KMU sind in Folge der Globalisierung kontinuierlich gefordert, schneller, flexibler und vor allem effizienter zu werden. Dies bedeutet bis anhin, dass mit Einsatz von Technologie bei möglichst konstanter Mitarbeiterzahl der Output beständig gesteigert wird. Doch im Lichte diverser Initiativen und in Folge des Frankenschocks scheint es nicht mehr auszureichen, allein auf Effizienzsteigerungen zu setzen, und so sehen sich viele Unternehmer gezwungen, die Produktion und Erstellung ihrer Dienstleistung ins kostengünstigere Ausland zu verlagern.
IT-Smartness verändert die Regeln
Die gängigen Routinen des Outsourcings und der Effizienzsteigerung müssen möglicherweise überdacht werden. Fortschritte in der Digitalisierung werden die Regeln, wie die Wirtschaft in Zukunft funktioniert, von Grund auf revolutionieren. Diese Form der Digitalisierung – getragen von Fortschritten in der künstlichen Intelligenz – beruht auf «IT-Smartness». Der Zukunftsforscher Lars Thomsen ruft denn auch «das Ende der Dummheit» aus und meint damit, dass digitale Kommunikation, Onlinehandel, Cloud Computing, Big Data und Robotics, also die Digitalisierung 2.0 der Wirtschaft, unser Leben und unsere Arbeitswelt verändert. Nach Überzeugung des ZEW, dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, stehen durch die Digitalisierung 2.0 alleine in Deutschland mittelfristig etwa
60 Prozent der deutschen Arbeitsplätze auf dem Prüfstand. Mit ähnlichen Prognosen lässt sich Economiesuisse-Präsident Karrer im Tagesanzeiger zitieren und beklagt den stetigen Arbeitsplatzabbau von KMU und Grossunternehmen. An anderer Stelle entstehen zwar neue Jobs, aber das mit zeitlicher Verzögerung und unterschiedlicher Qualität. Und ob sich die freigestellten Arbeitskräfte für die neuen Stellen qualifizieren, ist mehr als unsicher.
Wer sich mit einem hochqualifizierten Mitarbeiterprofil auf der sicheren Seite glaubt, könnte überrascht werden. «Big Data», unterstützt von künstlicher Intelligenz, werden den unerschöpflichen Datenfundus des Internets analysieren und kombinieren. Lernfähige Software und Algorithmen werden aus den Daten komplexe Zusammenhänge erstellen sowie handelbare Inhalte – beispielsweise Prognosen und Entscheidungshilfe – erschaffen, die bis anhin nur durch hochqualifizierte Wissensarbeiter generiert werden konnten. In anderen Worten: Valide Resultate aus der Datenwolke kommen bald ganz ohne menschliche Interaktion zustande.
Innovative Geschäftsmodelle statt Prozessoptimierung
Ist das das Ende von Peter Druckers Mantra, dass der Mensch die wichtigste Ressource sei, da an ihm die Art Wissen hänge, die Wertschöpfung erst ermögliche? Kann es sein, dass die Ressource Wissen alsbald losgelöst von Menschen verfügbar sein wird? Drucker wird auch das Zitat «Es ist wichtiger, das Richtige zu tun, als etwas richtig zu tun» zugeschrieben. Klar ist, die Technologie stellt kaum mehr einen Engpass dar. Vielmehr geht es bei den Herausforderungen der Digitalisierung darum, wie durch die smarte IT neue, tragfähige Geschäftsmodelle entwickelt werden können. Ging es bisher darum, Geschäftsprozesse zu optimieren und verbesserte Produkte sowie Dienstleistungen auf den Markt zu bringen, geht es im Angesicht der digitalen Revolution um die Neudefinition klassischer Geschäftsmodelle. Die anstehenden Veränderungen werden zweifelsohne tiefgreifender und folgenschwerer sein als jene durch die Globalisierung. Die smarte Digitalisierung ist ein grundlegender, disruptiver Veränderungsprozess, der verbunden ist mit grossen Chancen, aber auch Risiken. Die Anpassung traditioneller Geschäftsmodelle an die digitale Zukunft ist unabdingbar und setzt die Entwicklung einer revidierten und teils neuen Wertschöpfungsarchitektur voraus.
Interessanterweise offeriert die Digitalisierung der Wirtschaft Entlastung an unerwarteter Stelle. Dem Zwang fortschreitender Internationalisierung der KMU wird durch sie möglicherweise Einhalt geboten. Die digitale Revolution ermöglicht KMU Markteintrittschancen, die vormals oft durch hohe Eintrittsbarrieren versperrt waren. Als Beispiel kann hier der Automobilsektor angeführt werden. Mit Hilfe von 3-D-Druckern ist es nunmehr möglich, bis zu 75 Prozent eines Autos zu «drucken». Die junge US-Firma «Local-Motors» macht es vor. Schlüsselbauteile wie der Motor werden traditionell gebaut und zugekauft, doch drei Viertel eines Local-Motor-Autos werden Schicht für Schicht aus Plastik, Kohlefasermaterial oder Metallpulver aufgebaut.