Von der Umstellung im Schweizer Zahlungsverkehr sind alle und alles betroffen: von der Einzelperson bis zum Grossunternehmen, vom Einzahlungsschein bis zum Kontoauszug. Gerade Schweizer KMU ist jedoch die Dringlichkeit der Umstellung noch nicht bewusst. Um die nötigen Anpassungen rechtzeitig vorzunehmen, muss das Thema aber so rasch als möglich angepackt werden.
Die ISO 20022
Im März 2012 lancierte die EU das Projekt Sepa (Single Euro Payments Area), welches die weltweite Vereinheitlichung von bargeldlosen Zahlungen zum Ziel hat. Bereits im August 2014 wurde das System in der Europäischen Union, im Oktober 2016 dann auch in der Nicht-EU, inklusive der Schweiz, eingeführt. Sepa basiert auf einem neuen Standard: ISO 20022. Dieser neue internationale Standard für den elektronischen Datenaustausch in der Finanzbranche, der weltweit und insbesondere in Europa eine immer wichtigere Rolle einnimmt, gilt ab Juli 2018 als ISO 20022-CH auch in der Schweiz. Der Schweizer Finanzplatz ergreift die Gelegenheit, den Zahlungsverkehr grundlegend zu harmonisieren und gleichzeitig auf die neuen Standards auszurichten.
Derzeit gibt es in der Schweiz zwei Zahlungssysteme: das der Postfinance und das der Banken. Täglich fliessen rund 500 Milliarden Franken durch die beiden Systeme. Nun werden sie, unter der Leitung von SIX Interbank Clearing, harmonisiert und gleichzeitig auf die neuen Standards ausgerichtet. Ziel der Harmonisierung ist es, die Effizienz im Zahlungsverkehr zu steigern, Fehler und Verzögerungen zu verhindern und daraus folgend Kosten zu sparen. Die erhöhte Transparenz dient ausserdem der weltweiten Bekämpfung der Geldwäscherei sowie der Terrorismusfinanzierung. Als erstes Institut wird Postfinance diesen neuen Zahlungsstandard bereits per 1. Januar 2018 einführen und gibt so bei der Planung und Umsetzung der Umstellung den Takt an.
Die Umstellung betrifft alle
Der Zahlungsverkehr, und somit die ISO-Norm 20022, betrifft Finanzinstitute, Unternehmen und Kunden (vgl. Abbildung). Vom Endkunden bis zum Grossunternehmen sind deshalb alle Akteure der Schweizer Wirtschaft von dieser umfassenden Umstellung betroffen. Überweisungen, Lastschriften, Avisierung und Reporting, aber auch Einzahlungsscheine werden auf das neue System angepasst. Um mit der neuen Zahlungsnorm ISO 20022 arbeiten zu können, müssen die Unternehmen in der Schweiz deshalb ihre Abläufe und ihre Software entsprechend aktualisieren. SIX plant, den Harmonisierungs-Prozess bis zum Jahr 2020 abzuschliessen. Spätestens dann müssen alle Formate vereinheitlicht sein, damit der Informationsaustausch problemlos funktionieren kann.
Den Softwareanbietern kommt die Rolle als elementares Bindeglied zwischen den Banken, der Postfinance und den Firmenkunden zu, denn nur mit einer aktualisierten Software klappt die reibungslose Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure. Softwareanbieter sind erste Ansprechpartner für Unternehmen und gehen aktiv auf ihre Kunden zu, um die Umstellung innerhalb des knapp bemessenen Zeitraums optimal zu begleiten. Gemeinsam entwerfen sie einen Zeitplan, damit die Umstellung in den einzelnen KMU ohne Probleme vonstattengeht. Dabei sind sie von detaillierten Informationen und Fristen der Finanzdienstleister abhängig, damit sie die notwendigen Anpassungen in den Betrieben und der dort verwendeten Software rechtzeitig vornehmen können. Praxisbeispiele zeigen, dass die frühzeitige Implementierung der neuen Standards und der laufende Austausch zwischen KMU, Bank und Softwareanbieter am effizientesten zum Ziel führen.
Chancen für Unternehmen
Die Umstellung auf ISO 20022 ist gerade für KMU eine Herausforderung. Sie bietet aber auch grosse Optimierungschancen für Unternehmen jeder Grösse. Durch die einheitlichen Zahlungssysteme können Erfassungsfehler, Rückfragen und Rückweisungen durch Banken verhindert und somit der administrative Aufwand verringert werden. Raphael Bättig, Projektleiter für ISO 20022 bei Sage, erklärt, dass die vereinheitlichten wirtschaftlichen Prozesse, beispielsweise das vereinfachte Cashmanagement, die verbesserte Datenqualität oder diverse Automatisierungsmöglichkeiten, grosse Vorteile mit sich bringen. Durch die standardisierten Auftrags- und Statusmeldungen und die einheitliche Validierung von Zahlungen wird sowohl in der IT als auch in der Buchhaltung wertvolle Zeit gespart und die Effizienz gesteigert.