Finanzen & Vorsorge

Vorsorgen und finanzieren III

Unternehmertum: Übernehmen statt gründen

Firmenübernahmen kommen oft nicht zustande, weil sie die finanziellen Möglichkeiten der Führungskräfte sprengen. Eine wichtige Rolle übernehmen hier Schweizer Private-Equity-Firmen, die sich als langfristig orientierte Finanzierungspartner verstehen. Der Beitrag zeigt ein Beispiel, wie eine solche Rolle langfristig und nachhaltig ausgefüllt wird.
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Die unzähligen Start-up-Initiativen und -Finanzierungsprogramme vermitteln den Eindruck, die Firmengründung sei der einzige Weg zum Unternehmertum. Ein Blick auf die Statistik relativiert das Bild. Den jährlich rund 40 000 neu gegründeten Firmen stehen über 600 000 etablierte Unternehmen gegenüber. Und darunter sind nicht wenige, die einen Käufer suchen – sei es im Rahmen von aus­ser­familiären Nachfolgeregelungen oder von Firmenausgliederungen aus grös­seren Konzernen. 

Bewährtes weiterführen

Wer also nicht bei null beginnen und von Grund auf Produkte oder Dienstleistungen entwickeln und die dazugehörige Wertschöpfungskette aufbauen will, sollte übernehmen, anstatt zu gründen. Das Weiterführen von Unternehmen mit solider Basis, die sich über verschiedene Marktzyklen hinweg bewährt haben und Wachstumspotenzial aufweisen, ist ein valabler alternativer Weg ins Unternehmertum. Zudem dient er der Schweizer Wirtschaft, denn bestehende Arbeitsplätze bleiben erhalten und der Werkplatz Schweiz wird gestärkt. 

Bei Nachfolgeregelungen erfolgt die Übergabe allerdings bislang erst in zwei von zehn Fällen an unternehmensinterne Käufer (Management-Buy-out). In vier von zehn Fällen wird das Unternehmen an unternehmensexterne Käufer veräus­sert (Management-Buy-in). Nicht selten kommen Firmen so in ausländische Hände. Dadurch steigt das Risiko der Verlagerung von Arbeitsplätzen in andere Länder, womit hierzulande Wertschöpfung und Know-how verloren gehen. 

Dass Firmen bisher eher selten durch bestehende Führungskräfte übernommen werden, liegt kaum an zu wenig Mut oder mangelnden unternehmerischen Fähigkeiten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass eine Firmenübernahme oft die finanziellen Möglichkeiten der Führungskräfte sprengt. Und selbst wenn sie das er­forderliche Kapital aufbringen können, fehlen in der Folge die Mittel, die Firma nachhaltig weiterzuentwickeln. 

Beispiel Private Equity  

Eine wichtige Rolle übernehmen hier Schweizer Private-Equity-Firmen, die sich als langfristig orientierte Finanzierungspartner von Schweizer KMU verstehen. Als aktive Investoren nehmen sie Einsitz im Verwaltungsrat und bringen so strategische Erfahrung und ihr Netzwerk ein. Ein praktisches Beispiel macht dies deutlich.

Die 1903 im Kanton Freiburg gegründete Condis AG ist Marktführerin in der Entwicklung und Produktion von Hochspannungskondensatoren für öffentliche Infrastrukturen auf der ganzen Welt. 2003 war das Traditionsunternehmen an einen amerikanischen Konzern verkauft worden, der Kondensatoren im Niederspannungsbereich herstellt. Nachdem sich die Synergien nicht im erhofften Ausmass einstellten, schob das Mutterhaus Investitionen in die Schweizer Tochter zunehmend auf und entschloss sich 2018, den Firmenteil zu veräussern. Für das Management in der Schweiz, das dem Unternehmen teilweise schon bis zu 30 Jahre die Treue gehalten hatte, war klar, dass Condis wieder in Schweizer Hand kommen sollte. Gleichzeitig nutzten sie die Chance, Miteigentümer zu werden, da sie von der Zukunftsfähigkeit der Firma überzeugt waren.

In der Anlagestiftung Renaissance haben sie einen Aktionär und Partner gefunden, der ihre langfristige und nachhaltige Entwicklung vollumfänglich unterstützt, und sie konnten Ende 2018 gemeinsam den Management-Buy-out realisieren. «Mit Renaissance an unserer Seite können wir zukunftsorientiert in Forschung und Entwicklung investieren und unsere Marktführerschaft weiter ausbauen», betont Per Dybwad, Executive Chairman von Condis. Für ihn eine unabdingbare Voraussetzung angesichts der Herausforderungen, die sich durch die Digitalisierung, den steigenden Energiebedarf, die Sicherung der Netzinfrastrukturen und die Reduktion des CO2-Ausstosses ergeben. 

Der Schritt des Managements ins Un­ternehmertum hat der Firma frischen Schwung verliehen. So hat Condis am angestammten Standort in Rossens inzwischen in eine neue Produktionshalle investiert, in der unter anderem ein modernes Versuchslabor eingerichtet wurde, das auch Kunden und Forschungspartnern offensteht. Überdies haben sie eine Service-Einheit gegründet, die Kunden über den reinen Verkauf der Hochspannungskondensatoren hinaus im Betrieb und Unterhalt ihrer Infrastruktur unterstützt.

Nachhaltiges Investment

Das Engagement bei Condis markiert für die Stiftung das erste Investment im Rahmen ihrer neu lancierten Anlagegruppe Renaissance Evergreen. Evergreen-Fonds verfügen über eine unbegrenzte Laufzeit. Dies im Gegensatz zu klassischen Private-Equity-Fonds, die eine im Voraus bestimmte Laufzeit haben und bis zu diesem Zeitpunkt die Beteiligungen weiterverkauft, das heisst, den Exit realisiert haben müssen. Das langfristige Engagement in etablierte, profitable KMU als stabile Anker- oder Mehrheitsaktionärin von Evergreen-Fonds steht im Einklang mit der langfristigen Ausrichtung der Schweizer Pensionskassen. Sie haben das Stiftungskapital zur Diversifikation des von ihnen verwalteten Vorsorgevermögens gezeichnet und erhalten eine jährliche Dividende, die sich aus den Nettoerträgen der Portfoliounternehmen ergibt.

Die Beteiligungen der Renaissance Evergreen werden zusätzlich einer jährlichen ESG-Analyse unterzogen, die zusammen mit dem Center for Corporate Social Responsibility der Universität Zürich ent­wickelt wurde. Durch ihre aktive Rolle im Verwaltungsrat fördert Renaissance Massnahmen zur Verbesserung der Nachhaltigkeitsbilanz ihrer Beteiligungen. 

Im Fall von Condis manifestiert sich dies beispielsweise in einer 40-prozentigen Reduktion des Stromverbrauchs der 21 Hochöfen, in denen die Hochspannungskondensatoren getrocknet werden. Dazu wurden die Anlagen modernisiert, das Management der Stand-by-Phasen sowie die Lüftung verbessert. Basis dafür bildete ein Projekt in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Technik und Architektur in Freiburg. Dies steht für gelebte Nachhaltigkeit, die der Umwelt, der Gesellschaft, dem Unternehmen und letztlich auch den Versicherten der Pensionskassen zugutekommt.

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