Finanzen & Vorsorge

Vermögensverwaltung

Warum ein Vorsorgeauftrag auch für Unternehmer Sinn macht

Eine zentrale Aufgabe jedes Unternehmers ist die Minimierung der Risiken. Die Thematisierung von Risiken wie Krankheit, Invalidität und Tod ist seit jeher Teil der Vermögensberatung. Das Risiko, infolge eines Unfalls, wegen schwerer Erkrankung oder Altersschwäche urteilsunfähig zu werden, wurde jedoch in der Vergangenheit häufig stiefmütterlich behandelt.
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Per 1. Januar 2013 löste das Kindes- und Erwachsenenschutzrecht das bisherige Vormundschaftsrecht ab. Zu den wichtigsten Änderungen des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Art. 360 – 455 ZGB) diesbezüglich zählen die Einführung von Fachbehörden, behördliche Massnahmen nach Mass, die Stärkung der Solidarität in der Familie und die Förderung des Selbstbestimmungsrechts. Dieses kann in Form des Vorsorgeauftrags wahrgenommen werden.

Einsetzung eines Beistands

Falls kein Vorsorgeauftrag vorliegt und die Massnahmen von Gesetzes wegen nicht ausreichen, ordnet die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) eine Beistandschaft an (siehe Abbildung). Das Gesetz unterscheidet für eine bedarfs­gerechte Rechtsfürsorge zwischen der Begleitbeistandschaft, der Vertretungsbeistandschaft (z. B. für die Vermögensverwaltung), der Mitwirkungsbeistandschaft bzw. einer Kom­bination davon und der umfassenden Beistandschaft.

Für die vorgesehenen Aufgaben ernennt die KESB einen Beistand oder eine Beiständin. In vielen Fällen wird dieser Mandatsträger eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter der Amtsbeistandschaft / Sozialdienst sein. Ein Beistand oder eine Beiständin vollzieht die angeordneten Massnahmen unter Aufsicht der KESB. Er bzw. sie hat Rechnung zu führen und der Behörde mindestens alle zwei Jahre Rechenschaft abzulegen. In Bezug auf die Verwaltung des Vermögens einer urteilsunfähigen Person ist die Anlageverordnung des Bundesrats einzuhalten, die Anlagen nur in engen Bandbreiten erlaubt (grundsätzlich festverzinslich, unter gewissen Voraussetzungen bis höchstens 25 Prozent Aktienanteil). Ferner verlangen das Gesetz und die Anlageverordnung für bestimmte Geschäfte und Anlagen jeweils die Zustimmung der KESB. Mit vorgängiger Errichtung eines umfassenden und gültigen Vorsorgeauftrags werden eine Beistandschaft und die damit verbundene behördliche Mitwirkung vermieden.

Der Vorsorgeauftrag

Mit dem Vorsorgeauftrag kann rechtzeitig bestimmt werden, durch wen und wie man im Falle der Urteilsunfähigkeit betreut werden will. Die Betreuung kann die Personensorge und /oder die Vermögenssorge wie auch die Vertretung im Rechtsverkehr umfassen. Nach dem Verlust der Urteilsfähigkeit wird die im Vorsorgeauftrag bezeichnete Person durch die KESB in ihre Funktion eingesetzt. Eine permanente Aufsicht durch die Behörde unterbleibt anschliessend.

Die Personensorge umfasst insbesondere die Betreuung und die Sicherstellung eines geordneten Alltags. Dazu gehören zum Beispiel die Regelung der Wohnsituation des Auftraggebers (z. B. Entscheid über Unterbringung) sowie die Veranlassung aller für die Gesundheit notwendigen Massnahmen (falls hierzu keine Patientenverfügung vorliegt). Demgegenüber verwaltet die mit der Vermögenssorge betraute Person das gesamte Vermögen und vertritt die urteilsunfähige Person in allen vermögensrechtlichen Angelegenheiten. Während in einfachen Verhältnissen die Personen- und Vermögenssorge einer einzigen Person anvertraut werden kann, kann es in komplexeren Fällen durchaus Sinn machen, die Aufgaben auf verschiedene Personen aufzuteilen.

Unternehmung – Unternehmer

In der Beratung von Unternehmern ist zu berücksichtigen, dass nicht alle Bedürfnisse mittels Vorsorgeauftrag geregelt werden können. Der Unternehmer hat zwei Ebenen zu unterscheiden: einerseits seine persönliche (das heisst die Privatperson als Unternehmer) und anderseits die seiner Unternehmung, die er nicht mit seinem Vorsorgeauftrag regeln kann. In der Unternehmung ist mit anderen Massnahmen sicherzustellen, dass der operative Betrieb bei Wegfall einer wichtigen Person aufrechterhalten bleibt (Business Continuity Management). Es liegt in der Verantwortung des Verwaltungsrats beziehungsweise des CEO, hier die richtigen Vorkehrungen zu treffen.

Die Rechtsform der Gesellschaft spielt für die Beurteilung, inwieweit mittels ei­nes Vorsorgeauftrags Regelungen für die Vertretung des urteilsunfähigen Unternehmers getroffen werden können, eine gros­se Rolle. Im konkreten Fall sind die massgebenden gesetzlichen Vorschriften und Gesellschaftsformen sowie die Ausgestaltung der Statuten bzw. der Gesellschaftsverträge und weitere gesellschaftsrechtliche Verträge zu beachten.

