Finanzen & Vorsorge

Versicherungsberatung

Welche Beratungsleistungen am meisten gefragt sind

Vermittler von Versicherungslösungen tragen gegenüber ihren Kunden eine grosse Ver­antwortung. Denn der Versicherungsabschluss kann weitreichende Konsequenzen haben, vor allem in den Bereichen Krankenversicherung und Vorsorge. Der Beitrag zeigt, wie eine gute Beratung bei Versicherungsabschlüssen aussehen sollte.
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Guter Rat ist teuer – trifft das auch für den Versicherungsabschluss zu? Nicht unbedingt. Teuer muss der Rat nicht sein, aber eine ungenügende oder falsche Beratung kann für die Versicherten hohe Kosten nach sich tragen. Deshalb ist eine umfassende Bedarfsanalyse unerlässlich. Dabei ist auch dem individuellen Wissensstand der Kunden Rechnung zu tragen. Auf die einzelnen Punkte muss je nach Vorwissen ausführlich oder kürzer eingegangen werden, wobei die Risikoaufklärung unabhängig vom Wissensstand immer detailliert gemacht werden muss. Dies nicht nur zum Schutz des Kunden, sondern auch des Beraters und seiner Firma.

Während die Kunden im Nichtlebensbereich über ein besseres Wissen verfügen und meist langjährig betreut werden, besteht bei Krankenversicherungen, Lebensversicherungen und im Vorsorge­bereich ein grosser Beratungsbedarf. Die über die Grundversicherung der Krankenkasse hinausgehenden, freiwilligen Zusatzversicherungen sind vielfältig, und die Bedürfnisse der Versicherten ändern sich im Zeitablauf – von Schwangerschaft, Invalidität bei Kindern und Zahnspangen über Sportverletzungen und Auslandaufenthalte bis hin zu Alters- und Pflegeleistungen sowie bezahlbaren Spitalversicherungen im Alter. Mit den höchsten Kosten verbunden ist die Spitalzusatzversicherung, bei der die Versicherten wählen, ob sie bei einem Spitalauf­enthalt in der halbprivaten oder privaten Abteilung behandelt werden wollen.

Regelmässige Analyse 

Die Situation muss regelmässig überprüft werden, nicht zuletzt, weil im Gegensatz zur Grundversicherung für die Zusatzversicherungen keine Aufnahmepflicht besteht und ein Wechsel ab einem bestimmten Alter oder bei einem schlechteren Gesundheitszustand kaum mehr möglich ist. Im Unterschied zu Nichtlebensversicherungen, wo der Kundenkontakt regelmässig gepflegt wird, sehen viele Krankenkassenkundinnen und -kunden aber jahrelang keine beratende Person ihrer Krankenkasse.

Auch im Vorsorgebereich hapert es. Da die Renten aus AHV und Pensionskasse oft nicht alle Bedürfnisse im Alter ab­zudecken vermögen, ist Mitdenken und selbstverantwortliches Sparen seitens der Versicherten gefragt – und eine gute Vorsorgelösungsberatung ist besonders wichtig. Die Konsequenzen einer ungenügenden oder lückenhaften Vorsorgedeckung können gravierend sein, nicht nur für die Versicherten selbst, sondern im Todesfall auch für ihre Hinterbliebenen. Dabei werden im Vorsorgebereich häufig Produkte mit einer langen Laufzeit abgeschlossen, aber die persönlichen – und sich ändernden – Verhältnisse werden danach oft nicht mehr überprüft.

Bank versus Versicherung

In der dritten Säule ist zwischen Banken- und Versicherungslösungen zu unterscheiden. Bankprodukte bieten mehr Flexibilität, Versicherungslösungen mehr Schutz. Der Entscheid, in welches Produkt investiert wird, muss im Kontext des Gesamtvermögens, der individuellen Bedürfnisse und der Gesamtkosten einer Anlagelösung erfolgen. Dabei gilt die Faustregel: Je mehr Aktien, desto höher die Risiken, sprich Wertschwankungen, denen das Portfolio unterliegen kann.

Im Gegenzug besteht die Möglichkeit, eine gewisse Rendite zu erzielen, was mit dem technischen Zins von neu 0,05 Prozent und tiefen bis inexistenten Überschüssen kaum möglich ist. Hinsichtlich Kapitalbezug und steuerlicher Abzugsfähigkeit gelten bei beiden Varianten die gleichen gesetzlichen Vorschriften – in Bezug auf andere Aspekte, vor allem erbrechtliche, gibt es grosse Unterschiede.

Bei Banklösungen kommt das gesamte eingesetzte Kapital der Altersvorsorge zugute; Versicherungsprodukte umfassen einen Versicherungsschutz, dessen Kosten vom Kapital abgezogen werden. Bei Versicherungen, die einen Risikoschutz für Erwerbsausfall, Invalidität und Todesfall beinhalten, besteht in der Regel ein jährlicher Einzahlungszwang. Dieser Sparzwang kann aber für die Kunden ein Vorteil sein, da somit regelmässige Einzahlungen geleistet werden. Bei Erwerbsausfall oder Invalidität übernimmt die Versicherung im Rahmen der Prämienbefreiung die weitere Einzahlung der Beträge, sodass das Sparziel auf jeden Fall erreicht wird. 

