Finanzen & Vorsorge

Digitale Anlageberatung

Robo Advisory für Pensionskassen

Robo Advisory richtet sich bislang vor allem an kleinere Privatkunden. Aber die automatisierte Bewirtschaftung von Portfolios kann auch die Kosteneffizienz von Pensionskassen erhöhen. Bis sich erste Anbieter am Markt durchsetzen, müssen aber noch einige Hürden überwunden werden.
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Die Pensionskassen müssen Kosten sparen. Die demografische Entwicklung – die Alterung der Bevölkerung und die anstehende Pensionierung der Baby Boomers – stellt sie vor grosse Herausforderungen. Tiefe Zinsen drücken auf die Renditen vor allem festverzinslicher Anlagen. Die Pensionskassen sind in einem Zieldreieck von Risiko, Rendite und Kosten gefangen.

Hohe Kosten

Das Risiko kann wegen gesetzlicher Bestimmungen und der finanziellen Lage vieler Pensionskassen nur beschränkt verändert werden. Die Renditen leiten sich aus dem Umfeld an den Finanz- und Kapitalmärkten ab und sind nicht steuerbar.

Deshalb werden die Kosten für Pensionskassen und Sammelstiftungen immer relevanter. Und diese Kosten sind hoch – wobei die Vermögensverwaltungskosten der grösste Kostenblock einer Pensionskasse sind. Es wird schon einiges unternommen, um diese Kosten zu senken, aber noch nicht genug.

Die Frage stellt sich daher, ob die äusserst kosteneffizienten Robo Advisors, also die digitalen Anlageberater, die derzeit wie Pilze aus dem Boden schiessen, auch für Pensionskassen geeignet sind und zu signifikanten Kosteneinsparungen führen könnten.

Roboter statt Berater

Robo Advisory bezeichnet die computergesteuerte Bewirtschaftung von Portfolios, das heisst, die Konstruktion und das Rebalancing eines Portfolios werden durch intelligente Algorithmen bestimmt. Der Kundenberater fällt weg, da der Investor online und mit ein paar Klicks sein Risiko-Rendite-Profil erstellen und seine Anlagepräferenzen definieren kann. Robo-Aktienstrategien werden meist mit kotierten Indexfonds (Exchange Traded Funds, ETF) umgesetzt, da sie es ermöglichen, komplette Märkte quasi zum Nulltarif abzudecken. Es gibt jedoch auch Anbieter, die eine Titelselektion aus einem bestimmten Anlageuniversum zulassen.

Das Robo Advisory hat in den letzten Jahren einen veritablen Boom erlebt, zumindest lässt dies die Anzahl der neuen Anbieter von digitalen und computergesteuerten Anlagelösungen vermuten. In den USA sind die digitalen Anlageberater erfolgreicher als in Europa, und sie erleben – auch aufgrund kultureller Unterschiede im Anlageumfeld – jährliche Zuwachsraten im hohen zweistelligen Bereich. Doch dies- und jenseits des Atlantiks haben Anbieter digitaler Portfoliolösungen mit grossen Namen dank ihren etablierten Distributionskanälen gegenüber den Start-ups massive Vorteile.

Der US-Anbieter Betterment zum Beispiel wurde nur wegen der temporären Zusammenarbeit mit Fidelity Investments so gross. Unter den grössten Anbietern befinden sich: Schwab,Betterment und Wealthfront in den USA und Nutmeg in Grossbritannien. Ihre digital verwalteten Vermögen belaufen sich auf rund drei bis fünf Milliarden Dollar. Nur beim US-Fondsverwalter Vanguard sind es mit gegen 40 Milliarden Dollar deutlich mehr.

Viele neue Schweizer Anbieter

Von diesen Zahlen können hiesige Robo Advisors bislang nur träumen. Pionierin in der Schweiz war die Online-Vermögensverwalterin Nettobank – die mit dem Aus der Mutterbank Wegelin im Jahr 2012 jedoch geschlosssen wurde. Zu den Schweizer Anbietern gehören: VZ Vermögenszentrum, Descartes Finance, True Wealth, Swissquote mit einer E-Private-Banking-Lösung, GLKB Investomat, Moneypark, Fidelity Go. Fintech-Start-ups schiessen wie Pilze aus dem Boden.

Die durch Robo Advisors verwalteten Vermögen in der Schweiz sind noch gering und wohl weit von der Rentabilitätsgrenze entfernt. Die erfolgreichste Anbieterin Swissquote dürfte mit ihrem «E-Private Banking»-Roboter etwa 80 Millionen Franken verwalten. Doch Kooperationen wie die Partnerschaft von Postfinance und Swissquote könnten künftig den Markt aufmischen und zeigen, wie gross das Potenzial des Robo Advisory ist.

