Finanzen & Vorsorge

Unternehmenssteuerreform III

Ein vitales Projekt für den Wirtschaftsstandort Schweiz

Die von Bund und Kantonen entwickelte Unternehmenssteuerreform III soll das Schweizer Steuersystem wieder rechtssicher sowie planbar machen und gleichzeitig seine Attraktivität erhalten. Der Beitrag skizziert Eckpunkte und zeigt, welche Vorteile die Reform KMU bringt.
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In den Kantonen gelten heute für international tätige Unternehmen steuerliche Sonderregeln. Gewinne, die Unternehmen im Ausland erwirtschaften, werden ermässigt besteuert. Rund 24 000 Unternehmen mit rund 150 000 Angestellten sind heute einer Sonderbesteuerung unterstellt. Zu diesen Unternehmen gehören Gesellschaften ausländischer sowie schweizerischer Konzerne, aber auch viele Schweizer Familien-KMU, die etwa dem Holding-Status unterstehen.

Volkswirtschaftliche Bedeutung

Die gesondert besteuerten Gesellschaften sind für die Schweizer Volkswirtschaft, aber auch für den Fiskus bedeutend. So sind sie für fast 50 Prozent der gesamten privaten Forschungs- sowie Entwicklungsausgaben verantwortlich (6 Milliarden Franken). Auch geht ihre Beschäftigungswirkung weit über die direkt Angestellten hinaus. Zuliefer- sowie Dienstleistungsbetriebe profitieren massgeblich von der Nachfrage spezialbesteuerter Unternehmen in der Schweiz. Nicht zuletzt liefern Gesellschaften mit Sonderbesteuerung rund 5,4 Milliarden Franken Gewinnsteuern ab. Obwohl sie lediglich sieben Prozent der gesamten Firmenpopulation in der Schweiz stellen, tragen sie beim Bund gut die Hälfte zu den Gewinnsteuereinnahmen bei. Gesamthaft ist das Gewinnsteueraufkommen der Unternehmen in der Schweiz seit 1990 doppelt so stark gestiegen wie das Bruttoinlandprodukt. Dies ist zu einem bedeutenden Teil auf den Beitrag der sonderbesteuerten Gesellschaften zurückzudführen.

Die Entwicklungen im Steuerbereich – sowohl in der Europäischen Union wie auch in der OECD – haben dazu geführt, dass die Schweizer Sonderbesteuerung in die Kritik geraten ist. Insbesondere die steuerliche Begünstigung von Auslands­erträgen entspricht nicht mehr den internationalen Normen.

Anpassungsbedarf

Ohne Anpassungen müssten von der Schweiz aus tätige Unternehmen im Ausland mit Sanktionen und Doppelbesteuerungen rechnen. Ziel muss es deshalb sein, den Unternehmen verlässliche Rahmenbedingungen zu bieten.

Darum hat der Bundesrat in Zusammenarbeit mit den Kantonen sowie mit der ­Unterstützung der Wirtschaft die Unternehmenssteuerreform III (USR III) entwickelt. Diese Reform beinhaltet einen Massnahmenmix, mit welchem die folgenden drei Ziele erreicht werden sollen: Die steuerliche Attraktivität der Schweiz soll erhalten bleiben, die internationale Akzeptanz der Schweizer Unternehmensbesteuerung soll wiederhergestellt werden und schliesslich soll auch die finanzielle Ergiebigkeit der Unterneh­menssteuern gesichert werden.

Die bisherigen Sonderlösungen werden abgeschafft. Da steuerliche Spezialregeln für mobile Erträge im gesamten OECD-Raum noch stark verbreitet sind, wäre ein vollständiger Verzicht auf solche Massnahmen aber riskant. Sind mobile Unternehmensaktivitäten einmal ausgelagert, kehren sie in der Regel nicht mehr zurück. Mit Blick auf den kurz- und mittelfristigen Attraktivitätserhalt der Schweiz werden deshalb neue, international nicht bestrittene Regeln eingeführt.

Die Patentbox

Ein wichtiges neues Instrument ist die Patentbox. Sie erlaubt eine steuerlich bevorzugte Behandlung der Gewinne aus in­novativer Tätigkeit. Die Patentbox ist ein international gebräuchliches Instrument. Es soll, analog zu den heutigen Statusgesellschaften, nur auf Stufe der Kantone eingeführt werden. Als weitere steuerpolitische Massnahme sollen die Kantone Forschung und Entwicklung (F&E) in der Schweiz auch auf der Aufwandseite fördern können. Auch diese sogenannte Inputförderung ist international weit verbreitet. Die Kantone sollen die Möglichkeit (aber nicht die Pflicht) haben, dieses Instrument einzusetzen und damit Erfahrungen zu sammeln. Mit der Patentbox und der F&E-Inputförderung schliesst die Schweiz zu wichtigen Konkurrenzländern auf, die beide Massnahmen schon seit längerem kennen und international aktiv bewerben. Die sogenannte zinsbereinigte Gewinnsteuer stellt im Bereich der Unternehmensfinanzierung die Wettbewerbsfähigkeit sicher. Diese Massnahme ist auch ein Ersatz für den wegfallenden Holding-Status.

