Es wird den Leser nicht überraschen: Ohne Innovationen ist das langfristige Überleben von KMU nicht sicherzustellen. Innovation und Innovationsmanagement ist ein Dauerthema, auch im «KMU-Magazin». Man könnte annehmen, es sei nun schon alles beschrieben, erforscht und diskutiert worden rund um das Thema Innovation. Und natürlich wollen alle Unternehmer innovativ sein, alle Mitarbeiter in innovativen Unternehmen arbeiten. Leider ist es mit dem Wollen alleine noch nicht getan und wie Innovation «geht», ist alles andere als klar.
Schweizer KMU sind noch Innovationsführer
Beruhigend sind die Statistiken, die aussagen, dass die Schweiz nach wie vor zu den europäischen Innovationsleadern gehört. Schweizer Präzisionswerkzeuge gelten als Inbegriff der Innovation und sind entsprechend weltweit gefragt. Obwohl China 80 Prozent der globalen Kugelschreiberproduktion auf sich vereint, muss China für Qualitätsstifte die Kugelschreiberspitze mit dem Metallball importieren. Nur die Schweiz verfügt über die Maschinen und das Know-how, um hochpräzise Kugelschreiber zu produzieren.
Es sind insbesondere die Schweizer KMU, also gemäss Definition Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten, die im europäischen Vergleich als besonders innovativ gelten. Sogar in Bereichen der Spitzenforschung erweist sich das ein oder andere KMU als Vorreiter technologischen Fortschritts. Schweizer KMU-Lenker wissen um ihre Stärken. Die Innovationsleistung von Schweizer KMU ist jedoch nicht mehr markant besser als jene der innovationsstärksten EU-Länder. Diese haben in den vergangenen zehn Jahren teilweise markant aufgeholt und kratzen am Selbstverständnis hiesiger KMU.
Innovation hat viele verschiedene Gesichter. Das deutsche Institut für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn unterscheidet zwischen originären beziehungsweise disruptiven Innovationen, die einzigartige Wettbewerbsvorteile bieten, und inkrementellen Innovationen, welche durch evolutionäre Innovationsschritte die bestehende Wettbewerbsposition sichern. Die Mehrheit der KMU innoviert beziehungsweise verbessert ihre Produkte und Dienstleistungen kontinuierlich. Das heisst, die meisten KMU konzentrieren sich auf die Weiterentwicklung ihrer bestehenden Produkte und Dienstleistungen.
Statt zu revolutionieren, setzen sie auf inkrementelle Entwicklung, gehen – im ständigen Dialog mit Lieferanten und Kunden – Schritt für Schritt vor und probieren Produktverbesserungen aus. Disruptive Innovation, also das Hervorbringen revolutionärer Innovationen, welche einen langfristigen Wettbewerbsvorteil ermöglichen sollen, scheint die Königsdisziplin der Kreativen zu sein. Doch gemäss dem Bonner Institut IfM bringen nur sechs Prozent der KMU in Deutschland diese revolutionäre Form der Innovation hervor. Kein Wunder, Revolution bedeutet immer auch Zerstörung und ist viel schwieriger zu bewerkstelligen, zu kontrollieren und letztlich zu managen als die kontinuierliche Innovation.