Ohne Zweifel, einer der Megatrends der vergangenen 20 Jahre war und ist die Globalisierung. Auch im «KMU-Magazin» wird der Thematik seit vielen Jahren der gebührende Platz eingeräumt. Waren es am Anfang insbesondere die grossen Unternehmen, die sich der Internationalisierung stellen, sind nunmehr die mittelständischen Unternehmen in den Fokus des «Going International» gerückt. Mit den sogenannten «Born Globals», also jungen Unternehmen, die bereits früh, meist unmittelbar nach ihrem Marktstart, auf die internationale Ausrichtung setzen, wird ein neues Forschungsfeld eröffnet. Damit ist die Entwicklung aber noch lange nicht abgeschlossen. Die fortschreitende Digitalisierung lässt die Märkte zusammenrücken, und auch Klein- und Kleinstunternehmen – also nunmehr das gesamte Spektrum der KMU – sehen sich mit dem unausweichlichen Trend der Globalisierung konfrontiert.
Nachzügler der Internationalisierung
Wie gehen die «Nachzügler» mit der Situation um? Die KMU-Internationalisierung ist ein aufwendiger und risikoreicher Prozess, geprägt von unvorhergesehenen Herausforderungen und unsicheren Erfolgsaussichten. Vermeintlich scheint die Aufgabe für diese KMU leicht lösbar zu sein, müssen sie doch scheinbar nur die Vorreiter der Globalisierung kopieren. Doch gerade die kontinuierliche Digitalisierung der Wirtschaft macht die scheinbar so einfache Internationalisierungsrechnung, dass im Ausland die Produktionskosten tiefer und das Wachstum höher sind, nicht mehr so eindeutig. Zudem zeigen Stimmungsumfragen, nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit, dass von Internationalisierungseuphorie bei den KMU wenig zu spüren ist.
Dabei ist der Credit Suisse-Studie «Erfolgsfaktoren für KMU 2015» zufolge eine schleichende, stetige Verschlechterung der Bewertung des Standorts Schweiz durch KMU zu beobachten. Obgleich dieser Einschätzung verbleiben die Schweizerbruttoinlandsinvestitionen mit jährlich zirka 150 Milliarden CHF auf erfreulich hohem Niveau. Wobei erstaunt, dass nur sechs Prozent der befragten KMU angaben, im Zeitraum 2009 bis 2014 Investitionen im Ausland getätigt zu haben. Trotz Frankenstärke und abnehmender Standortqualität nehmen Auslandsinvestitionen also kaum Fahrt auf.
KMU: Internationalisierung ist mehr als Copy-Paste
Eine Umfrage der Hochschule Luzern – Wirtschaft zur KMU Internationalisierung bringt vielleicht etwas Licht ins Dunkel und erklärt, warum KMU in ihrer Internationalisierung so zögerlich wirken. Viele der Befragten gaben an, dass ihre Internationalisierung eher von Gelegenheiten und Zufällen geprägt, denn Ergebnis strategischer Planung sei. Und in der Tat fehlen vielen, gerade kleinen KMU sowohl die notwendigen Erfahrungen als auch die Ressourcen, um es ihren Vorgängern gleichzutun. Vielschichtige Internationalisierungsentscheidungen erfordern von KMU-Leadern viel Mut, Selbstsicherheit und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen.
Während Grossunternehmen für Internationalisierungsentscheide auf Expertenabteilungen und Beratungsunternehmen zurückgreifen und sich absichern, sehen sich die Entscheidungsträger in KMU diesbezüglich mit einer überwältigenden Fülle von, aber zugleich auch einem Mangel an Informationen und konkurrierenden Zielen konfrontiert. Hilfe holen sich die Internationalisierungsentscheider in ihren sozialen Netzwerken und bei befreundeten Unternehmen. Wenig Vertrauen schenken die Nachzügler den hiesigen Beratungen. Die Internationalisierungskonzepte – meist länderspezifische Listen mit den Dos and Don’ts – werden als wenig hilfreich oder schlicht als nicht KMU-tauglich angesehen.