Finanzen & Vorsorge

Vorsorgekapital

Pensionskassen im Tiefzinsumfeld

Die Entscheidungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zur Zinssenkung sowie den Mindestkurs von 1,20 Franken pro Euro aufzuheben, markierten den Beginn einer neuen Herausforderung für die Pensionskassen. Die Kosten für Liquiditätshaltung lassen sich als Kapitalverzehr direkt beziffern. Neugeld in Nominalwert ergibt zudem keinen Ertrag mehr.
PDF Kaufen

Am 15. Januar 2015 hat die Schweizerische Nationalbank den Mindestkurs von 1,20 Franken pro Euro aufgehoben. Zugleich senkte die SNB den Zins für Guthaben auf den Girokonten, die einen bestimmten Freibetrag übersteigen, um 0,5 Prozentpunkte auf −0,75 Prozent. Das Zielband für den Dreimonatslibor verschob sie weiter in den negativen Bereich von −0,75 Prozent bis 0,25 Prozent auf −1,25 Prozent bis −0,25 Prozent. Grundsätzlich bedeutet der Entscheid der Nationalbank, dass der direkte Ertrag der Geldmarkt- und Obligationenanlagen, aber generell auch weiterer Anlagekategorien abnimmt.

Anlagealternativen gesucht

Eine naheliegende Massnahme ist die Umschichtung dieser Anlagen in risikoreichere Anlagen. Das bedeutet zwangsläufig den Auf- oder Ausbau einer Anlageklasse. Eine der Stossrichtungen könnte hier die konsequente Erschliessung neuer Renditequellen sein, was im einfachsten Fall heissen würde, breiter zu diversifizieren. Im Obligationenbereich kann es sich durchaus lohnen, bei der anzustrebenden, breiteren Diversifikation möglichst unvoreingenommen gegenüber regulatorischen Kategorisierungen vorzugehen. Mit anderen Worten: Anlageformen mit Nominalwertcharakter, beispielsweise vorrangige besicherte Darlehen (Senior Loans) oder auch verbriefte Anleihen, sollten nicht per se ausgeschlossen werden, nur weil sie aufgrund der BVV2-Richtlinien als alternative Anlagen zu kategorisieren sind.

Auch bei der Umsetzung der Aktienquote bieten sich innovative Möglichkeiten. Dank risikobasierter Anlageformen oder entsprechender Strategien ist es durchaus realistisch, bei gleichem Aktienrisiko eine höhere Rendite anzustreben. Die Asga Pensionskasse hatte sich mit der Anlagestrategie 2011 entschlossen, die alternativen Anlagen zulasten der No­minalwerte auszuweiten. Dies vor dem Hintergrund, ein möglichst optimales Rendite- / Risikoverhältnis anzustreben. Die Aufstockung der alternativen An­lagen erfolgte hauptsächlich durch die Anlageklasse Hedge Funds. Das Hedge-Funds-Portfolio als Kernanlage ist so konstruiert, dass es bei negativen Zwischenfällen an den Finanzmärkten dämpfend wirkt. Dieser Effekt entsteht nur bei einer kräftigen Dotierung dieser Anla­geklasse. Weiter werden andere Realwerte wie Immobilien Schweiz und Ausland sowie Infrastrukturanlagen auf- und ausgebaut.

Richtet man den Fokus von der Aktivseite auf die gesamte Bilanz einer Pensionskasse, so müssen auch indirekte Folgen des Tiefzinsumfelds berücksichtigt werden. Diese haben zwar tendenziell längerfristigen Charakter, ihre Auswirkungen sind jedoch nicht weniger gravierend als jene auf der Anlageseite. Wenn man von einem langfristigen Niedrigzinsumfeld ausgeht, hat dies auch Auswirkungen auf die Parameter der Verpflichtungsseite. Der technische Zins der Pensionskasse muss den Gegebenheiten angepasst werden. Dieser Diskontsatz wird für die Bewertung der Vorsorgekapitalien der Rentner benutzt und zeigt die erwartete Rendite auf deren Rentnerkapitalien. Die Auswirkungen auf die einzelnen Vorsorgeeinrichtungen hängen wesentlich vom Verhältnis der Anzahl aktiv Versicherten zu Rentnern ab und tragen in entsprechendem Umfang auch zu einer Reduktion der notwendigen Sollrendite der Pensionskasse bei.

Ein weiterer Rückgang der zehnjährigen Zinsen führt unmittelbar zu einem niedrigeren Referenzsatz. Seitens der Pensionskassen besteht aufgrund der Empfehlung des Pensionskassenexperten ein «sanfter Druck», sich am Referenzsatz zu orientieren und allfällige Senkungen im Rahmen der Möglichkeiten vorzunehmen. Der technische Zins sinkt von gegenwärtig drei Prozent (Referenzzinssatz) auf eine der Vorsorgeeinrichtung angepassten Grös­se von 2,75 Prozent bis 1,5 Prozent.

Höhere Anlagerisiken

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass eine Zinssenkung mittelfristig einen positiven Einfluss auf die Verpflichtungsseite hat, da sie zu einem niedrigeren Renditeerfordernis, das heisst,  zu einer niedrigeren Sollrendite führt. Damit wird der Druck auf die Anlageseite zwar etwas gemildert, die grundsätzlichen Probleme eines von tiefen Zinsen geprägten Umfelds werden jedoch nicht gelöst. Wie sich die entsprechende Sollrendite zusammensetzt und mit welchem Anlagemix diese erreicht werden kann, lässt sich am sinnvollsten im Rahmen einer Asset-Liability-Analyse beurteilen. Bei der Umsetzung der langfristigen Anlageziele können innovative Produkte und individuell auf die Bedürfnisse der einzelnen Pensionskasse zugeschnittene Anlagelösungen helfen. Mittelfristig führt jedoch kein Weg an folgender Feststellung vorbei: Zur Erreichung der erforderlichen Sollrendite müssen tendenziell höhere Anlagerisiken in Kauf genommen werden. Bei der Bestimmung der Altersrente ei­nes Versicherten kommt der Umwandlungssatz (UWS) zum Tragen.

Demzufolge muss auch dieser angeschaut werden, denn der obligatorische, vom Bundesrat festgelegte Satz von 6,8 Prozent beinhaltet eine lebenslängliche Zinsgarantie von rund 4,5 Prozent an die neuen Altersrentner und birgt bei Nichterreichen einer solchen Rendite systemwidrige Transferzahlungen von den aktiv Versicherten zu den Rentnern. Der zu einem technischen Zinssatz von 2,5 Prozent «passende» bzw. mathematisch korrekte UWS für Männer im Alter 65 beträgt rund 5,4 Prozent. UWS, die über diesem Wert liegen, führen zu systematischen UWS-Verlusten zum Zeitpunkt der Pensionierung. UWS-Verluste sind jedoch eine systematische Umverteilung von den aktiv Versicherten hin zu den neuen Bezügern einer Altersrente, welche – so gut es geht – verhindert werden sollte. Die Reduktion des UWS kostet die Vorsorgeeinrichtung schnell einmal ein paar Prozentpunkte des Deckungs­grades. Das Gleichgewicht kann erreicht werden, wenn für Rentner und Aktive die gleiche «Zinsgarantie» besteht und beide über ein Beteiligungsmodell bei allfälligen Mehrerträgen partizipieren können.

Fazit

Im Tiefzinsumfeld haben Pensionskassen einen Paradigmawechsel zu vollziehen, denn mit der traditionellen Betrachtungsweise ist ein langfristiges Überleben nicht mehr möglich.