Die klassische Betriebswirtschaftslehre sieht strategische Entscheidungen tendenziell als eine Folge rationaler Überlegungen. Doch neuere Untersuchungen fordern vermehrt die ganzheitliche Sichtweise, die neben der konventionell-rationalen Analyse zudem Intuition als erfolgsrelevantes Werkzeug für den Prozess der Entscheidungsfindung nennt.
Zweifelsfrei spielen intuitive Prozesse bei strategischen Entscheidungen von Unternehmern eine – wenn auch meist unbewusst – bedeutende Rolle und werden vor allem bei schnell wechselnden und komplexen Umweltbedingungen mit einer verbesserten Unternehmensperformance assoziiert.
Bestimmung der Persönlichkeit
Wird die Bedeutung der Intuition bei unternehmerischen Entscheidungsprozessen von einem Grossteil der Forschergemeinschaft bejaht, so ist doch bisher wenig bekannt darüber, welche Unternehmerpersönlichkeiten der Intuition gegenüber aufgeschlossen sind. So stellt sich die Frage, welche Persönlichkeitsmerkmale ein Unternehmer mitbringen muss, um Intuition bei strategischen Entscheidungen einfliessen lassen zu können.
Eine in der Praxis bewährte und praktikable Vorgehensweise, Persönlichkeitsmerkmale zu erfassen, offeriert das «Big Five» Modell. Ebenso bekannt und gebräuchlich ist der Myers-Briggs Type Indicator (MBTI). Im Gegensatz zum MBTI sind jedoch die «Big Five» durch eine eindrückliche Anzahl aktueller Studien wissenschaftlich stärker abgestützt.
So reichen dem Modell fünf Merkmaldimensionen, um Persönlichkeitsunterschiede zu beschreiben: Offenheit für neue Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus. In aller Kürze werden diese wie folgt definiert (Satow, 2012):
Offenheit für neue Erfahrungen (O)
Menschen, die bei dieser Merkmalsdimension einen hohen Wert haben, sind in der Regel neugierig, an vielen Dingen interessiert und tolerant. Häufig fühlen sie sich auch der Kunst, Literatur und klassischen Musik hingezogen.
Gewissenhaftigkeit (G)
Gewissenhafte Menschen mit einem hohen G-Wert werden als pflichtbewusst und ordnungsliebend beschrieben und pflegen in der Regel ein systematisches und genaues Vorgehen. In der klassischen Personalselektion gehört Gewissenhaftigkeit zu den wichtigsten Faktoren für die Vorhersage von beruflichen Leistungen.
Extraversion (E)
Extravertierte Persönlichkeiten sind – im Gegensatz zu introvertierten – nach aussen orientiert, was sich gemeinhin in Geselligkeit, Gesprächigkeit und Abenteuerlustigkeit ausdrückt.
Verträglichkeit (V)
Verträgliche Menschen sind freundlich und bemühen sich um andere. Sie sind meist gute Teamplayer und beliebt. Ihr ausgeprägter V-Wert erhöht ihre Chancen, sich in einer Vielzahl von Business-Situationen (z. B. Bewerbungsgesprächen) ohne Flurschaden durchzusetzen.
Neurotizismus (N)
Neurotizismus wird bei einem hohen N-Wert im «Big-Five»-Test auch als emotionale Labilität bezeichnet. Neurotische Menschen werden als angespannt, ängstlich und nervös wahrgenommen. Sie erscheinen wenig stressresistent, zweifeln und grübeln viel und gelten anfälliger für depressive Erkrankungen sowie für das Burnout-Syndrom.