Finanzen & Vorsorge

Vergütungsmanagement

Wie KMU variable Vergütung einsetzen

Die Frage nach erfolgs- und leistungsorientierter Vergütung wird vermehrt diskutiert. Bislang liegen jedoch wenig konkrete Erkenntnisse über deren Anwendung vor. Ein Praxisbericht gibt Einblick in die Häufigkeit und Ausgestaltung von variablen Vergütungssystemen von KMU und zeigt deren wahrgenommenen Auswirkungen auf die Mitarbeitenden.
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Obwohl über den Einsatz und die Möglichkeiten erfolgs- sowie leistungsorientierter Vergütung auch in Schweizer KMU vermehrt diskutiert wird, sind nur wenig konkrete Erkenntnisse über die tatsächliche Verbreitung variabler Vergütungs-
systeme bekannt. Der Bericht «Variable Vergütung KMU Schweiz» der Fachhochschule Nordwestschweiz, Hochschule für Wirtschaft, gibt einen Einblick in die Häufigkeit und die Ausgestaltung von variablen Vergütungssystemen von KMU in der deutschsprachigen Schweiz und untersucht deren wahrgenommenen Auswirkungen auf die Mitarbeitenden.

Die Verbreitung

Von den befragten Unternehmen gaben 77 (45 %) an, in ihrem Vergütungssystem einen variablen Anteil eingebaut zu haben. Bei der Betrachtung der Branchen zeigt sich, dass die variable Vergütung vor allem im verarbeitenden Gewerbe, in der Informatik, im Handel sowie in der Unternehmensberatung stärker verbreitet zu sein scheint. Im Kredit- und Versicherungswesen haben sogar alle fünf teilnehmenden Unternehmen variable Vergütung. Im Gesundheits- und Sozialwesen ist die variable Vergütung offensichtlich am wenigsten stark vertreten.

Die Untersuchung hat ergeben, dass zwischen den beiden Gruppen (Unternehmen mit versus ohne variable Vergütung) in Bezug auf die Unternehmensgrösse im Gegensatz zur Branche keine signifikanten Unterschiede vorhanden sind. 94 der 171 befragten Unternehmen haben angegeben, keinen variablen Vergütungsanteil zu haben. Diesen Unternehmen wurden in der Folge weitere Fragen zu ihrem Vergütungssystem gestellt. So gab etwa die Hälfte an, eine sonstige Gratifikation auszuzahlen.

13 Unternehmen (13,8 %) hatten in der Vergangenheit einen variablen Vergütungsanteil, der jedoch abgeschafft wurde. Genannte Gründe für die Abschaffung waren insbesondere Schwierigkeiten bei der Messung der Zielerreichung (Objektivität, gegenseitige Abhängigkeit der Mitarbeitenden, Fairness) oder die Komplexität des Systems. Zwei Unternehmen haben festgehalten, dass sie ihr Vergütungsmanagement neu konzipieren wollen.

Gleichzeitig wurden die Unternehmen ohne variablen Vergütungsanteil gefragt, ob sie planen, in Zukunft einen variablen Vergütungsanteil einzuführen. Eine grosse Mehrheit (77,7 %) beantwortete diese Frage negativ. 16 Unternehmen sind noch unentschieden und bei zwei Unternehmen ist eine variable Vergütung in Planung.

Abbildung 1 zeigt die Hinderungsgründe für die Einführung eines variablen Vergütungsanteils. Diese Frage wurde von 60 Unternehmen beantwortet. Die Unternehmen wurden gebeten, ihre Hauptgründe anzugeben (maximal 3).

Die unter «andere» genannten Gründe sind vielfältig: Einige nennen Zweifel bezüglich Gerechtigkeit, Fairness und zu grosse Subjektivität von variablen Vergütungssystemen. Im Weiteren wurde erwähnt, dass diese Art von Vergütung nicht mit der Unternehmenskultur oder den vorgegebenen Reglementen vereinbar ist. Wieder andere nennen einen beschränkten finanziellen Spielraum als Hinderungsgrund.

Wie bereits erwähnt haben zwei Unternehmen vor, variable Vergütungsanteile einzuführen. Diese erhoffen sich dabei eine Motivationssteigerung im Unternehmen, eine höhere Zufriedenheit ihrer Mitarbeitenden und eine stärkere Bindung der Mitarbeitenden an das Unternehmen. Als zusätzlichen Grund wurde angegeben, dass langjährige Mitarbeitende bereits die maximale Lohnsumme erreicht haben und Lohnerhöhungen aus Kostengründen nicht immer möglich sind.