Nebst den rechtlichen Rahmenbedingungen ist aber natürlich auch mittels geeigneter Organisation der operative Betrieb der Unternehmung aufrechtzuerhalten, was selbstredend in einem Vorsorgeauftrag nicht geregelt werden kann.

Mitwirkungsrecht sicherstellen

Der Vorsorgeauftrag bietet sich dem Unternehmer nebst gesellschafts- und vertragsrechtlichen sowie organisatorischen Lösungen jedoch als zusätzliches Instrument für die Risikominimierung und Nachfolgeplanung an, wenn es darum geht, dass seine Mitwirkungsrechte im Unternehmen ohne grossen Zeitverzug wahrgenommen werden können. Sowohl für eine vorübergehende als auch für eine dauernde Urteilsunfähigkeit kann der Unternehmer für sich selber und in Teilen für seine Unternehmung im Vorsorgeauftrag festlegen, wer die vermögensrechtlichen Befugnisse an seiner Stelle wahrzunehmen hat.

Je nach Konstellation kann der Unternehmer zum Beispiel bestimmen, wer ihn als Gesellschafter oder Aktionär an Gene­ralversammlungen oder in anderen Gremien vertreten soll. Er hat insbesondere die Möglichkeit, Weisungen bezüglich der Ausübung von Stimmrechten zu erteilen. Ferner steht es dem Unternehmer frei, auch personelle Vorschläge für die Besetzung der von ihm in der Unternehmung innegehabten Funktionen vorzu­geben. Abhängig von der jeweiligen Konstellation hat der Unternehmer das Recht, den (vorübergehenden) Nachfolger im Verwaltungsrat festzulegen. Mit einem Vorsorgeauftrag kann schliesslich die betriebliche Kontinuität oder allenfalls eine geordnete Liquidierung oder sinnvolle Fusion gewährleistet werden. Die Richtlinien und Weisungen für grundlegende Geschäftsentscheide müssen selbstverständlich wohlüberlegt sein.

Wahl der Beauftragten

Wie bei allen Personalentscheiden gilt: Die Wahl der «richtigen» Person ist entscheidend. Es ist sorgfältig abzuwägen, welche Personen für welche Aufgaben eingesetzt werden sollen. Tendenziell sind Fachleute, zum Beispiel aus dem Umfeld der Unternehmung, einzusetzen, damit die erforderlichen Kenntnisse über die Strategie und die Prozesse eine Kontinuität sicherstellen.

Grundsätzlich geht es darum, dass jeder Beauftragte die entsprechende Erfahrung für die ihm zugedachte Aufgabe mitbringt, wobei auch juristische Personen in Betracht gezogen werden können. Vor allem in Bezug auf die Unternehmung ist es ratsam, die Wahl der Beauftragten und die ihnen erteilten Richtlinien und Weisungen in regelmässigen Abständen zu hinterfragen und notfalls an die neue Situation anzupassen.

Es ist zudem zu empfehlen, für unternehmerische Aufgaben und für das Privatvermögen unterschiedliche Personen zu bestimmen. Die Vermögenssorge für private Wertschriften und Liegenschaften verlangt andere Kompetenzen und ist daher sinnvollerweise anderen Personen anzuvertrauen.

Sobald die zuständige KESB Kenntnis von der Urteilsunfähigkeit erhält, prüft sie den Vorsorgeauftrag auf seine formelle Gültigkeit und die Eignung des Beauftragten. Nach der Prüfung erlässt sie eine Fest­stellungsverfügung, auch Validierung genannt. Mit dieser kann sich der Beauftragte bei Dritten legitimieren und seine Aufgabe selbstständig wahrnehmen. Die KESB schreitet nur ein, wenn die Interessen der Auftrag gebenden Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt sind.

Vorsorgeauftrag als Instrument

Wie im Unternehmen gilt es auch für den Vorsorgeauftrag, Entscheide gut überlegt zu treffen. Habe ich für meine Personensorge, die Vorsorge für mein Privatvermögen und mein Unternehmen die besten Personen gewählt? Führen meine Anweisungen und Richtlinien zu den gewünschten Lösungen für mein Unternehmen? Zudem empfiehlt es sich, immer Ersatzverfügungen zu treffen für den Fall, dass die primär bezeichnete Person von der KESB als nicht geeignet erachtet wird, den Auftrag nicht annimmt oder ihn kündigt. In diesem Fall müsste die KESB eine Beistandschaft errichten, verbunden mit den eingangs erwähnten behördlichen Aufsichts- und Bewilligungspflichten.

Mit einem gültigen und alle Bereiche vollständig umfassenden Vorsorgeauftrag kann sichergestellt werden, dass sich bei Eintritt der Urteilsunfähigkeit selbst ausgewählte geeignete Personen ohne behördliche Mitwirkung um private und geschäftliche Belange sorgen werden.

Ein einmaliger Akt der KESB (Validierung) lässt den Vorsorgeauftrag wirksam werden und legitimiert alle Beauftragten, für die urteilsunfähige Person rechtsgültig zu handeln. Der Vorsorgeauftrag stellt daher gerade bei Unternehmern ein wichtiges Instrument dar, um die Vorsorge für sich selbst wie auch in Bezug auf seine Unternehmung zu regeln. Detaillierte Anordnungen in Bezug auf die Mitwirkungsrechte im Unternehmen und die Möglichkeit, solche durch die beauftragten Personen rasch wahrzunehmen, sind für ein Unternehmen von grösster Bedeutung.

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