Die sogenannten Pop-up-Stores erscheinen für die Kunden plötzlich und schliessen bereits nach kurzer Zeit wieder: Der Überraschungseffekt bei der Eröffnung schafft Aufmerksamkeit und der Verknappungseffekt («limited edition», «nur für kurze Zeit») generiert einen Nachfragesog. Die kurzen Mietzeiten in Kombination mit einem eingeschränkten Angebot ermöglichen mit einer geringen Kapitalbindung das Ausprobieren von Neuartigem im direkten Kundenkontakt oder den Abverkauf von Saison- sowie Restware, ohne die Marke in Richtung «billig» zu belasten. Weiteres Potenzial ergibt sich durch die vorübergehende Marktpräsenz in Form von Pop-up-Niederlassungen beziehungsweise -Offices vor allem im B-to-B-Bereich.
Mehr als nur Mode
Die Pop-up-Store-Pioniere sind Textil- und Modehändler. Zunehmend findet das Instrument in anderen Branchen Anwendung: vor allem für erklärungsbedürftige (da innovativ) und langlebige Gebrauchsgüter von stark positionierten Markenherstellern. Das Beispiel der Mercedes-Benz-Pop-ups in weltweiten Innenstadtlagen unterstreicht dies: Während der Gang ins Autohaus eine Kaufabsicht erfordert, ermöglichen temporäre Läden in City-Lagen, die Marke und die Produkte an potenzielle Kunden in gewöhnlichen Lebens- und Einkaufssituationen als Impuls heranzutragen. Für den Relaunch der revidierten A-Klasse mit dem Fokus auf eine im Vergleich zur Vorgängermodellreihe deutlich jüngere Zielgruppe ein zentrales Argument: Dort zu sein, wo die Kunden (gerne) sind.
Touchpoint im Zentrum
Der Aspekt des unmittelbaren Kundenkontakts (Touchpoint) ist von zentraler Bedeutung, wenn der Point-of-Sale sich nicht in direkter Unternehmenskontrolle befindet, sondern durch Zwischen-/Detailhändler, Internetmarktplätze oder Vertriebs-/Servicepartner strukturiert ist. Der US-amerikanische Staubsaugerhersteller Dyson experimentiert mit Pop-up-Stores, um Retention für seine Produkte zu erzeugen und die Reaktionen der Kunden auf Produkte im Dialog unmittelbar zu erheben.
Dieses Potenzial, die «Quality Time» mit den Kunden, den Partnern und den Mitarbeitenden zu verbringen und dabei «hautnah» zu erleben, gewinnt vor dem Hintergrund des Multi-/Omnichannel-Vertriebs an Bedeutung (siehe dazu die Abbildung 1). Der hybride Kunde wechselt für Information, Beratung, Kauf und (Self-)Service zwischen stationären und digitalen Kanälen. Erklärungsbedürftige Produkte, welche durch Innovation und Markenbotschaft Kunden zu überzeu-
gen haben, bedürfen insbesondere im Premium-Segment adäquat umgesetzter Kunden- und Markenerlebnisse. Marke und Produkte müssen haptisch erlebbar sein. Das gilt umso mehr für exportorientierte Schweizer KMU, die sich überwiegend in diesem Segment (Stichwort: Swissness) bewegen.