Finanzen & Vorsorge

Börsenradar

Zinsanstieg lässt Kurse fallen

Kaufen, Halten oder Verkaufen – ein speziell auf den Schweizer Aktienmarkt ausgerichtetes Analysesystem prüft auf Basis von fünf Einzelsignalen, in welche Richtung der Börsenradar ausschlägt.
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Es ist nicht nur der Ukraine-Krieg mit seinen erschreckenden Bildern, der die Anleger am Ak­tienmarkt zu äusserster Vorsicht veranlasst. Sie ­folgen auch der bewährten Regel, dass es fast immer ein Fehler war, sich gegen die Politik der Zentralbanken zu positionieren. Und die meinen es nun ernst mit der Inflationsbekämpfung. Noch blieben ja die schweizerischen Unternehmen grösstenteils von Kursstürzen verschont. Das liegt auch daran, dass die hiesigen Nahrungsmittel­konzerne, Pharmaunternehmen und Versicherer als «sicherer Hafen» angesehen werden. 

Auch spielt in Kriegszeiten die Neutralität der Schweiz eine grosse Rolle. Aber man sollte sich nicht täuschen lassen. Die internationalen Verflechtungen werden sich im Lauf des Jahres auch in der Schweiz deutlich auswirken. Auch die Ausgangssperren und Transportbehinderungen in China werden ihre Spuren bei exportorien­tierten europäischen Unternehmen hinterlassen. Was sagen nun unsere Indikatoren?

1. Zinssignale: Negativ

Sinkende Zinsen sind gut für Aktien, steigende Zinsen schlecht. So steht es jedenfalls in allen öko­nomischen Lehrbüchern. Der Zinsanstieg hat sich im vergangenen Monat weiter beschleunigt, wie Sie in der Grafik sehen. Die negativen Zinsen sind Geschichte. Zehnjährige Obligationen rentieren nun bereits mit rund 1Prozent im Plus. Was für Sparer gut zu sein scheint, ist für Investoren, die Geld brauchen, eine starke Belastung. Weiter steigende Zinsen bremsen das Wirtschaftswachstum ab.

2. Der Saisoneffekt: Negativ

Zahlreiche Statistiken haben bewiesen, dass die Monate Mai bis Oktober eine wesentlich schlechtere Performance am Aktienmarkt aufweisen als die Monate November bis April. Seit Mai ist der Saisoneffekt wieder negativ.

3. Die Anzahl der Schweizer Aktien mit 9-Monats-Hochs und -Tiefs: Negativ

Dieser Indikator vergleicht, wie viele der 64 wichtigsten Aktien der Schweiz ein neues 9-Monats-Hoch und wie viele ein neues 9-Monats-Tief melden. Mitte Mai wiesen rund die Hälfte der 64 wichtigsten schweizerischen Unternehmen ein 9-Monats-Tief auf. Keine einzige Aktie meldete ein neues Hoch. Das zeigt, die die Aktienbaisse auch die hiesigen Werte voll im Griff hat. Einigermassen verschont blieben bisher Vifor, Swiss Life, Helvetia, Baloise, Zurich, Nestlé, UBS, Novartis, Richemont und Roche. Aber besonders übel hat es Ascom, Tecan, Oerlikon, Credit Suisse, Schindler, Rieter, Adecco und Bucher getroffen.

4. Der SMI-Index: Negativ

Nach dem ersten Schreck über den russischen Angriff auf die Ukraine war der SMI deutlich gefallen, hatte sich anschliessend aber erholt, weil die SMI-Aktien weltweit als sicher gelten. Doch die alten Hochs vom letzten Dezember wurden nicht mehr erreicht. Dann ging es erneut abwärts. Charttechnisch eine klassische Kopf-Schulter-­Formation – ein sehr negatives Signal!

5. Der Banken-Index: Negativ

Den Banken-Index beobachten wir deshalb so genau, weil er mögliche Finanz-Gefahren für die Weltwirtschaft durch drohende Insolvenzen in der Regel eher anzeigt als übliche Aktienindizes wie der SMI. Er setzt sich aus zehn wichtigen Grossbanken aus aller Welt zusammen; auch die UBS ist im Banken-Index enthalten. Die Banken waren bis Mitte Februar noch sehr gut gelaufen, weil sich durch höhere Zinsen die Einnahmen erhöhten. Dann aber trafen die Geschäftsverbindungen mit Russland die Branche hart. Es ­drohen Enteignungen von Filialen in Russland. Und die Verteuerung der Zentralbankzinsen wird sich im Lauf des Jahres ebenfalls noch negativ aus­wirken. Die Zinsspanne wird enger. Über www.boersensignale.ch können Sie den Banken-Index wöchentlich verfolgen.

6. Summe der fünf Signale: 0:5 negativ

Das hatten wir schon lange nicht mehr, dass alle fünf Indikatoren auf eine Aktienbaisse hindeuten. Es macht aber auch deutlich, dass es jetzt noch viel zu früh ist, auf Verdacht wieder kräftig ein­zusteigen – in der Annahme, die Kurse seien jetzt «unten». Vielmehr besteht nach unten noch ein deutlicher Spielraum. Denn vor allem schweize­rische Aktien sind ja nicht gerade besonders preiswert. SMI-Unternehmen werden derzeit im Durchschnitt noch fast mit dem vierfachen Jahresumsatz gehandelt, im historischen Vergleich also doppelt so hoch wie normal. Ein Boden könnte vermutlich frühestens im kommenden Herbst erreicht sein. Bis dahin ist Zurückhaltung am Aktienmarkt angebracht.

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