Unter Freelancer versteht man erwerbstätige Personen, die Aufträge für ein oder mehrere Unternehmen ausführen, ohne dass sie Arbeitnehmende dieser Unternehmen sind. Andere verwendete Begriffe sind «Freischaffende», «Freiberufler» oder «freie Mitarbeitende». Für Unternehmen klingt das nach einer attraktiven Lösung, Personen für sich arbeiten zu lassen, ohne sie anstellen zu müssen.
Rechtliche Auslegung
Rechtlich unterscheidet man zwischen Auftrag, Werkvertrag und Arbeitsvertrag. Die Ausgestaltung der verschiedenen Rechtsverhältnisse macht deutlich, welche Vor- und Nachteile die Auftraggeber haben. Problematisch ist vor allem die Abgrenzung zwischen Auftrag und Arbeitsverhältnis.
Der Auftrag
Der Auftrag ist in Art. 394 ff OR geregelt. Der Beauftragte verpflichtet sich, die ihm übertragenen Geschäfte oder Dienste vertragsgemäss zu besorgen. Beispielsweise bei Leistungen von Ärzten, Architekten, Anwälten oder Treuhändern handelt es sich meist um ein Auftragsverhältnis. Der Beauftragte arbeitet eigenständig und ist nicht in die Betriebsorganisation des Auftraggebers eingebunden.
Der Arbeitsvertrag
Der Arbeitsvertrag ist in Art. 319 ff OR geregelt. Der Mitarbeitende ist typischerweise in die Betriebsorganisation des Arbeitgebers eingebunden und untersteht den Weisungen des Arbeitgebers. Zu einem Arbeitsverhältnis gehören zahlreiche arbeitsrechtliche Bestimmungen. Diese haben das Ziel, Arbeitnehmende zu schützen (Lohnfortzahlung, Kündigungsschutz, Höchstarbeitszeiten, Fürsorgepflicht, Sozialversicherungspflicht et cetera). Eine wichtige Unterscheidung zum Auftrag ist auch, dass ein Mitarbeitender grundsätzlich für die Arbeitszeit zu entschädigen ist, unabhängig davon, ob ein Arbeitsergebnis vorliegt und den Ansprüchen genügt.
Während ein Arbeitsvertrag immer mit einer natürlichen Person abgeschlossen wird, kann ein Auftrag auch an Unternehmen vergeben werden, wobei ein Unternehmen sowohl eine natürliche Person (zum Beispiel Einzelunternehmung, Kollektivgesellschaft) als auch eine juristische Person (beispielsweise AG, GmbH) sein kann.
Sozialversicherungsrechtliche Auslegung
Wie in der rechtlichen Auslegung festgestellt, sind Unternehmen bei der Auftragsgestaltung wesentlich freier als beim Arbeitsvertrag. Der Arbeitsvertrag bringt viele Verpflichtungen mit sich, die man vielleicht nicht eingehen möchte. Darüber hinaus besteht bei einem Arbeitsverhältnis die Pflicht, den Arbeitnehmenden zu versichern.
Handelt es sich beim beauftragten Unternehmen um eine juristische Person (AG, GmbH), ist diese für die Abrechnung der Sozialversicherungen der ausführenden Arbeitnehmenden verantwortlich, selbst wenn es sich um den Inhaber der Gesellschaft handelt. Der Auftraggeber ist somit von der Versicherungs- und Abrechnungspflicht befreit.
Ein Einzelunternehmer oder Personengesellschafter muss sich selbst versichern. Dies passiert über eine Anmeldung als Selbstständigerwerbender bei der zuständigen Ausgleichskasse. Erteilt man einen Auftrag an einen Selbstständigerwerbenden, dann liegt die Verantwortung der Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status für den Auftrag beim Auftraggeber.
Ein Beispiel
Ausgangslage: Der Auftraggeber, ein grösseres Beratungsunternehmen im Bereich der IT, beauftragt einen Einzelunternehmer damit, Support an die Kunden des Beratungsunternehmens zu erbringen. Das Auftragsverhältnis wird schriftlich festgehalten. Der Vertrag beinhaltet auch die Feststellung, dass der Auftragnehmer selbstständig tätig sei und seine Sozialversicherungen selbst abrechnet. Entsprechend stellt der Auftragnehmer regelmässig Rechnung an den Auftraggeber. Er verrechnet seine Stunden zum vereinbarten Stundensatz zuzüglich Mehrwertsteuer.
Anlässlich einer Arbeitgeberkontrolle beim Auftraggeber gelangt der AHV-Revisor zum Schluss, es handle sich nicht um einen Auftrag, sondern um ein Arbeitsverhältnis. In Folge rechnet die Ausgleichskasse des Auftraggebers die bezahlten Honorare in Lohn um und stellt dem Auftraggeber eine Nachrechnung über die entsprechenden AHV-Beiträge. Dies für die letzten bis zu fünf Jahre, inklusive Verzugszinsen. Da sich dadurch die AHV-Lohnsumme erhöht, folgen auch die übrigen Sozialversicherungen. Der Auftraggeber ist verpflichtet, diese Aufrechnung an die Unfallversicherung, eine allfällige Krankentaggeldversicherung und – falls die Eintrittsschwelle überschritten ist – auch an die Pensionskasse zu melden. Die so entstehenden Mehrkosten trägt vorerst der Auftraggeber.
Dieser fordert zumindest die Arbeitnehmerbeiträge vom vermeintlich selbstständigen Auftragnehmer zurück. Dieser weigert sich, sich an den Kosten zu beteiligen, schliesslich hat er bereits AHV-Beiträge als Selbstständiger, Mehrwertsteuern und Steuern auf diesem Einkommen bezahlt. Es entbrennt ein Streit, der die Geschäftsbeziehung zerstören und schlimmstenfalls vor Gericht enden kann.