Forschung & Entwicklung

Blick aus der Wissenschaft

Die Herausforderung, zu lernen

Weiterbildung ist mitentscheidend für den Erfolg eines KMU. Doch zwischen Erkenntnis und Umsetzung gibt es oftmals eine Lücke.
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Laut einer aktuellen KMU-Studie des Schweizerischen Verbands für Weiter­bildung (SVEB) – mit Fokus auf kleine KMU bis 50 Mitarbeitende – betrachten fast 90 Prozent der schweizerischen KMU Weiterbildung als wichtig für ihren Erfolg, und etwa 90 Prozent übernehmen auch mindestens die Hälfte der Weiterbildungskosten und/oder der Arbeitszeit der Mitarbeitenden. 

KMU nutzen Weiterbildung, um ihre Mitarbeitenden und deren Kompetenzen auf dem neuesten Stand zu halten, Fachwissen auszubauen, die Agilität des Betriebs zu steigern und um Mitarbeitende zu ­motivieren durch Entwicklungsmöglich­keiten. Gerade als Folge der Herausforderungen der Digitalisierung, des Fachkräftemangels und von geopolitischen Veränderungen beschäftigen sich KMU mit der Weiterbildungsthematik.

Häufig fehlt es an langfristigen Konzepten

Dennoch bleibt die Umsetzung in vielen Fällen hinter den Möglichkeiten zurück. Mehr als die Hälfte der KMU erkennen, dass Mitarbeitende selten an einer Weiterbildung teilnehmen. Auch ist eine Tendenz zu erkennen, dass gerade bereits sehr gut qualifizierte Mitarbeitende sich am ehesten weiterbilden, noch nicht so gut qualifizierte seltener. Schliesslich würden etwa ein Drittel der befragten 386 KMU gerne mehr Weiterbildung umsetzen, wozu aber die Zeit, das Budget und geeignete Weiterbildungsformate fehlten. Während also einige KMU sys­tematisch Weiterbildungsmassnahmen einsetzen, bleiben sie in anderen oft dem Zufall überlassen.

Und hier zeigt sich dann eine deutliche Diskrepanz zwischen einer theoretischen Absichtserklärung zur gezielten Weiterbildung und zu der praktischen Umsetzung. Häufig fehlt es an langfristigen Konzepten und der Fähigkeit, künftigen Kom­petenzbedarf abzuschätzen. Auch wird Weiterbildung oftmals als einmaliges Event statt als kontinuierlicher Prozess betrachtet. Die Folge: Wissen kann veralten, Unternehmen können nicht flexibel auf neue Veränderungen reagieren, interne Talente werden nicht entwickelt und externe Talente nicht angezogen.  

Weiterbildung als Teil der Unternehmensstrategie

Die Forschung zur Weiterbildung empfiehlt eine feste Integration von Weiterbildung in die Unternehmensstrategie. KMU sollten also strategisch definieren, welche Kompetenzen in Zukunft benötigt werden, und gezielt in entsprechende Weiterbildungsmassnahmen investieren. Operativ sollte Weiterbildung so gestaltet sein, dass sie in engem Bezug steht zu den Bedürfnissen im Alltag. Praxisnahe sowie kleinteilige oder modulare Programme können hier entscheidend sein, ein formelles Abschlusszertifikat ist oftmals weniger wichtig. So sehen auch die befragten KMU Kurse ohne Abschlusszertifikat und interne Kurse (vom Betrieb selbst durchgeführt, mit internem Personal) als die beiden wichtigsten Weiterbildungsformate an.

Der reine Erfahrungs- und Wissensaustausch unter den Mitarbeitenden wird bereits als die mit Abstand wichtigste Weiterbildungsaktivität angesehen, gefolgt von internen Coachings durch Vorgesetzte oder andere Mitarbeitende. Diese kleinteiligen Formate müssen dann aber mit einem langfristigen Plan, der Weiterbildungsmassnahmen systematisch mit den Unternehmenszielen verknüpft, zusammengebunden werden. 

Diese Verknüpfung ist zum Teil noch mangelhaft. So erarbeitet fast die Hälfte der KMU keine schriftliche Weiterbildungsvereinbarung mit den Mitarbeitenden. Es fehlt also an einem systematischen Vor­gehen bei der Planung von Weiterbildung; auch weil der grosse Nutzen von informellen internen Weiterbildungstätigkeiten oftmals unterschätzt wird. Insgesamt gibt es also noch einen Bedarf, eine klare ­Vorstellung davon zu entwickeln, welche Mitarbeitenden wann und warum eine Weiterbildung wahrnehmen und welche Art und Weise des internen Erfahrungs- und Wissensaustauschs und Coachings konkret stattfinden soll.

