Finanzen & Vorsorge

Unternehmenssteuerreform

Nach USR III – Vor 2018 die stillen Reserven auflösen?

Firmen, die über ein kantonales Steuerruling verfügen, sollten sich bereits jetzt einen frei­willigen Verzicht auf diesen Sonderstatus überlegen. Vor allem die steuerliche Behandlung der stillen Reserven ist zu überprüfen. Das gilt auch für Unternehmen, die keine Spezial­abmachung haben.
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Das Scheitern der Unternehmenssteuerreform III (USR III) an der Urne am 12. Februar 2017 hat zu grosser Verunsicherung geführt. Die Schweiz steht unter Druck. Bis zum 1. Januar 2019 verbleibt nicht mehr viel Zeit, bis dann muss sie alle kantonalen Sondersteuerregimes für Holding- und Domizilgesellschaften abschaffen. Dazu hat sie sich international verpflichtet, wenn sie nicht wieder auf «schwarzen Listen» erscheinen will. Wegen der Ablehnung der USR III fehlen der Schweiz jetzt allerdings die notwendigen steuerlichen Instrumente, um auf die Aufhebung der Sonderregelungen zu reagieren. Zu diesem Thema ist nochmals die Politik gefordert.

Offenlegung von Steuerrulings

Bereits ab dem 1. Januar 2018 tauscht die Schweiz unabhängig vom Ergebnis der USR-III-Abstimmung Informationen über Steuerrulings mit ausländischen Partnerstaaten aus. Die Steuerbehörden geben ab diesem Zeitpunkt unter bestimmten Voraussetzungen Informationen zu Gesellschaften mit Sondersteuerstatus weiter, die in der Schweiz ansässig sind. Das entsprechende OECD-Amtshilfeübereinkommen ist Anfang 2017 in Kraft getreten. Die Weltwirtschaftsorganisation will damit erreichen, dass Unternehmen nicht durch künstliche Gewinnverlagerung in die Schweiz Steuern umgehen können.

Mit dem spontanen Informationsaustausch werden die Angaben nicht erst bei Ersuchen übermittelt, sondern bereits, wenn der übermittelnde Staat von einem möglichen Interesse des Partnerstaates ausgehen kann. Ursprünglich war geplant, dass nur Informationen zu steuerlich privilegierten Gesellschaften geliefert werden sollen. Nun werden auch Rulings an ausländische Behörden gemeldet, die eine einseitige Festlegung von Verrechnungspreisen betreffen oder Vereinbarungen umfassen, mit denen die Steuerbemessungsgrundlagen für das Unternehmen reduziert werden. Der Informationsaustausch gilt für Steuerrulings, die nach dem 1. Januar 2010 erlassen wurden und am 1. Januar 2018 noch in Kraft sind. Es bleibt also noch bis Ende 2017 Zeit, Vorkehrungen zu einem allfälligen Verzicht auf ein solches Ruling zu treffen.

Strafsteuern vermeiden

Nicht alle Unternehmen mit Steuerrulings sind betroffen. Der spontane Informationsaustausch gilt für Gesellschaften mit grenzüberschreitender geschäftlicher Tätigkeit, die teilweise im Ausland steuerpflichtig sind. Ein Beispiel: Hat ein italienischer Konzern in der Schweiz eine Holding-Tochtergesellschaft, so meldet die hiesige Steuerbehörde ihren Kollegen in Italien einen allfälligen steuerlichen Sonderstatus des schweizerischen Firmen­ablegers.

Die italienischen Behörden können dann bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung über ein Amtshilfegesuch Einsicht in Steuerunterlagen der Firma in der Schweiz verlangen. Verschiedene Staaten haben bereits Strafsteuern angekündigt, wenn bei ihnen aktive Unternehmen andernorts ihre Steuern optimieren. Als Folge davon könnte die Steuerrechnung für die Muttergesellschaft in Italien höher ausfallen und eine Strafsteuer verhängt werden.

Für Firmen mit kantonalem Sonderstatus empfiehlt es sich also bereits jetzt, einen freiwilligen Verzicht auf diese Spezialbehandlung zu prüfen und mögliche Kompensationen auszuloten. Das bringt nicht nur rasch Rechtssicherheit, sondern sie entgehen auch allfälligen Strafmassnahmen im Ausland.

