Der Globalisierung weht ein steifer Wind entgegen und es mehren sich die Stimmen in Davos und anderswo, die das baldige Ende internationaler Wertschöpfungsketten beschwören. Allen voran der frisch im Amt agierende amerikanische Präsident Donald Trump stellt mithilfe von Dekreten und des Nachrichtendienstes Twitter internationale Freihandelsabkommen infrage. Auf welcher Überlegung beruht Trumps Handeln?
Die These ist, dass wegen der Handelsabkommen amerikanische Arbeitsplätze millionenfach nach Mexiko migriert seien und ein Heer von Arbeitslosen in den USA hinterlassen worden sei. Mit den Worten von Trump ausgedrückt: ein schlechter Deal für Amerika. Doch stimmt das überhaupt? Oder ist das Gegenteil richtig, nämlich dass durch das Freihandelsabkommen mit Mexiko die Unternehmen in den USA und anderswo für die Verbraucher günstige Autos produzieren und dies die verbliebenen Arbeitsplätze beispielsweise im amerikanischen Rust Belt sichert?
Die Globalisierung ist nicht das Problem
Die Frage ist nicht einfach mit ja oder nein zu beantworten. Die Ökonomen sind sich sicher, dass nicht die Globalisierung, sondern vielmehr die Automatisierung viele Arbeitsplätze im Westen eliminiert hat. Die verloren gegangenen Jobs werden also durch protektionistische Massnahmen nur in sehr geringem Umfang und unter hohem Kapitaleinsatz zurückkommen. Denn wenn man Arbeitsplätze für Geringqualifizierte in ein Hochlohnland holt, werden nicht Menschen diese Arbeit erfüllen, sondern vorrangig Roboter. Nur mit niedrigen Löhnen können Menschen mit Maschinen bei einfachen Arbeiten konkurrieren.
Natürlich spüren Trumps Wähler den Systemfehler und beobachten, dass für immer weniger Menschen gut bezahlte Arbeitsplätze im amerikanischen Industriesektor verfügbar sind. Statistiken zeigen deutlich, dass das inflationsbereinigte Durchschnitts- und Medianeinkommen der Amerikaner seit 15 Jahren sinkt. Die Klage, dass die Globalisierung die Einkommen auf immer weniger Menschen konzentriert, kann die Statistik nicht bestätigen, global betrachtet hat die Ungleichverteilung der Einkommen nicht zu-, sondern sogar abgenommen. Der Aufstieg einer kaufkräftigen Mittelschicht, beispielsweise in Asien, stützt diese Aussage.
Globalisierungsgewinner und -verlierer
Doch mit Statistiken ist das so eine Sache und die viel zitierte Oxfam-Studie beweist auf Basis von Zahlen internationaler Banken, dass die 8 reichsten Menschen so viel besitzen wie die ärmsten 50 Prozent der Weltbevölkerung. Doch dafür die Globalisierung verantwortlich zu machen, greift zu kurz. Kaum anzuzweifeln ist, dass die internationale Wertschöpfung den Gesamtwohlstand steigert, also das, was am Ende zu verteilen ist, sich erhöht. Ein Problem ist also nicht die Globalisierung, sondern die Verteilung beziehungsweise die Konzentration der Globalisierungsgewinne auf wenige Einzelne: Den reichsten 10 Prozent fallen 50 Prozent des Wohlstandswachstums zwischen 1988 und 2011 zu.
Das heisst, statistisch profitieren alle, aber ein kleiner Teil der Bevölkerung extrem und weit überdurchschnittlich. Ein anderes Problem ist etwa, dass viele klassische Wohlstandsgüter mit einem klassischen Durchschnittseinkommen kaum mehr zu bezahlen sind, namentlich Wohnraum. Kurz gesagt, Wohnungen und Häuser sind unerschwinglich, Autos sind geleast und Kreditkarten schon am Anfang des Monats überzogen. Last, but not least zeigen Untersuchungen in den USA, dass die statistisch erfassten Einkommen immer «unkonventioneller» erwirtschaftet werden, also in Form von Zweit- und Drittjobs, das heisst, die Einkommen müssen durch immer mehr Arbeitsinput erwirtschaftet werden.