Finanzen & Vorsorge

Externe Revision

Zur Bedeutung der Unabhängigkeit in der Wirtschaftsprüfung

Unter Wirtschaftsprüfern gibt es einen Streit. Dabei geht es um die eingeschränkte Revision, die KMU für ihre Jahresrechnungen wählen können, um weniger Aufwand zu haben als wirtschaftlich bedeutende Firmen mit der ordentlichen Revision. Ein Streitpunkt ist die Positionierung der Revisionsstelle, die im Sinne eines objektiven Prüfungsurteils unabhängig sein soll.
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Wirtschaftsprüfung ist die unabhängige Begutachtung wirtschaftlicher Sachverhalte. In der Praxis am häufigsten anzutreffen sind Aufträge zur Beurteilung, ob die von Unternehmen erstellten Finanzinformationen fehlerfrei sind und in Übereinstimmung mit dem gewählten Regelwerk, meist den Rechnungslegungsvorschriften des Obligationenrechts, dargestellt sind. Letztlich geht es darum, fest- und sicherzustellen, dass die Finanzinformationen bzw. die Jahresabschlüsse ein korrektes Bild der wirtschaftlichen sowie der finanziellen Lage der Unternehmung zeichnen.

Bestätigung für Seriosität

Warum also die Wirtschaftsprüfung unabhängig erfolgen sollte, ist einfach gesagt. Nur eine unbefangene, unvoreingenommene und kritische Prüfung kann ein gegen aussen vertrauenswürdiges Prüfungsergebnis gewährleisten. Die Dienstleistung des Wirtschaftsprüfers erfolgt auch – aber nicht primär – im Eigeninteresse des geprüften Unternehmens. Denn «für die Führungsorgane und die Finanzabteilung eines Unternehmens ist die ‹bestandene› Revision eine Bestätigung für seriöses und ordnungsgemässes Handeln in Buchführung und Finanzabteilung», sagt der CFO, Zürichsee Medien AG, Hans Amrein. Oder wie Peter Schmid, CFO und VR-Präsident Comat-Releco-Gruppe, Worb, ergänzt: «Die Revision hilft uns bei der Frage, ob wir auf dem richtigen Weg sind.»

Externe Anspruchsgruppen

Generell könnte sich jedes Unternehmen einer eigenständigen internen Wirtschaftsprüfung unterziehen, der internen Revision, um sich seiner selbst zu vergewissern. Aufgrund der Tatsache, dass interne Mitarbeiter teilweise sich und den Kollegen gegenüber nicht kritisch genug sind, weil ihnen die notwendige Distanz fehlt, ist eine externe Revision zumindest immer dann erforderlich, wenn externe Anspruchsgruppen ins Spiel kommen. Diese Personengruppen haben ein ausgeprägtes finanzielles oder sonstiges Interesse am Unternehmen.

Für ihre Entscheidungsfindung – sei es bei Abstimmungen an der Generalversammlung oder bei der Frage der Kreditvergabe – sind sie auf vertrauenswürdige Finanzinformationen angewiesen. Diese liefert ihnen die unabhängige Abschlussprüfung. Und damit wird deutlich: Der primäre Empfänger und Nutzniesser der Revisionsdienstleistungen ist der externe Eigen- sowie Fremdkapitalgeber.

Vertrauensleistungen

Aber auch ausserhalb der Begutachtung von Finanzinformationen ist der Wirtschaftsprüfer tätig und erbringt Vertrauensleistungen. So beauftragen vielfach Organisationen, die ihre Geschäftsmodelle auf gesellschaftsverantwortlichen Grundsätzen basieren («Corporate Social Responsibility»), einen Wirtschaftsprüfer mit der Prüfung, ob und inwieweit die internen (Verhaltens-)Regeln (Code of Conduct) eingehalten werden. Auch erfolgen Prüfungen von Performance-Kennzahlen beim Einsatz von philanthropischem Ka­pital, wo nicht die finanzielle, sondern die soziale Rendite im Vordergrund steht.