Der Saldo von 3a-Bankkonten fällt in die Erbmasse und wird gemäss Erbrecht aufgeteilt. Versicherungskapitalien erlauben die privilegierte Begünstigung von Ehegatten, Konkubinatspartnern oder Kindern, und sie werden – im Gegensatz zu einer Banklösung – auch bei Ausschlagung einer Erbschaft aufgrund von Schulden des Erblassers entrichtet, da sie nicht in die Erbmasse fallen. In diesem Sinne kennen Versicherungslösungen auch ein Konkursprivileg, dies alles zum Schutz der Hinterbliebenen.

Mehr Beratungsbedarf

Auch beim Abschluss von Lebensversicherungen wurde der Beratungsbedarf in den letzten Jahren grösser. Früher konnten die entsprechenden Risikokosten durch die Zinsen auf dem Sparteil gedeckt und Überschüsse erzielt werden. Das ist im heutigen Niedrigst- und Negativzinsumfeld nicht mehr möglich, sodass der Kunde im Erlebensfall weniger erhält, als er eingezahlt hat. Im Lebensversicherungsbereich immer populärer werden fondsgebundene Lösungen – mit weniger Garantieleistungen und dafür mehr Renditemöglichkeiten.

Am grössten ist die Nachfrage nach Be­ratung zu Vorsorge- und Altersthemen sowie zu Invalidität, Krankheit und Tod. Vor allem die Altersvorsorge hat in den letzten zehn Jahren an Bedeutung gewonnen; das Bewusstsein der Kunden zu diesem Thema ist gestiegen, aber gleichzeitig wurden die Produkte komplexer und liefern weniger garantierte Rendite. Der Versicherungsvermittler oder die Finanzberaterin müssen den Kundinnen und Kunden eine detaillierte Kosten-Nutzen-Aufklärung bieten.

Damit sie das tun können, ist eine umfassende Ausbildung erforderlich (zert. Versicherungsvermittler VBV, besser jedoch dipl. Finanzberater IAF, oder eine weiterführende Ausbildung), und die Beratenden müssen ihr Wissen stets auf dem neusten Stand halten. Das Cicero-Register gibt hier Aufschluss über die Ausbildung und Weiterbildungen der Versicherungsberater sowie über aktuelle Produkteschulungen von Gesellschaften und Arbeitgeber.

Ein besonderes Augenmerk müssen Be­rater auch auf die Erwartungen der Kunden werfen. Einerseits tendieren manche Kunden dazu, sich vielleicht von hohen Leistungen oder Gewinnerwartungen blenden zu lassen, sind sich der eingegangenen Risiken aber nur teilweise bewusst. Andererseits verstehen viele Kunden jedoch, dass sie bei hohen Garantien keine Rendite erwarten können.

Die Haftungsfrage

Und welche Rechte haben Kunden, wenn ihnen etwas Falsches verkauft wurde? Zum Beispiel eine Risikolebensversicherung für kinderlose Singles, oder eine Unfallversicherung, obwohl dieses Risiko über den Arbeitgeber abgedeckt ist? Beim Versicherungsabschluss über einen gebundenen Vermittler (Agenten), der in einer wirtschaftlichen oder rechtlichen Abhängigkeit zu einem oder mehreren Versicherungsunternehmen steht, haftet die Versicherungsgesellschaft (Art. 34 VVG) für seine Beratungsfehler. 

Ungebundene Vermittler (Broker oder Makler) sind nicht an ein oder mehrere Versicherungsunternehmen gebunden, und sie sind von einzelnen Versicherern wirtschaftlich und rechtlich unabhängig. Sie haften im Rahmen ihres Brokermandats selbst und müssen eine Berufshaftpflichtversicherung über mindestens zwei Millionen Franken abschliessen.

Im Schadensfall ist die Situation in der Praxis jedoch nicht immer klar. Versicherer können auch auf gebundene Vermittler Regress nehmen, und auch bei ungebundenen Vermittlern kann die Berufshaftpflichtversicherung geltend machen, es bestehe primär eine Haftung des Versicherers. Oder es kann bei einer fehlerhaften Kündigung nicht mehr eruiert werden, in wessen Auftrag sie erfolgt ist, wenn keine neuen Versicherungsprodukte abgeschlossen wurden.

Digital und analog

Die Pandemie hat der Digitalisierung einen kräftigen Schub verliehen, und die Akzeptanz in der Bevölkerung für digitale Dienstleistungen – und im medizinischen Bereich digitale Konsultationen – ist deutlich gestiegen. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen und beschleunigen, entsprechende Modelle werden auch durch finanzielle Anreize gefördert.

Versicherungsunternehmen und Krankenkassen können den persönlichen Beratungsaufwand durch digitale An­gebote, benutzerfreundliche Apps und Chatbots reduzieren, aber nur bei Standardprodukten wie Versicherungen für Auto, Hausrat, Haftpflicht oder die Krankenkassengrundversicherung.

Für Krankenpflege-Zusatzversicherungen und Vorsorgelösungen hingegen bleibt der Beratungsbedarf unverändert hoch und muss im Rahmen einer ganzheitlichen persönlichen und finanziellen Betrachtung erfolgen. 

Einer der wichtigsten Aspekte beim Versicherungsabschluss ist und bleibt dabei eine unabhängige Beratung, damit die Kunden professionell und vollumfänglich informiert werden und Zugang zu allen Versicherungslösungen haben.

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