Finanzen & Vorsorge

Krankenversicherungen: Anspruch und Leistung (Teil 1 von 5)

Entsandte Mitarbeitende gut absichern

Immer mehr KMU internationalisieren ihr Geschäft. Eine der wichtigsten Fragen dabei ist die nach qualifizierten Mitarbeitenden. Die Entsendung bewährter Arbeitnehmer aus der Schweiz an den Auslandsstandort hat viele Vorteile, will aber gut abgesichert sein.
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Die Schweizer KMU sind sehr stark im internationalen Geschäft verflochten. Gemäss einer Studie der Credit Suisse üben 69 Prozent aller KMU eine direkte oder indirekte grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit aus. Die jüngste Studie des European Manufacturing Survey Schweiz nennt die Wettbewerbsfaktoren Kosten, Qualität, Flexibilität sowie Markt- und Kundennähe als häufigste Gründe für die Internationalisierung. Die Verlagerung der Produktion in den Euroraum dient den produzierenden Unternehmen seit der Freigabe des Euro-Franken-Wechselkurses im Januar 2015 zudem geradezu als Kostenbremse.

Dabei führen viele Wege über die Grenze: über eine Kooperation mit einem im Ausland lokal verankerten Partner, über die Akquisition eines lokalen Unternehmens oder über den Aufbau einer eigenen Niederlassung oder Fertigung. Damit die Produktion jenseits der Grenze aber auch ebenso gut ist wie im Inland und die sprichwörtliche Schweizer Qualität nicht sinkt, müssen Schweizer KMU im Ausland vor Ort dafür sorgen, dass Firmenkultur und Qualitätsansprüche die gleichen bleiben – ob das Produkt nun im Rheintal, in Ostdeutschland, Warschau oder in Shen-yang gefertigt wird.

Die meisten im Ausland tätigen Schweizer KMU entsenden daher ihre bewährten Mitarbeitenden aus der Schweiz an die neuen Standorte im Ausland, entweder dauerhaft, für eine befristete Zeit oder in einem regelmässigen Turnus. Beide Varianten ziehen eine ganze Reihe steuer- und sozialversicherungsrechtliche Fragen mit sich, die vom entsendenden Unternehmen geregelt werden müssen.

Teure Rückführung

Ein umsichtiger Arbeitgeber sorgt dafür, dass seine entsendeten Mitarbeitenden im Falle von Krankheit oder Unfall am Arbeitsort im Ausland bestmöglich versichert sind. Bei Unfällen von Entsendeten im Ausland besteht in der Berufsunfallversicherung und in der Nicht-Berufsunfallversicherung zwar grundsätzlich eine ausreichende Deckung, allerdings sind hier die Transportkosten nur auf ein Fünftel der Obergrenze von 148 200 Franken und damit auf 29 640 Franken beschränkt. Vor allem wenn eine Repatriierung eines Verunfallten notwendig wird, kann dieser Betrag schnell überschritten werden – der Transport mit einem Ambulanzjet kostet schnell mehrere 10 000 Franken. Und auch bei einem Rückflug mit einem günstigeren Linienflug kann die Rechnung ins Exorbitante steigen, wenn der Patient von medizinischem Fachpersonal begleitet werden muss.

Laut Aussage des Schweizer Automobilclubs TCS bewegen sich die Kosten eines Rücktransportes im Rahmen von 500 bis 200 000 Franken. Daher empfiehlt sich der Abschluss einer UVG-Zusatzversicherung, um weiterführende Leistungen für die wirtschaftlichen Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten im Ausland sicherzustellen. Das Angebot entsprechender UVG-Zusatzversicherungen ist gross, die Leistungen differieren respektive können auf die individuelle Situation des Unternehmens abgestimmt werden. Nebst einer Erhöhung der Deckung der Transportkosten lohnt es sich, je nachdem in welche Länder die Mitarbeitenden regelmässig entsendet werden, auch einen höheren Qualitätsstandard für allfällige Spitalaufenthalte aufgrund eines Berufs- oder Nichtberufsunfalls zu versichern, so dass Entsendete dort auf Stufe halbprivat oder privat behandelt werden können.