So hoch die Anzahl neuer Robo Advisors ist, so vielfältig ist ihr Angebot. Allen gemein ist, dass Portfolios, die durch Computer bewirtschaftet werden, tiefe Vermögensverwaltungskosten aufweisen. Betragen die durchschnittlichen Gebühren in der klassischen Vermögensverwaltung für kleinere Depots zwischen 1 und 1,5 Prozent, sind es mit Robo Advisory zwischen 0,25 und 0,75 Prozent. Fragen, die sich der Robo-Investor jedoch stellen muss, sind: Werden die ETF-Kosten vom Advisor transparent ausgewiesen? Hat der Anbieter des Robo Advisory eine Banklizenz, oder fallen noch Gebühren für die Depotbank an?

Vergleiche notwendig

Wie überall ist bei der Auswahl eines Anlageroboters ein genauer Vergleich der Leistungen und der Kosten notwendig. Der gleiche Algorithmus und die gleiche Fintech-Software, die bei zehn verschiedenen Banken oder Vermögensverwaltern im Einsatz sind, erhalten dort eigene Ausprägungen und Parametrisierungen. Das führt zu zehn verschiedenen Anlagevorschlägen. Oft nimmt die Bank die Parametrisierung der Software vor und hinterlegt die Produkte – aber meist nur aus dem Anlageuniversum der eigenen Bank.

Das birgt die Gefahr, dass Algorithmen für eigene Interessen, Margen und Gebühren «missbraucht» werden. Das Rendite-Risiko-Verhältnis wird vom Roboter optimiert, die Kosten jedoch nicht. Dennoch kann Robo Advisory die Kosten der Vermögensverwaltung massgeblich senken und eine deutliche Prozessverbesserung darstellen. Von dieser Möglichkeit sollten auch Pensionskassen profitieren, zumindest für einen Teil ihres Anlageportfolios. Doch tun sie das, und gibt es schon Robo-Advisory-Lösungen für Pensionskassen?

Zielgruppe Pensionskassen

Bislang wird Robo Advisory von Investmentmanagern als Absatzkanal für kleinere Privatkunden genutzt – auch als Ersatz für die Kundenberatung, die für dieses Kundensegment zu teuer wurde. Doch Robo Advisory wäre auch für Pensionskassen geeignet. Und für kleinere Vorsorgeeinrichtungen mit relativ hohen durchschnittlichen Vermögensverwaltungskosten wäre es geradezu prädestiniert. Denn entgegen oft gehörter Aussagen von Beratern von Pensionskassen ist das Programmieren von Algorithmen, die den Bedürfnissen institutioneller Anleger entsprechen, sehr wohl möglich.

Regulatorische Restriktionen und Anforderungen (BVV2) können problemlos berücksichtigt und umgesetzt werden. Und auch grosse Datenmengen für die kundenspezifische Bewirtschaftung der Aktiven und Passiven (ALM) können prozessiert werden. Es dürfte wenig sinnvoll sein, das gesamte Anlagevermögen einer Pensionskasse von einem Roboter verwalten zu lassen, da Vorsorgeeinrichtungen den Fokus auch auf übergeordnete Ziele wie künftige Verbindlichkeiten und Finanzierungszyklen richten müssen.

Aber Robo Advisory kann in bestimmten Anlagemodulen die Kosten signifikant senken sowie die Effizienz steigern. So kann sich eine Vorsorgeeinrichtung auch graduell mit diesem neuen Anlageprozess vertraut machen. In der Schweiz nutzt zurzeit einzig die Pensionskasse von Swissquote ihre hauseigene Robo-Plattform. In Amerika, wo das Vorsorgesparen weitgehend den Individuen überlassen ist und Anleger ein Brokerage-Umfeld gewohnt sind, sind unzählige Anwendungen im Einsatz.

Die grossen Robo Advisors in den USA hätten ohne die entsprechenden Vorsorgegelder nicht so schnell wachsen können. In Europa und in der Schweiz werden sich Anbieter von Pensionskassenlösungen erst durchsetzen, wenn die Robo-Systeme bewiesen haben, dass sie stabil und leistungsfähig sind, keinem Herdentrieb folgen und auch in einem akzentuierten Bärenmarkt die notwendige Performance liefern. Vielleicht noch schwieriger wird sein, Stiftungsräte und Anlagegremien dazu zu bringen, Kompetenzen teilweise abzugeben und bestehende Bankbeziehungen zu überprüfen. Erst dann können Pensionskassen durch die Nutzung von Robo Advisory signifikante Kosteneinsparungen erzielen.

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