Finanzen & Vorsorge

Vorsorgefinanzierung (Teil 3 von 3)

Kosten sparen ist die sicherste Rendite

Pensionskassen können allein durch die Analyse der Kosten und das Verhandeln neuer Konditionen 5 bis 25 Prozent der Vermögensverwaltungskosten einsparen. Nur wer neben den Management- und Transaktionskosten auch die Haltekosten (Custody) kennt, kann das Sparpotenzial voll ausnutzen.
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Der für Pensionskassen und Sammelstiftungen zuständige Regulator will, dass die Kosten von Anlageprodukten – und insbesondere die Kosten von Kollektivanlagen – sichtbar und somit vergleichbar sind. Die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) verlangt seit gut zwei Jahren den Ausweis der Kosten in der Jahresrechnung. Stehen keine Kostenangaben zur Verfügung, müssen die Produkte im Anhang der Jahresrechnung als intransparent aufgeführt werden (Art 48a Abs. 3 BVV2). Diese Transparenzvorschriften haben zu der auf den ersten Blick paradoxen Situation geführt, dass viele Vorsorgeeinrichtungen in der Schweiz die effektiven Vermögensverwaltungskosten senken konnten, aber gleichzeitig weisen sie heute deutlich höhere Kosten aus als früher. Das ist kein Widerspruch, denn vor der Einführung der Transparenzrichtlinien wurden viele Kostenkomponenten nicht separat ausgewiesen.

Risikolose Zusatzrendite

Es gibt Pensionskassen, die den Kosten noch nicht genug Aufmerksamkeit schenken, mit dem Argument, die Kosten seien im Verhältnis zu den täglichen Schwankungen des Anlagevermögens vernachlässigbar tief. Doch immer mehr Kassen sind sich bewusst, dass die Vermögensverwaltungskosten beeinflussbar sind und somit ein risikoloses Mittel zur Verbesserung der Rendite darstellen können.

Sparpotenziale

Bereits durch die genaue Analyse der Kosten und das Verhandeln neuer Konditionen können 5 bis 25 Prozent der gesamten Vermögensverwaltungskosten eingespart werden – und das, ohne die Anlagestrategie zu ändern oder die Anbieter zu wechseln. Pro Jahr sind das für kleinere Pensionskassen und Sammelstiftungen schnell einmal mehrere Hunderttausend Franken, bei grossen Kassen liegt das Sparpotenzial in Millionenhöhe. Die Schweizer Pensionskassen verwalten zurzeit Vermögen von etwa 840 Mrd. Franken.

Ihre Vermögensverwaltungskosten belaufen sich jedes Jahr auf fast 4,5 Mrd. Franken; somit könnten sie jährlich insgesamt 220 Millionen bis 1,1 Mrd. Franken an Kosten einsparen (vgl. mit dem Artikel im «KMU Magazin» vom 29. Oktober 2015). Der grösste Anteil der Kosten fällt in der Vermögensverwaltung bei den Managementgebühren an. Aber auch die Transaktionskosten und die Haltekosten (Custody) können gesenkt werden. Diese drei Kostenblöcke umfassen über alle Anlagekategorien rund 150 verschiedene Kostenelemente.

Die Gebührensätze des Custody betragen zwei bis drei Basispunkte und sind somit sehr tief. Nur gerade 4,4 Prozent der gesamten Vermögensverwaltungskosten fallen auf das Custody (Quelle: Bericht des Bundesrats zuhanden der Bundesversammlung über die Zukunft der 2. Säule. Aus dem Entwurf vom 24. Dezember 2011). Deshalb geht es bei der Analyse der Haltekosten vor allem darum, die einzelnen Kosten zu eruieren und zu verstehen und somit Transparenz zu schaffen, nicht zuletzt, weil Custody-Gebühren oft mit anderen Kosten vermischt werden.

Abgrenzungsprobleme

Was umfasst das Custody und wie setzen sich die Kosten des Custody zusammen? Die Haltekosten sind diejenigen Kosten, die durch die Aufbewahrung der Vermögensanlagen und das Erfüllen der regulatorischen Anforderungen entstehen. Ein Wertschriftenverwalter (Custodian) bietet Dienstleistungen wie die Verwahrung der Titel und der Anteilsscheine sowie die Bearbeitung von Zins- und Dividendenzahlungen an. Er administriert aber auch steuerliche sowie regulatorische Kompo-
nenten der Vermögensverwaltung wie die Rückforderung von Quellensteuern, das Führen einer Wertschriftenbuchhaltung und das Anlagecontrolling.

Wie bei den Management- und den Transaktionskosten kann auch beim Custody zwischen expliziten und impliziten Kosten sowie Ineffizienzen und Opportunitätskosten unterschieden werden. Die expliziten Kostenelemente werden transparent ausgewiesen, z.B. Depotgebühren, Steuern, Administrationskosten und explizite Mantelgebühren (Wrapper-Gebühren). Bei den impliziten Kosten, die nicht vollständig offengelegt sind, handelt es sich um versteckte Gebühren, verursacht etwa durch das Sub-custody oder um implizite Wrapper-Kosten. Zu den Ineffizienzen und Opportunitätskosten gehören vor allem das Securities Lending, auch Wertpapierausleihe genannt (vergleiche Abbildung). Die Schwierigkeit der Berechnung der Custody-Kosten liegt in der Abgrenzung.

