Viele kleine und mittelgrosse Unternehmen besitzen neben dem angestammten Produktionsstandort in der Schweiz auch weitere Standorte im Ausland. Gründe dafür liegen unter anderem im Zugang zu neuen Märkten oder tieferen Produktionskosten. Während der Nutzen von neu zu erschliessenden Produktionsstandorten in entfernten Ländern meist gründlich evaluiert wurde, sind die dadurch entstehenden Herausforderungen oftmals kaum betrachtet worden: Versteckte Kosten durch unklare Aufgabenverteilungen und Verantwortlichkeiten sind nur eine Auswirkung. Die oftmals enge Verflechtung der entfernten Standorte mit dem Schweizer Stammhaus führt zu einem ungeplanten, meist hohen Koordinationsaufwand, meistens ausgeführt durch ohnehin schon stark ausgelastete Schlüsselmitarbeiter in der Schweiz.
Komplexität analysieren
Die Komplexität im Netzwerk steigt durch jeden neuen Standort – und kann den angestrebten Nutzen massgeblich beeinträchtigen. Folglich müssen folgende Fragen vor Beginn der Integration eines weiteren Standortes berücksichtigt werden:
- Welche Herausforderungen sind bei Veränderungen im Produktionsnetzwerk zu beachten?
- Welche Komplexität wird durch die Veränderung im Netzwerk beeinflusst? Wie kann diese transparent gemacht werden?
- Mit welchem Zusatzaufwand muss gerechnet werden? Welche Mitarbeiter sind betroffen?
- Mit welchen Massnahmen kann Komplexität, falls notwendig, reduziert werden?
Diese Thematik wurde in einem von der Kommission und Technologie (KTI) geförderten Projekt mit dem Titel «Supply Chain Integration: Der Umgang mit Komplexität» bearbeitet. Die Autoren haben in Zusammenarbeit mit zwei Schweizer Industrieunternehmen eine Methode zum Umgang mit Komplexität im Unternehmensnetzwerk erarbeitet. Beide Industrieunternehmen verfügen über einen Standort in der Schweiz und einen zweiten in China respektive den USA. Das KTI-Projekt verfolgte folgende Ziele:
- Transparenz im Unternehmensnetzwerk und der Wertschöpfungskette erhöhen
- Identifikation relevanter Komplexitätstreiber
- Ableiten von Massnahmen, um den Grad der Komplexität, wo notwendig und möglich, zu reduzieren.
Im Folgenden wird die Grundlage des Komplexitätsmanagements aufgezeigt und anschliessend die entwickelte Methode vorgestellt. Während der vorliegende Artikel die Ausgangslage, Methode und erste Ergebnisse aufzeigt, werden in einem zweiten Artikel die Erkenntnisse aus den Fallstudien aufbereitet.