Moderne Formen der Weiterbildung nutzen

Die gute Nachricht ist, dass der Weiterbildungsmarkt diesem geäusserten Bedürfnis nach Praxisnähe, Kleinteiligkeit und Modularität mehr und mehr entspricht. Es wird verstärkt auf individuelle Lernangebote gesetzt, die praxisnah und anwendungsorientiert sind. Adaptive Lernsysteme und flexible Kursmodelle ermöglichen es, Inhalte gezielt an die Bedürfnisse der Teilnehmenden anzupassen. Besondere Erfolge zeigen interaktive und erfahrungsbasierte Met­ho­den wie Peer-Learning (das Lernen von Berufstätigen in gleichen oder ähnlichen Arbeitssituationen, in der eigenen KMU, aber auch darüber hinaus) oder unternehmensübergreifende Austauschprogramme. Beim Anbieten solcher Wei­terbildungen sind insbesondere Berufs- und Branchenverbände gefordert, aber auch private Weiterbildungsanbieter und Hochschulen. Denn sie werden von den befragten KMU als wichtigste externe Partner für die Umsetzung von Weiter­bildung angesehen. Diese Partnerschaft müsste aber vonseiten KMU wie auch vonseiten Weiterbildungsanbieter noch zielgerichteter aufeinander abstimmt werden.

Zumindest teilweise zu hinterfragen ist die Tatsache, dass KMU weiterhin auf klassische Präsenzkurse setzen, in ­denen in erster Linie eine reine Wissensvermittlung im Fokus steht. Dabei geht es aber doch genau nicht nur um eine reine Wissensvermittlung, sondern zusätzlich um interaktive Formate (durchaus auch online stattfindend), die den Austausch und die Anwendung im eigenen Alltag fördern. Auch geht es um die Entwicklung von Fach-, Sozial- und Selbstkompetenzen – also weniger um die Frage nach dem «Was» als um die Frage nach dem «Wie», das kritische Denken und die Problemlösungsfähigkeit fördernd. Denn Studien zeigen, dass solche modernen Formate, die sowohl in Präsenz wie online stattfinden können, oft effektiver und flexibler sind, gerade weil sie die ­Eigenverantwortung und Selbstständigkeit stärken.

Ein weiterer Vorteil dieser modernen Lernformate liegt in ihrer Skalierbarkeit. Während der Zugang zu Präsenzveranstaltungen oft auf wenige auch örtlich anwesende Teilnehmende beschränkt ist, lassen sich kleinformatige oder di­gitale und hybride Weiterbildungen flexibler gestalten. Hybride Modelle, die Online- und Präsenzlernen kombinieren, können besonders alltagstauglich sein. Mitarbeitende können zeit- und ortsunabhängig lernen, was besonders für kleinere Unternehmen mit begrenzten Ressourcen von Vorteil ist. Auch stärken die Mitarbeitenden dadurch gleichzeitig ihre digitalen Kompetenzen.

Massnahmen zur besseren Integration von Weiterbildung

Wie können KMU Weiterbildung besser in ihren Betrieb integrieren? Hier sind einige zentrale Massnahmen: (1) Weiterbildung sollte fest in der Unternehmensstrategie verankert werden. Es ist entscheidend, klare Ziele und Kompetenzmodelle zu definieren; (2) Weiterbildung sollte nicht als Zusatzkostenpunkt betrachtet werden, sondern als Investition in die Zukunft; (3) KMU sollten verstärkt auch auf digitale und hybride Formate setzen, um Flexibilität und Effizienz zu steigern; (4) Der Erfolg von Weiterbildungsmassnahmen sollte regelmässig überprüft werden, um ihren Mehrwert sichtbar zu machen; (5) Weiterbildung sollte nicht nur für Führungskräfte und bereits Hochqualifizierte zugänglich sein, sondern alle Hierarchieebenen erfassen; (6) agile Kooperationen mit ex­ternen Anbietern kann hilfreich sein, da sie Zugang zu Experten und zusätzliche Ressourcen bietet. 

KMU, die ihre Mitarbeitenden gezielt ­fördern, bleiben anpassungsfähig, innovativ, wettbewerbsfähig und attraktiv. Hierbei ist die Umsetzung entscheidend: Wer Weiterbildung strategisch integriert, ­moderne Methoden nutzt und deren Erfolg misst, wird langfristig profitieren. Zusätzlich lohnt es sich, moderne Technologien gezielt in den Lernprozess zu integrieren. Der Einsatz von E-Learning-Plattformen und künstlicher Intelligenz kann den Lernprozess unmittelbarer und praxisnaher gestalten.

Fazit: Wer bezüglich der Weiterbildung strategisch, vorausschauend, innovativ und technologieaffin plant, dessen KMU kann langfristig profitieren.

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