmöglichkeit zu sein. Die abgelehnten Initiativen zum Zentralbankgold und Vollgeld haben im Kern durchaus die Vertrauensfrage bezüglich unserer Geldwährung thematisiert. Ein guter Zeitpunkt, einmal über Gold, Bitcoin und Vertrauen nachzudenken. Wenn man über Geld, Gold und Bitcoin reflektiert, gilt es zu unterscheiden, ob man dies aus Sicht eines Spe­kulanten oder Anlegers tut. Spekulanten suchen primär den Gewinn, setzen Wetten gerne auch auf fallende Kurse, während Anleger sich neben dem Gewinn mindestens ebenso um den Werterhalt sorgen. Menschen, zumindest die Wohlhabenden, suchten schon immer einen Weg, ihren Reichtum zu sichern. So ist es nicht zu weit hergeholt, dass ein Teil der Käufer – beim Gold beispielweise die Zentralbanken, die das gelbe Metall ganz offiziell als Währungsreserve halten – in Bitcoin und Gold ein Wertaufbewahrungsmittel sehen.

Eine Frage des Vertrauens

Mit dem Wert und dem Werterhalt ist das so eine Sache, beruht doch der Wert einer Sache auf dem Vertrauen für ebendiese Sache etwas ent­sprechend Werthaltiges zu erhalten, wenn man den Wert tauschen möchte. Währungen – oder staatliches Geld – sind Tauschmittel, beinhalten aber keinen Wert an sich, abgesehen vom Metall- oder Papierwert. Hier spielt alleine das Vertrauen die entscheidende Rolle, im Tausch für «Geld» etwas Werthaltiges zu bekommen. Auch beim Gold oder Bitcoin ist das letztlich nicht anders, denn selbst Gold besitzt kaum einen wirklichen inneren Wert, es sei denn, man rechnet den Aufwand es aus dem Boden zu holen, oder die Energie- beziehungsweise Elektrizitätsleistung zur Erzeugung des Bitcoins als Gegenwert. Letztlich beruhen nicht nur staatliche Währungen, sondern auch Gold und Bitcoin auf dem Vertrauen bezüglich der – beispielsweise an der Börse – aus­gehandelten Werthaltigkeit.

Werthaltigkeit bedeutet also das Vertrauen darauf, dass eine Währung, Gold oder Bitcoin die Kaufkraft beibehält und einen hohen Insolvenzschutz bietet. Das Vertrauen wird gestärkt durch die Erfahrung der Handelspartner, dass mit der gewohnten Währung, Gold oder Bitcoin mindestens die Menge an Waren und Dienstleistungen erworben werden kann wie schon viele Male zuvor. Das heisst, durch positive Tauscherfahrung entsteht Vertrauen. Flankiert wird dieses Vertrauen durch staatliche Versprechen bezüglich der unlimitierten Handelbarkeit. Im Ausnahmefall greifen staatliche Vertreter in den Vertrauensbildungsprozess auch mal ein, zum Beispiel als sich Kanzlerin Merkel und Finanzminister Steinbrück 2007 in Deutschland genötigt sahen zu verkünden: «Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind. Auch dafür steht die Bundesregierung ein.» Zu diesem Zeitpunkt und unter dem Eindruck der Menschenschlangen vor der britischen Northern Rock Bank schien sich die Vertrauensfrage zu stellen. 