Stille Reserven abschreiben

Eine Schlüsselfrage betrifft dabei den Umgang mit den stillen Reserven. Fällt die Sonderbehandlung und damit die Steuerreduktion weg, empfiehlt sich die Auflösung der stillen Reserven, noch bevor der höhere Steuersatz gilt. Das funktioniert so: Oft ist der tatsächliche Wert eines Unternehmens höher als sein Buchwert. Die Differenz entspricht den stillen Reserven. Sie unterliegen nicht den Steuern. Früher oder später werden sie jedoch aufgedeckt – etwa bei einem Verkauf oder einer Fusion des Unternehmens. Dann ergibt sich darauf ein zu versteuernder Gewinn.

Solange die stillen Reserven noch unter der Geltung des privilegierten Steuerstatus offengelegt werden, gilt auch für sie die besondere Behandlung. Nach Abschaffung des Steuerstatus unterliegen sie dem ordentlichen Steuersatz. In den Folgejahren, in denen die Firma der ordentlichen Besteuerung untersteht, kann sie die stillen Reserven abschreiben und so Steuern wieder einsparen. Diese Möglichkeit trifft natürlich nur für stille Reserven zu, die während der Gültigkeit des Sonderstatus angelegt worden sind.

Dabei ist unbedingt die steuerliche Behandlung der stillen Reserven in den einzelnen Kantonen zu berücksichtigen. Die meisten Kantone halten sich zwar noch mit einer offiziellen Stellungnahme zurück, wie sie damit umzugehen gedenken. Sie warten lieber den Zeitpunkt der Abschaffung der Steuerprivilegien ab. Aber einige Kantone wie Zürich oder Zug haben bereits vor der USR-III-Abstimmung Wegleitungen über die steuerlichen Aspekte eines Statuswechsels erlassen.

Steueranalyse sinnvoll

Auch für Unternehmen, die keinen Sonderstatus haben, ist die vorzeitige Überprüfung der steuerlichen Auswirkungen empfehlenswert. Einzelne Kantone haben im Vorfeld zur USR-III-Abstimmung Überlegungen angestellt, wie sie einer Abwanderung begegnen bzw. wie sie weiterhin ihre steuerliche Attraktivität aufrechterhalten wollen. Die Vorhaben werden wohl vorerst auf Eis gelegt, bis die Konturen einer neuen Lösung für die Unternehmenssteuerreform bekannt sind. Die Arbeit an einer neuen Reform läuft auf Hochtouren.

Der Bundesrat hat das Eidgenössische Finanzdepartement am 22. Februar 2017 beauftragt, bis zum Sommer die Eckwerte der neuen Vorlage zu unterbreiten. Dazu wurde ein Steuerungsorgan mit Vertretern der Kantone und der Verwaltung ins Leben gerufen. Parteien, Städte, Gemeinden und Verbände sollen noch im März angehört werden. Trotzdem ist nicht gewährleistet, dass die neue Unternehmenssteuerreform rasch vorliegen wird. Wie der weitere politische Prozess aussieht, ist unklar. Erst recht nicht abschätzbar ist, welche Massnahmen dann in welchem Zeitrahmen umgesetzt werden. Die Unternehmen müssen also noch einige Zeit mit der Rechtsunsicherheit leben. Sie sollten jedoch nicht so lange auf der Wartebank ausharren.

Möglichkeiten, bereits jetzt Vorkehrungen zu treffen, bieten auch hier die stillen Reserven. Wenn ein Kanton die Senkung des Gewinnsteuersatzes vorsieht, dann könnte es von Vorteil sein, vor der Steuersatzänderung noch stille Reserven zu bilden. Oder umgekehrt: Abbau der stillen Reserven, bevor die Steuern erhöht werden. Welches der richtige Weg ist, hängt von den Steuerregeln in den jeweiligen Kantonen ab. Es lohnt sich also in jedem Fall, jetzt eine detaillierte Steueranalyse vorzunehmen.

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