Die Ausgestaltung

77 Unternehmen haben einen variablen Vergütungsanteil in ihrem Vergütungssystem. Dabei steigt die Nutzungshäufigkeit mit der Grösse der Unternehmung an. Dieser Zusammenhang ist über alle Branchen hinweg zu beobachten. Die Studie erlaubt eine differenzierte Betrachtung variabler Vergütungssysteme getrennt nach Mitarbeitenden mit Führungsverantwortung in den verschiedenen Hierarchiestufen und Mitarbeitenden ohne Führungsverantwortung. Die Auswertung zeigt, dass der Anteil der Unternehmen, in denen Mitarbeitende ohne Kaderfunktion variabel ver­gütet werden, 49 Prozent beträgt. Es war zu erwarten, dass die variable Vergütung im Bereich der Führungskräfte mit zunehmender Hierarchiestufe eine deutlich höhere Rolle spielen wird.

In einer weiteren Frage mussten die Unternehmen angeben, wie hoch der variable Anteil (die Zielgrösse), gemessen in Prozenten des Grundlohnes (bzw. des Fixlohns), ausfällt. Dies wieder jeweils getrennt für Führungskräfte und Mitarbeitende ohne Kaderfunktion. Demnach beträgt der durchschnittliche prozentuale Anteil der variablen Vergütung bei CEO 24 Prozent, bei oberem Kader 16 Prozent, bei mittlerem Kader 12 Prozent und unterem Kader neun Prozent.

Die verbreitetsten Systeme zur Ermittlung des variablen Vergütungsanteils sind offensichtlich die Gesamtbeurteilung (Mitarbeitendenbeurteilungssystem in Kombination mit einem Zielvereinbarungssystem [MbO]) und das Zielvereinbarungssystem. Eine überwiegende Mehrheit der Unternehmen gibt dazu an, den variablen Vergütungsanteil in Zukunft nicht verändern zu wollen. Vier Unternehmen geben an, den Anteil für die Geschäftsführung erhöhen zu wollen, fünf werden dies für Mitarbeitende ohne Kaderfunktion in Betracht ziehen. Weiter wurde untersucht, welche Bezugsgrössen die Unternehmen anwenden (vgl. Abbildung 2).

Es wird ersichtlich, dass 90 Prozent der befragten Unternehmen den Unternehmensgewinn für die Berechnung des variablen Vergütungsanteils des CEO verwenden. Bei drei weiteren Funktionsstufen ist der Unternehmensgewinn die am meisten verwendete Bezugsgrösse. Die Frage, wie die verschiedenen Bezugsgrössen (falls vorhanden) verknüpft werden, wurde von 47 Unternehmen beantwortet. Eine deutliche Mehrheit von 41 Unternehmen gibt an, dass sie die einzelnen variablen Grössen addieren. Bei den Restlichen wurde mindestens ein variabler Anteil multipliziert.

Im Anschluss an die Leistungsbeurteilung stellt sich die Frage nach der Auszahlungsform und -periode der Unternehmen. Bezüglich der Auszahlungsperiode zeigt sich, dass der überwiegende Teil, das heisst 67 von 69 Unternehmen, nicht zwischen kurz- und langfristiger variabler Vergütung unterscheidet.

Es wird ersichtlich, dass anscheinend eine klare Mehrheit der Unternehmen den variablen Vergütungsanteil hauptsächlich als Bar-Bonus ausbezahlt. Kein Unternehmen zahlt zusätzliche Beiträge zur Altersvorsorge. Beteiligungen werden von höchstens drei Prozent der Unternehmen verwendet. Drei bis sechs Prozent der Unternehmen nutzen andere Formen zur Auszahlung, die nicht zur Auswahl standen. Nur einzelne Firmen scheinen den variablen Vergütungsanteil aufzuteilen und ihn in einer Kombination von Bar-Boni, Beteiligungen und anderen Formen auszuzahlen. Diese Aussagen gelten für alle fünf untersuchten Funktionsstufen.

Zielsetzung und Wirkung

Die Ziele, variable Vergütungskomponenten zu implementieren, können vielfältig sein. Die empirischen Resultate ergeben, dass diese bei 49 Unternehmen zur Förderung des unternehmerischen Verhaltens der Mitarbeitenden eingesetzt werden. Die Förderung des unternehmerischen Verhaltens zielt vor allem darauf ab, die Mitarbeitenden zu Mit-Unternehmer zu machen, die die Chancen und Risiken teilen sowie entsprechend verantwortungsbewusst handeln. Bei 32 Unter­nehmen hatte die variable Vergütung zum Ziel, die Motivation zu steigern.

Ergänzend wurden die Unternehmen nach den positiven, beobachtbaren Auswirkungen gefragt. Die Resultate zeigen, dass die Förderung des unternehmerischen Ver­haltens der Mitarbeitenden das meistgenannte Ziel war. Bei 39 Unternehmen konnte nach der Einführung des variablen Anteils eine positive Auswirkung des unternehmerischen Verhaltens beobachtet werden. An zweiter Stelle der genannten Ziele stand die Motivationssteigerung im Unternehmen. Nur halb so viele Unternehmen konnten tatsächlich eine Motivationssteigerung beobachten. Als weitere positive Auswirkungen wurde eine höhere Zufriedenheit der Mitarbeitenden, eine bessere Leistung der Mitarbeitenden und eine stärkere Bindung der Mitarbeitenden an das Unternehmen erwähnt.