Für die Messung etwa der sozialen Rendite existieren keine allgemeinverbindlichen Standards, so dass hier dem Prüfer eine sehr wichtige Rolle zukommt, wenn er sowohl die Ermittlungsmethoden als auch deren Ergebnisse begutachtet. Als Beispiel sei die Elea Foundation for Ethics in Globalization, Zürich, angefügt, die eine Vermittlerrolle bei der Allokation von philanthropischem Kapital zum Zwecke der Förderung unternehmerisch ausgerichteter Projekte für ärmste Bevölkerungsschichten einnimmt. So bewertet Elea die soziale Wirkung ihrer Investitionen mittels einer massgeschneiderten Social-Impact-Messmethode und lässt dies durch einen unabhängigen externen Wirtschaftsprüfer überprüfen.

Distanz wahren

«Damit will Elea Vertrauen gegenüber Kapitalgebern sowie Philanthropen im Hinblick auf Seriosität und Wirksamkeit der Mittelverwendung und Geschäftstätigkeit schaffen», sagt der Elea-CEO Andreas R. Kirchschläger. Um dieses Vertrauen zu schaffen, ist es wichtig, dass der beauftragte Wirtschaftsprüfer unabhängig ist. Andreas R. Kirchschläger: «Das heisst, der Wirtschaftsprüfer war in keiner anderen Weise involviert und mit dem Prüfgegenstand vorbefasst, in keiner anderen Funktion für uns tätig und nicht potenziell aufgrund von persönlichen Beziehungen befangen.» Hans Amrein ergänzt: «Prüfer und geprüftes Unternehmen müssen eine gewisse Distanz wahren.» Diese Distanz ist im Übrigen auch unternehmensintern ausdrücklich gewünscht. Andreas R. Kirchschläger: «Wir wollen einen externen Sparrings-Partner, der uns kritisch begleitet und unser Handeln zu hinterfragen im Stande ist.»

Keine persönliche Vernetzung

Die angesprochene kritische Distanz ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass der Wirtschaftsprüfer eine unvoreingenommene und parteilose Begutachtung des Prüfungsgegenstandes vornehmen kann, sowohl im Interesse der unternehmensinternen Stellen, insbesondere aber in Wahrung der Interessen der externen Anspruchsgruppen.

Die kritische Distanz ist Ausfluss der Unabhängigkeit, die grundsätzlich zwei Facetten kennt. Da ist zum einen die sogenannte innere Unabhängigkeit, also die Unbefangenheit oder, schärfer formuliert, die Unbestechlichkeit. Aber dies allein reicht nicht aus. Ein Dritter wird dem Gutachten oder Prüfungstestat des Wirtschaftsprüfers nur dann Vertrauen entgegenbringen, wenn er oder sie ganz subjektiv das Gefühl hat, dass der Prüfer gegenüber dem Auftraggeber / dem geprüften Unternehmen unbeeinflusst ist.

Wir sprechen hier von der äusseren Unabhängigkeit. Diese und damit die Vertrauensstellung des Wirtschaftsprüfers ist etwa gefährdet, wenn zu enge persönliche Bindungen oder gar finanzielle Verflechtungen zwischen Prüfer und geprüftem Unternehmen bestehen, so dass der Adressat des Revisionsberichts den Eindruck erlangen muss, der Prüfer könne hier nicht unvoreingenommen und ohne Eigeninteresse tätig werden. Darum ist für Peter Schmid, CEO und VR-Präsident, klar: «Der Prüfer darf nicht kapitalmässig beteiligt sein, damit die Revisionsstelle unbefangen prüfen kann und nicht vom Ergebnis der Revision betroffen ist. Auch persönliche Vernetzungen mit dem geprüften Unternehmen sind tabu.»

Berufsregeln einhalten

Klar scheint: Schon der Eindruck der Befangenheit kann ausreichen, um die Vertrauensstellung des Wirtschaftsprüfers zu gefährden. Darum hat der Berufsstand – vertreten durch die Berufsorganisation «Expertsuisse» – robuste Standes- sowie Berufsregeln erlassen, welche verlangen, dass die Berufsangehörigen ihre Tätigkeit so ausüben, dass das in sie gesetzte Vertrauen gerechtfertigt ist.

Strenge Unabhängigkeitsregeln in Form einer verbindlichen Richtlinie flankieren die Standes- und Berufsregeln. Die Befolgung dieser Regeln entspricht der Erwartung der Öffentlichkeit sowie der Kapitalgeber. Und zudem entspricht sie auch dem ureigenen Interesse des Berufsstands selbst.