Grundversicherung

Nebst dem Unfallrisiko sollten Arbeitgeber auch dafür Sorge tragen, dass ihre entsandten Mitarbeitenden im Falle von Krankheit im Aufenthaltsland bestmöglich versorgt sind. Die gesetzliche Grundlage bildet hier das Krankenversicherungsgesetz (KVG), und die Wahl der Absicherung ist grundsätzlich Sache jedes Ein-zelnen und nicht die des Arbeitgebers. Dennoch ist zu bedenken, dass im Falle eines erkrankten Mitarbeitenden in Ländern der EU und Efta die Schweizer Grundversicherung im medizinischen Notfall nur die gleichen Leistungen zahlt, die auch einem Einheimischen des jeweiligen Landes zustehen würde. Was bedeutet, dass allfällige landesübliche Selbstbehalte nicht von der obligatorischen Grundversicherung übernommen werden.

Beispiel Frankreich: Dort müssen Patienten bei einem Spitalaufenthalt 20 Prozent der Rechnung selbst tragen und zudem eine Tagespauschale von 16 Franken leisten. Oder bei einem Spitalaufenthalt in Deutschland fiele eine Tagespauschale von 10 Euro pro Tag an. Diese Kosten werden von der schweizerischen Krankenversicherung nicht erstattet. Zudem muss der Versicherte auch immer noch den in der Schweiz üblichen Selbstbehalt und seine individuelle Franchise zahlen.

Noch prekärer wird die Situation in Ländern ausserhalb des EU-/Efta-Raumes. Für medizinische Behandlungen erstattet die obligatorische Grundversicherung die Kosten nur bis zu dem doppelten Betrag dessen, was die Behandlung im Wohnkanton der Schweiz schlussendlich gekostet hätte.

In Ländern wie den USA, Kanada, Australien, Japan oder Neuseeland ist dieser doppelte Satz schnell erreicht, schon eine Blinddarmentfernung kann in New York eine Rechnung von mehr als 40 000 US-Dollar verursachen, von denen die Schweizer Grundversicherung nur 7000 Franken übernimmt. Und wenn dieser Blinddarm-Patient in New York auf einen Rettungstransport angewiesen war, übernimmt die schweizerische Grundversicherung nur die üblichen 50 Prozent der Transportkosten, und das auch nur bis maximal 5000 Franken. Hier ist eine Zusatzversicherung sehr sinnvoll, um die Transportkosten und auch die bekanntlich sehr hohen Kosten für Such- und Bergungsaktionen wenigstens zum Teil zu decken.

Gut investiertes Geld

Arbeitgeber, die ihre Mitarbeitenden ins Ausland entsenden, sollten diese daher anhalten, eine entsprechende Zusatzversicherung abzuschliessen. Und auch wenn eine Kostenbeteiligung des Arbeitgebers an den Prämien der Krankenkasse in der Schweiz unüblich ist, sollte bei der Entsendung von Mitarbeitenden ins Ausland über einen monetären Anreiz zum Abschluss entsprechender Policen nachgedacht werden, um damit die für den Mitarbeiter anfallenden zusätzlichen Prämien zu bezuschussen oder gänzlich zu erstatten.

Diese zusätzlichen Policen erhöhen für das Unternehmen zwar einerseits die Kosten der Internationalisierung, sind aber gut investiertes Geld, um die medizinische Versorgung der Mitarbeitenden vor Ort zu sichern, damit diese wiederum die unternehmerischen Standards vor Ort auf dem gewohnten schweizerischen Qualitätsniveau halten. Nicht ohne Grund beschäftigen gemäss den Zahlen einer Studie der Zeitschrift «Die Volkswirtschaft» absolut 38 778 kleine und mittlere Schweizer Unternehmen insgesamt 744 256 Beschäftigte im Ausland.

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