Forschung & Entwicklung

Kreislaufwirtschaft

Die Kraft der Zusammenarbeit in regionalen Ökosystemen

Die Transformation zu einem kreislauffähigen Wirtschaftssystem erfordert einen iterativen Lernprozess und die Einbindung aller Stakeholder. Pioniere der Kreislaufwirtschaft zeigen, welche Kompetenzen und regionalen Kooperationen bei der Umsetzung helfen.
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In einem Gastronomiebetrieb absolviert eine Geschirrspülmaschine bis zu 20 000 Spülgänge pro Jahr – eine enorme Belastung, die Langlebigkeit und Zuverlässigkeit erfordert. Seit einem Jahr nimmt ein Schweizer Hersteller die Maschine nach sechs Jahren zurück. Statt entsorgt zu werden, wird sie generalüberholt und in einen zweiten Lebenszyklus geschickt. Nach weiteren sechs Jahren werden Teile in die Produktion neuer Geräte zurück­geführt. Dieses Beispiel der Gehrig Group aus Glattbrugg (ZH) zeigt, wie pragma­tische Lösungen die Kreislaufwirtschaft in der Praxis voranbringen.

Der Übergang von linearen zu zirkulären Wirtschaftssystemen ist eine der zen­tralen Herausforderungen für Unternehmen, Regionen und die Gesellschaft. Besonders auf regionaler Ebene gelingt dieser Wandel nur durch die enge Zu­sammenarbeit aller Akteure – von Unternehmen über Lieferanten bis hin zu Kunden, Forschungsinstituten und der öffentlichen Hand. Entscheidend ist ein iterativer Ansatz, der auf Ausprobieren, Lernen und Anpassen setzt. Dieser Beitrag beleuchtet, wie regionale Kreislaufwirtschaft durch Kooperation und pragma­tische Schritte Gestalt annimmt, welche Kompetenzen dafür nötig sind und wie Unternehmen wie die Gehrig Group diesen Weg erfolgreich beschreiten.

Die Herausforderung

Die Kreislaufwirtschaft umfasst weit mehr als Recycling: Sie beinhaltet lang­lebige Produkte, Wartungsdienste und neue Geschäftsmodelle, um Ressourcen zu schonen. Dieser Wandel erfordert Anpassungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von der Rohstoffgewinnung über die Produktion bis zur Rückführung. Kein Akteur kann dabei allein handeln: Hersteller wie die Gehrig Group kooperieren mit Lieferanten und Logistikdienstleistern, um Kreisläufe zu schliessen. 

Auf dem Weg dahin heisst es Erproben und Weiterentwickeln. In diesem itera­tiven Entwicklungsprozess unterstützte Rytec Circular das Unternehmen. Am Ende geht es gemäss Daniel Scheidegger darum, dass ein zirkuläres Geschäftsmodell langfristig rentabel ist. «Sonst können wir es nicht anbieten», betont der CEO der Gehrig Group.

Mehrere Kantone fördern derzeit gezielt Massnahmen zur Umsetzung von Kreislaufwirtschaft. Auch die Kantone Luzern und Zug unterstreichen die Rolle der öffentlichen Hand bei der Förderung der Kreislaufwirtschaft. Beide haben in ihren klima- und energiepolitischen Strategien sowie in der Abfallplanung konkrete Massnahmen zur Ressourcenschonung und zur Schliessung von Stoffkreisläufen formuliert und planen, Unternehmen bei der Entwicklung kreislauffähiger Geschäftsmodelle zu unterstützen. Dabei soll die Ressourceneffizienz gesteigert und nachhaltige Praktiken gefördert werden, indem Akteure vernetzt und Kooperationen angeregt werden. Abbildung 2 zeigt die relevanten Akteure (Unternehmen, Lieferanten, Logistikdienstleister, Forschung, Politik) und ihre Rollen in einem regionalen Ökosystem.

Praktische Umsetzung

Die Gehrig Group, ein Hersteller von ­Geschirrspülmaschinen für die Gastro­nomie, zeigt, wie Kreislaufwirtschaft in der Praxis funktioniert. Schweizer Qualität und Langlebigkeit waren stets Teil ihrer DNA. Mit der bewussten Integration der Kreislaufwirtschaft hat die Gehrig Group diese Stärke weiterentwickelt. Das «All-inclusive-Rent»-Modell, als Pilot­projekt im September 2024 gestartet, umfasst eine monatliche Flatrate für die Geschirrspülmaschine, inklusive Wartung und Reinigungsmittel. «Wir verkaufen keine Maschinen, sondern Rundum-Sorglos-Dienstleistungen», erklärt Scheidegger.