Im Direktvergleich wurde untersucht, wie viele Unternehmen, die einen Aspekt als Ziel bei der Einführung von variabler Vergütung genannt haben, diesen Aspekt dann auch tatsächlich als positive Auswirkung beobachten konnten (vgl. Abbildung 4).

Abbildung 4 zeigt, dass rund 32 Unternehmen eine Motivationssteigerung ihrer Mitarbeitenden zum Ziel hatten, aber nur die Hälfte davon konnte tatsächlich auch eine solche Steigerung wahrnehmen. Die grösste Differenz (42 %) zwischen Ziel und Auswirkung gibt es beim Aspekt «Bessere Leistung der Mitarbeitenden»; die grösste Übereinstimmung (73 %) bei «Förderung des unternehmerischen Verhaltens der Mitarbeitenden».

Schlussendlich wurden nebst den positiven auch nach den negativen Auswirkungen eines variablen Anteils im Vergütungssystem gefragt. Bei den beobacht­baren negativen Auswirkungen ist auffallend, dass rund die Hälfte der Unternehmen (52,1 %) angibt, keine negativen Auswirkungen erkennen zu können. Von jeweils zirka zehn Unternehmen wird genannt, dass das Vergütungssystem von den Mitarbeitenden als ungerecht beziehungsweise intransparent wahrgenommen wird, eine Zunahme von Missgunst zu erkennen ist und dass die Vorgesetzten in Zielvereinbarungen zu gut beurteilen, um Diskussionen mit ihren Mitarbeitenden zu vermeiden. Bei anderen negativen Auswirkungen wird erwähnt, dass sich die Mitarbeitenden teilweise zu stark auf die vorgegebenen Ziele fokussieren, während andere Aufgaben vernachlässigt werden, dass Bonuszahlungen mit der Zeit als selbstverständlich angesehen werden und sich eine Gewöhnung an eine bestimmte variable Betragshöhe stattfindet.

Am Ende des Fragebogens wurden die Unternehmen nach Herausforderungen und Problemen in Zusammenhang mit ihrem variablen Vergütungssystem gefragt. Eine inhaltliche Analyse der Antworten zeigt, dass viele Aspekte genannt werden, die bereits an anderen Stellen des Fragebogens aufgetaucht sind. Dazu gehören sowohl Themen wie die Transparenz des Vergütungssystems als auch einer gerechten, objektiven Mitarbeiterbeurteilung.

Ausserdem wird genannt, dass eine Erwartungshaltung bei den Mitarbeitenden entsteht und eine Nichtausbezahlung von variabler Vergütung eine stark demotivierende Wirkung hervorrufen kann. Besonders die Diskrepanz von Selbst- und Fremdeinschätzung der Leistung führt dazu, dass der variable Anteil eher als Demotivator denn als Motivator wirkt. So wurde auch erwähnt, dass Mitarbeitende häufig den Eindruck hätten, ihr Engagement werde nicht entsprechend gewürdigt. Die verstärkte Berücksichtigung der Transparenz ist ein entscheidender Faktor, um faire Verhältnisse zu schaffen, die als solche erkannt und auch empfunden werden.

Zusammenfassung

Die Diskussion um variable Vergütungselemente bei KMU wird auch in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Der Praxisbericht gibt einen ersten Überblick variabler Vergütungssysteme der KMU der deutschsprachigen Schweiz. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass offenbar schon ein grosser Teil der KMU einen variablen Vergütungsanteil nutzt. Als zentrales Argument für die Einführung einer variablen Vergütungskomponente wurde angeführt, dass diese die Ziele und Interessen der Mitarbeitenden mit denen der Organisation besser in Einklang bringen soll. Ergänzend sollen diese zur Leistungsmotivation beitragen und eine höhere Bindung der Mitarbeitenden an das Unternehmen schaffen.

Allerdings deuten die Ergebnisse des Praxisberichts auch darauf hin, dass die erwünschte Anreizwirkung bei den be­fragten Unternehmen offensichtlich zu einem grossen Teil nicht erreicht werden konnte. Die Kopplung von Leistung und Entlohnung besitzt immer auch ein subjektives, emotionales Element. Und der Erfolg eines Vergütungssystems liegt daher nicht allein in den dafür eingesetzten Instrumenten, sondern wird ebenso von der fairen und transparenten Umsetzung der Prozesse beeinflusst. Eine vertiefte Untersuchung über die massgeblichen Einflussfaktoren zur erfolgreichen Einführung und Umsetzung eines variablen Lohnsystems ist in einem nächsten Schritt anzustreben.