Es stellt sich also die Frage, wann Menschen, die ihr Geld von einer Bank abheben wollen, eine Vertrauenskrise auslösen. Das Vertrauen in die Werthaltigkeit oder die Kaufkraft wird einerseits dadurch sicher­gestellt, dass eine Währung nicht beliebig vermehrt und damit inflationiert werden kann. Andererseits entsteht das Vertrauen im Rahmen des Insolvenzschutzes, welcher das Ausmass des Gegenpar­teienrisikos definiert. Hier haben die klassischen Währungen, auch der Schweizer Franken, ihre Schwachstellen. «Lagern» doch die meisten Menschen ihr «Geld» nicht zu Hause in Form von Scheinen und Münzen der Zentralbank, sondern als Einlage bei der Hausbank. Logisch, dass die Bank das Geld, also die Einlagen, in Form eines Kredits weiterverleiht. Doch eine Einlage eines Kunden wird nicht nur einmal, sondern bildlich gesprochen mehrmals «weiterverliehen». Ist doch der Kredit des einen Kunden – der mit dem Kredit etwas kauft –, wiederum die Einlage des anderen – des Verkäufers. Banken geben Kredite aber nicht nur auf Basis von Geschäftsguthaben, sondern auch auf den treuhänderisch bei den Banken hinterlegten Werten, mit denen Kredite besichert sind. Steigen diese Werte, gibt es für den Kreditnehmer mehr Kredit. Das heisst, es agieren nicht nur die Zentralbanken als «Erzeuger» von Geld, sondern auch und gerade die Geschäftsbanken. Anders formuliert, in den Bilanzen der kreditgebenden Geschäftsbanken ist der Grossteil der Geldmenge verbucht. Immer wenn eine Bank einen neuen Kredit vergibt, erhöht sich die Geldmenge. Dies bedeutet letztlich nichts anderes, als dass Geschäftsbanken die Basis des Vertrauens durch die (beliebige) Vermehrbarkeit des Geldes unterminieren können. 

Die Praxis der Kreditvergabe

Natürlich ist es nicht so, dass Banken beliebig Kredite vergeben. Wer schon einmal einen solchen nachgefragt hat, weiss um die Praxis der Kredit­vergabe. Die Bank prüft, besorgt um die Bonität ihrer Bilanz die Basis der Kreditvergabe genau. So zumindest die Theorie, aber die Praxis der Kreditverbriefung erlaubt es den Banken, die Kreditrisiken an Investoren in Form von Wertpapieren weiterzureichen. Auf jeden fall scheint es unter den gegebenen Umständen einleuchtend, dass durch den Geldschöpfungsprozess der Banken die verliehenen Einlagen nicht alle an einem beliebigen Stichtag X an alle Bankkunden ausgezahlt werden können, was aber auch nicht notwendig ist, solange das Vertrauen in die prinzipielle Zahlungsfähigkeit der Banken gegeben ist. 

Doch wie gesehen, ist es noch gar nicht so lange her, dass die Marktteilnehmer die Vertrauensfrage stellten. In der Subprimekrise 2007 haben sich zunächst die Banken untereinander kein Geld mehr geliehen und so ist schlüssig, dass auch den ein oder anderen Bankkunden das Vertrauen verliess. Natürlich kann die Politik die Zentralbank im Fall einer Vertrauenskrise anhalten, die benötigten Scheine und Münzen den Banken zur Verfügung zu stellen, den Geschäftsbanken also unbegrenzt Zentralbankgeld zuteilen – die Vollgeldinitiative lässt hier grüssen. Doch eine solche Monetarisierung von Schulden geht einher mit einer Geldmengenexplosion, würde also unmittelbar in eine Vertrauenskrise bezüglich der Kaufkraft des Geldes münden. Bekannter­massen haben Zentralbanken in der zurückliegenden Finanzkreditkrise, noch bevor sich ausser bei der Northern Rock Bank Schlangen bilden konnten, den Geschäftsbanken direkt und unmittelbar jede gewünschte Kreditsumme zu einem Zinsatz von null oder sogar darunter zur Verfügung gestellt. Indem die Zentralbankzinsen – wie wir seit nunmehr vielen Jahren wissen – auf oder unter die Null gedrückt wurden, konnte ein potenzieller Zahlungsausfall vorab abgewendet, die Bonität der Schuldner gestützt und Vertrauen zwischen den Banken wiederhergestellt werden. 

Für all diejenigen, die sich für eine potenzielle Vertrauenskrise absichern möchten, könnten also Gold und Bitcoin eine alternative Wertaufbewahrungsmöglichkeit darstellen. Dass die Staaten, zum Teil ebenfalls über den Banken-Transmissionsriemen, die globale Schuldenspirale weiter drehen, bestätigt die Verfechter von Bitcoin und Gold zusätzlich. Zumindest was das Gold angeht – sofern in Form von Münzen in Griffnähe gelagert – existiert kein Gegenparteienrisiko, insbesondere kein Insolvenzrisiko einer Bank oder eines Staats. Henry Ford meinte einst: «Würden die Menschen verstehen, wie unser Geldsystem funktioniert, hätten wir eine Revolution – und zwar schon morgen früh.» Fragt sich nur, ob Ford dem Bitcoin vertraut hätte.

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