Das Modell mit den beiden sechsjäh­rigen Lebenszyklen zeigt, dass das Un­ternehmen ein strategisches Interesse daran hat, dass die Maschinen möglichst lange laufen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Return on Invest dieses Geschäftsmodells erst während des zweiten Zyklus erreicht werden kann. Damit steht es im Kontrast zu linearem Wirtschaften, das rasche Profite priorisiert. Und es zeigt, dass Kreislaufwirtschaft mit dem richtigen Geschäftsmodell auch wirtschaftlich nachhaltig ist.

Eine weitere Schlüsselrolle für den Erfolg spielt die Zusammenarbeit mit allen ­Stakeholdern innerhalb des Ökosystems. Kooperationen sind gemäss Scheidegger essenziell, zum Beispiel mit Logistikdienstleistern für die Rückführung der Maschinen. 

Die Gehrig Group arbeitete mit Rytec Circular an einem Workshop, um das Mietmodell zu entwickeln und Change-Prozesse im Unternehmen begleiten zu lassen. Auch kooperiert sie mit Lieferanten wie HEC aus dem Tessin für Steuerplatinen, die auch mit älteren Maschinen mit einem Baujahr vor 2004 kompatibel sind und so deren Leben verlängern. 

Vielfältige Kompetenzen 

Die erfolgreiche Umsetzung regionaler Kreislaufwirtschaft erfordert vielfältige Kompetenzen, die miteinander verknüpft werden müssen. Systemisches Denken steht dabei an erster Stelle: Unternehmen wie die Gehrig Group analysieren komplexe Wertschöpfungsketten, um Kreisläufe zu schliessen, etwa durch abwärtskompatible Komponenten. Eine pragmatische Umsetzung, um erste Erfahrungen zu sammeln, ist ebenso entscheidend. Der Pilotansatz des Mietmodells zeigt, wie kleine Schritte grosse Wirkung entfalten können.

Netzwerkkompetenz ist ein weiterer Schlüssel. Der Austausch mit Lieferanten, Logistikdienstleistern und Netzwerken wie der Circular Economy Round­table von Michel ICT fördert Innovation und Problemlösung. Technische und analytische Fähigkeiten, etwa für Repara­turen oder Lebensdaueranalysen, sind unerlässlich, um Nachhaltigkeit messbar zu machen. Denn nur so können deren Wert und Nutzen aufgezeigt werden. Wichtig ist schliesslich auch das Change-Management: Schulungen sensibilisieren Mitarbeitende und fördern den kulturellen Wandel. «Cultural Change ist nie einfach, aber da muss man kontinuierlich dran sein», fasst Scheidegger zusammen. Die Gehrig Group zeigt, wie wirtschaftliche Kompetenz ein rentables Geschäftsmodell schafft, das Kreisläufe fördert.

Ausblick

Die Transformation zur Kreislaufwirtschaft ist keine einmalige Aufgabe, sondern eine iterative Entdeckungsreise. Unternehmen wie die Gehrig Group zeigen, wie pragmatische Schritte – von der Generalüberholung von Maschinen bis zur Anpassung von Geschäftsmodellen – nachhaltige Kreisläufe schaffen. Beratungs­angebote wie von Rytec Circular oder Circular Economy Switzerland fördern den Wissensaustausch und bringen Akteure zusammen. «Wir möchten Schweizer Qualität liefern, und das kommt mit Langlebigkeit», sagt Scheidegger.  Kantone wie Luzern und Zug planen, diese Dynamik durch Initiativen zur Unterstützung von Unternehmen und die Förderung von Kooperationen zwischen Stakeholdern zu unterstützen. 

Entscheidend ist, dass Unternehmen, Lieferanten, Kunden und die öffentliche Hand aktiv zusammenarbeiten. Unternehmen, die diesen Weg beschreiten, werden nicht nur nachhaltiger, sondern in Zeiten von steigenden Preisen und Ressourcenknappheit auch resilienter und wettbewerbsfähiger.

Porträt