Oft werden sie mit anderen Kosten vermischt, und gerade bei Pauschalgebühren ist nicht klar ersichtlich, was zulasten des Custody oder des Managements der Vermögensanlagen geht. Manche Anbieter tendieren dazu, einiges an Kosten unter der Kategorie Custody zu summieren. Für jede einzelne Dienstleistung einen separaten Preis auszuweisen, wäre transparenter. Das Separieren der einzelnen Kostenelemente ist komplex und erfordert viel Erfahrung. Es müssen die richtigen Fragen gestellt werden, und wer eine solche Kostenanalyse vornimmt, muss die verschiedenen Elemente gut kennen. Wichtige Fragen in Bezug auf das Custody sind:

  • Sind die Haltekosten der Anlagen bekannt?
  • Bei Pauschalgebühren, sind die Custody Fees auch darin enthalten oder nicht?
  • Welche Leistungen sind in den Transaktionsgebühren inbegriffen?
  • Gelten die Haltekosten für ein einzelnes Portfolio oder für die ganze Geschäftsbeziehung?
  • Sind Drittpartei-Custodians (Sub-custodians) involviert?
  • Gelten für hauseigene Produkte reduzierte Gebühren?
  • Wie werden Fonds und Metalle, Hedge Funds und Private-Equity-Positionen gehandhabt?
  • Darf Ihre Depotbank Ihre Wertschriften ausleihen oder nicht?

Securities Lending

Besondere Beachtung verdient das Securities Lending. Es geht dabei nicht nur um die Frage, ob der Custodian die Wertschriften der Kunden ausleihen darf, sondern auch um die faire Aufteilung der resultierenden Erträge. Oft geben sich Kunden mit viel weniger zufrieden, als ihnen eigentlich zusteht. Ebenso sollten der Zugriff und die Eigentumsrechte auf die ausgeliehenen Titel klar sein, falls ein involviertes Finanz-institut ausfällt. Vor der internationalen Finanzkrise 2008 war das Securities Lending ein Standardvorgehen, über das kaum diskutiert wurde. Nach dem Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers erhielt das Securities Lending dafür umso mehr Aufmerksamkeit und wurde von vielen Pensionskassen nicht mehr erlaubt. Es ist jedoch eine Tatsache, dass viele Pensionskassen und Sammelstiftungen nicht wissen, wie das Securities Lending in ihrem Fall tatsächlich gehandhabt wird.

Auch das Thema Sub-custodian muss betrachtet werden, weil Drittparteien zusätzliche Kosten verursachen. Anlageprodukte auf bestimmte Länder oder Kategorien, in die nur mithilfe eines Sub-custodian investiert werden kann, sollten ein attraktives Risiko-Rendite-Profil aufweisen. Zudem gibt es bei der Verrechnung der Produkte grosse Unterschiede.Kosteneinsparungen im Custody sind relativ einfach durch das Nutzen von Skaleneffekten erzielbar: Wer einen Custodian anstelle fünf verschiedener Banken hat, spart Kosten. Diese Strategie schafft jedoch andere Abhängigkeiten.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass bei den Managementkosten am meisten gespart werden kann: Einerseits weil sie der grösste Kostenblock der Vermögensverwaltung sind, anderseits weil sie meist Spielraum für eine Neuverhandlung der Konditionen aufweisen. Aber auch die Kontrolle der Transaktions- und Haltekosten ist wichtig. Vorsorgeeinrichtungen sollten periodisch von Externen eine unabhängige Kostenanalyse durchführen lassen – wegen des Sparpotenzials, für mehr Transparenz und eine bessere Kenntnis der Kostenstruktur. Die mit der Kostenanalyse Beauftragten sollten keine Interessenskonflikte haben, über das nötige Know-how und Verhandlungserfahrung verfügen und bereit sein, erfolgsbasiert zu arbeiten.

Stiftungsräte von Pensionskassen und Sammelstiftungen – zu denen auch KMU-Vertreter gehören – müssen sich die Frage stellen, ob alles unternommen wurde, um die Vermögensverwaltungskosten zu senken. Es geht dabei nicht um eine Änderung oder um die Art und Weise der Umsetzung der Anlagestrategie, sondern lediglich um das Verstehen der Kosten und um eine Neuverhandlung der Verwaltungskonditionen. Eine Kostenanalyse bringt nur Vorteile. Wer sie aufschiebt, trägt Opportunitätskosten. Für eine Pensionskasse, die ein Vermögen von 1 Mrd. Franken verwaltet und Kosten von 0,5 Prozent aufweist (der schweizerische Durchschnitt liegt bei 0,54 Prozent), beträgt das Sparpotenzial (Annahme 10 Prozent) 500000 Franken pro Jahr.

Das Aufschieben von Kostenanalyse und Neuverhandlung der Konditionen führt zum Ertragsverlust in der Höhe der möglichen Einsparungen. Der Begriff Custody stammt vom lateinischen Wort «custodia» – Aufsicht, Wache. Im Interesse der Versicherten sollten Pensionskassen und Sammelstiftungen diese Aufsichtsfunktion über die Kosten wahrnehmen. Denn: Kosten sparen ist die sicherste Rendite.

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