Unternehmen sind von Gesetzes wegen verpflichtet, für ihre Mitarbeitenden eine berufliche Vorsorgelösung abzuschliessen. Dabei können zwischen drei Vorsorgemodellen «autonom», «teilautonom» und «vollversichert» wählen. Je nach Modell stehen den Unternehmen folgende Vorsorgelösungen zur Auswahl: Vollversicherte Sammelstiftungen eines Lebensversicherers (Vollversicherungen), autonome oder teilautonome Sammelstiftungen, firmeneigene Vorsorgeeinrichtungen, Vorsorgeeinrichtungen eines Branchenverbandes oder Auffangeinrichtungen.
Fragestellungen
Im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen haben Unternehmen somit Wahlfreiheit bezüglich der Vorsorgelösung. Doch wie wird diese Wahlfreiheit von den Unternehmungen empfunden? Wird sie geschätzt oder aufgrund der Komplexität des Themas gar als Last gewertet? Und haben die Betriebe in der Praxis überhaupt eine freie Wahl bezüglich des Vorsorgemodells, oder wird dieses nicht eher bestimmt durch die personellen und finanziellen Mittel, welche zur Verfügung stehen? Sind nicht gerade die kleinen Unternehmen gezwungen, eine Vollversicherung abzuschliessen, und somit abhängiger von den Anbietern dieser Versicherungen? Und wie wichtig ist es für diese zwischen verschiedenen Anbietern von Vorsorgelösungen wählen zu können?
Wahlfreiheit erfordert zudem Transparenz, was in der Öffentlichkeit in Zusammenhang mit der beruflichen Vorsorge immer wieder debattiert wird, so auch im Rahmen der Altersreform 2020. Doch wie verhält es sich dabei aus Sicht der Unternehmungen? Haben Unternehmen genügend Informationen, um sich ein Bild über das Angebot der Vorsorgelösungen zu machen? Um diese Fragen zu klären und die Sichtweise der Unternehmen bezüglich der beruflichen Vorsorge aufzuzeigen, führte das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern eine breit angelegte Umfrage bei Unternehmungen durch (siehe Kasten). Die Studie wurde unterstützt vom Schweizerischen Versicherungsverband (SVV) und dem Schweizerischen Gewerbeverband (SGV).
Vollversicherung bevorzugt
Wie die Umfrageergebnisse zeigen, haben die meisten KMU erwartungsgemäss eine Vollversicherung (44 Prozent) oder eine Vorsorgelösung bei einer Sammelstiftung (33 Prozent), während die meisten Grossunternehmen im Gegensatz dazu eine firmeneigene Vorsorgeeinrichtung betreiben (52 Prozent).
Die Wahlfreiheit bezüglich der Vorsorgelösung ist für die Mehrheit der befragten Unternehmungen – und zwar unabhängig von der Grösse – wichtig oder eher wichtig (67 Prozent). Unterschiede gibt es allerdings zwischen jenen Firmen mit unterschiedlichen Vorsorgelösungen. Die Betriebe, die eine Vorsorgelösung bei einer Sammelstiftung haben, also teilautonom versichert sind, schätzen die Wahlfreiheit am meisten (72 Prozent), gefolgt von jenen, die eine Vollversicherung haben (70 Prozent).
Im Gegensatz dazu ist dieser Anteil bei Unternehmungen mit einer firmeneigenen Vorsorgelösung mit 55 Prozent deutlich tiefer. Naturgemäss ist für sie auch die Wahlfreiheit bezüglich der Anbieter von Vorsorgelösungen deutlich weniger zentral, nur 42 Prozent bewerten diese als eher wichtig oder wichtig. Dieser Anteil ist bei Unternehmen mit Vollversicherung mit 81 Prozent am höchsten, gefolgt von jenen mit einer Vorsorgelösung bei einer Sammelstiftung mit 77 Prozent.
Die Umfrage zeigt damit, dass die Wahlfreiheit vor allem für KMU wichtig ist. Insbesondere für Mikrounternehmungen und kleine Unternehmen ist es von besonderer Bedeutung, dass sie zwischen verschiedenen Anbietern aussuchen können. Der Grund ist darin zu sehen, dass Mikrounternehmungen und kleine Firmen oft aus finanziellen Gründen an ein bestimmtes Vorsorgemodell – meist an eine Vollversicherung – gebunden sind.
Dies wird durch die Umfrageergebnisse gestützt. So geben 67 Prozent der Mikrounternehmungen an, einen Sanierungsfall finanziell nicht oder eher nicht tragen zu können. Bei den kleinen Unternehmungen könnten etwas mehr als die Hälfte einen Sanierungsfall finanziell nicht tragen. Unternehmen, die nicht in der Lage sind, das Sanierungsrisiko zu übernehmen, sind in ihrer Wahlfreiheit eingeschränkt. Für sie kommt nur eine Vollversicherung infrage.