Viele Jahre in Folge belegt die Schweiz nun schon den ersten Platz im WEF Global Competitiveness Report. Viel spricht dafür, dass die Schweiz auch weiterhin Klassenbester bleibt. Die Arbeitslosenquote ist niedrig, der Bildungsstand der Bevölkerung hoch, die öffentlichen Intuitionen sind vergleichsweise effizient und die Währung erweist sich als Hort der Stabilität. Kleine und mittelgrosse Unternehmen haben also allen Grund, trotz oder vielleicht gerade wegen der Frankenstärke am Standort Schweiz zu investieren. In der Tat weist die Schweiz mit einem Anteil von etwa 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts eine der höchsten Investitionsquoten Europas aus. Trotz berechtigter Freude über den Standort sollte nicht vergessen werden, dass die Schweiz keine vom globalen Wirtschaftsgeschehen unbeeinflusste Insel darstellt. Rund die Hälfte des schweizerischen Wohlstandes wird mit dem Aussenhandel verdient und so lohnt ein volkswirtschaftlicher Blick über nationale Grenzen.
Stürmische Zeiten voraus
Das Jahr 2016 hat mit einigen Überraschungen begonnen. Die Börsen sind vielerorts zweistellig im Minus, die Flüchtlingsströme werden auch von optimistischen Politikern nicht mehr nur als Erlöser der europäischen Demografieprobleme gesehen und die Nullzinspolitik scheint zumindest bei der amerikanischen Notenbank ihr vorläufiges Ende gefunden zu haben. Bedenklich scheint es auch um Europa bestellt zu sein. Nach Aussage des Bundesbankpräsidenten Jens Weidmann ist der Aufschwung zu schwach, um im Euroraum die Arbeitslosigkeit nachhaltig zu senken, und auch Jahre nach der Finanzkrise sind in Europa immer noch sechs Millionen mehr Menschen ohne Arbeit als vor der Krise. Keine gute Ausgangslage, um neuerliche Schocks abzufangen.
Verschuldung ausser Kontrolle
Seit mehr als 30 Jahren kennen die Zinsen, mit kurzen Unterbrechungen, nur den Weg nach unten. Den Wirtschaftsakteuren war es vergönnt, sich kontinuierlich und fortlaufend günstiger verschulden zu können. Mit der Finanzkrise 2008 ist der Geldhahn dann in nie gekanntem Masse geöffnet worden. Auch die Schweizer Nationalbank hat bei der monetären Flutung mitgemacht, indem sie für umgerechnet 500 Milliarden neu geschaffene Schweizer Franken Euro aufgekauft hat. Staaten, Unternehmen und private Haushalte haben gerne zugegriffen und den globalen Schuldenturm erhöht. Das Problem dabei ist, ein Grossteil der neuen Schulden dient nur noch dazu, alte zu bedienen.
Auch wenn es theoretisch möglich ist, die Zinsen weit in den negativen Bereich zu senken – die Schweizer Nationalbank macht es vor – scheint doch das Ende der Fahnenstange erreicht. Die amerikanische Notenbank wagt einen ersten behutsamen Schritt einer Zinserhöhung. Die SNB hat ihrerseits schon im Januar 2015 aufgehört, die globale Geldmenge mit Eurostützkäufen zu erhöhen. Kurz gesagt, die globale Liquidität sinkt und einige Auguren befürchten den internationalen Margin Call.
Europas Probleme und ein kraftloser weisser Ritter
Auch wenn das Flüchtlingsthema im Moment alle anderen europäischen Krisen verdeckt, so sind doch die aus der Finanzkrise ersichtlich gewordenen Probleme nicht gelöst. Die südeuropäischen Länder, allen voran Griechenland und Italien, sind nach wie vor nicht wettbewerbsfähige und auf offene oder verdeckte Transferzahlungen angewiesen. Politisch driftet Europa auseinander und die Flüchtlingsströme wirken wie ein Brandbeschleuniger auf den neu erwachten Nationalismus. Parteien wie der FN der Marine Le Pen und die «Cinque Stelle»-Bewegung des Beppe Grillo könnten im Gefolge einer neuerlichen Rezession ungeahnte Zentrifugalkräfte auslösen, an deren Ende ein marginalisiertes Europa stehen würde. Für die exportgetriebene Wirtschaft der Schweiz, deren wichtigster Partner die EU ist, sind das keine guten Nachrichten.