Steuersenkungen ermöglichen

Steuerliche Sonderregeln für mobile Erträge wie Patentgewinne werden auf absehbare Zeit hinaus Bestand haben. Im
internationalen Standortwettbewerb rücken längerfristig jedoch massvolle Gewinnsteuersätze in den Vordergrund. Die Kantone sollen deshalb ihre Gewinnsteuersätze senken, wo dies sinnvoll ist. Der Bund unterstützt sie dabei. Ein finanzieller Beitrag vom Bund an die Kantone sorgt dafür, dass die Lasten der Reform gerecht zwischen den Staatsebenen verteilt werden. Die Verteilung der Mittel zwischen Kanton und Gemeinden ist nicht Aufgabe der Unternehmenssteuerreform III. Dies müssen kantonale Reformen regeln. Am Bund hingegen liegt es, grössere Änderungen im nationalen Finanzausgleich (NFA) zu verhindern, denn auch dieser wird von der Reform direkt betroffen. Ohne Anpassungen drohen massive Verwerfungen im NFA. Dank den Massnahmen im Rahmen der USR III können die Zahlungsströme stabil gehalten werden. Insgesamt leistet der Bund einen Beitrag an die Reform im Umfang von 1,3 Milliarden Franken. 1,1 Milliarden davon, fliessen in Form einer finanziellen Unterstützung an die Kantone.

Breite Unterstützung

Die USR III wurde sorgfältig über mehrere Jahre geplant. Sie umfasst aus heutiger Sicht die richtigen Massnahmen, um die Steuerattraktivität der Schweiz zu erhalten. Privilegien bei der Besteuerung internationaler Unternehmen werden aufgehoben. Neue Massnahmen, die im Einklang mit internationalen Normen und der Praxis stehen, werden eingeführt. Die Kantone haben die volle Freiheit, die Massnahmen nach ihrem Bedürfnis beziehungsweise ihrer jeweiligen Steuerstrategie einzusetzen. Der Bund unterstützt sie dabei finanziell. Das – nicht mehr und nicht weniger – ist die USR III. Der Bundesrat, sämtliche Kantone, alle Parteien von SVP bis GLP und die gesamte Wirtschaft unterstützen die Reform. Gegner stossen sich am finanziellen Beitrag, den der Bund leistet – dieser sei zu hoch –, an einzelnen Massnahmen (im Fokus steht die zinsbereinigte Gewinnsteuer) und an der aus ihrer Sicht zu geringen Gegenfinanzierung durch Unternehmen und Anteilseigner. Der Bundesrat hatte in der Botschaft die generelle Teilbesteuerung der Dividenden von 70 Prozent bei Bund und Kantonen als einnahmeseitige Massnahme vorgeschlagen. Links-grüne Kreise verlangten gar den gänzlichen Verzicht auf die Teilbesteuerung.

Am Ende wurde die Teilbesteuerung mit der zinsbereinigten Gewinnsteuer verknüpft: Kantone, die letztere Massnahme einführen (die zinsbereinigte Gewinnsteuer ist ebenfalls freiwillig), müssen die Teilbesteuerung bei mindestens 60 Prozent festlegen. Auf Stufe Bund ergibt sich bei der Dividendenbesteuerung keine Veränderung. Diese ganz am Schluss der parlamentarischen Beratung in die Reform aufgenommene Gegenfinanzierung ist den Gegnern der Reform zu wenig. Nicht zuletzt, um eine stärkere Mitfinanzierung durch Anteilseigner sicherzustellen, haben sie das Referendum gegen die USR III ergriffen. Falls das Referendum zustande kommt, findet der Urnengang über die Reform voraussichtlich im Februar 2017 statt.

Was die USR III KMU bringt

Die neuen Sondermassnahmen der USR III werden nicht alle heute privilegiert besteuerten Aktivitäten abdecken können. International tätige Unternehmen werden in der Regel mit höheren Steuern rechnen müssen. An den Kantonen liegt es, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Steuerattraktivität im internationalen Vergleich nach wie vor gewahrt bleibt. Die KMU profitieren davon ganz direkt. Zum einen werden die neu­en Massnahmen allen Unternehmen zugänglich sein. Eine steuerliche Benachteiligung der binnenorientierten Wirtschaft gegenüber der international tätigen wird es nicht mehr geben. Von der Patentbox und der Inputförderung werden kleine und mittelgrosse Unternehmen profitieren können, die innovativ sind sowie Forschung und Entwicklung betreiben. Dass explizit nur Forschung und Entwicklung in der Schweiz steuerlich gefördert werden, kommt KMU entgegen. Gut kapitalisierte Unternehmen können zudem die zinsbereinigte Gewinnsteuer nutzen, die nur auf hohes Eigenkapital anwendbar ist und solide finanzierte Firmen belohnt.

Nicht alle Kantone werden sämtliche Instrumente einführen. An den kantonalen Beratungen liegt es, den jeweils richtigen Mix zu bestimmen. Was sich in beinahe allen Kantonen abzeichnet, sind Gewinnsteuersenkungen. Daraus werden sämtliche KMU ganz direkt einen beträchtlichen Nutzen ziehen. Die finanzielle Unterstützung des Bundes im Rahmen der USR III ist dabei zentral für die Finanzierung der Gewinnsteuersenkungen in den Kantonen. Schliesslich profitieren KMU indirekt von der Anwesenheit internationaler Firmen in der Schweiz. International tätige Firmen fragen in beträchtlichem Umfang Leistungen von Schweizer KMU nach. Durch Forschungskooperationen und den Zukauf von Forschungsleistungen fördern sie die Innovation in der Schweiz auf breiter Front.

Gravierende Schäden vermeiden

Die Weiterentwicklung der Unternehmensbesteuerung ist für die Schweiz und ihre Wirtschaft von vitaler Bedeutung. Die Schweiz ist ein Hochkostenstandort. Damit international tätige Unternehmen weiterhin in der Schweiz mindestens im heutigen Umfang tätig sein können, sind ein rechtssicheres, verlässliches Steuersystem und eine wettbewerbsfähige Steuerbelastung entscheidend. Die Rechts- und Planungssicherheit ist aufgrund der fehlenden Akzeptanz der Schweizer Steuerregeln heute nicht mehr gegeben. Zuzüge von Unternehmen aus dem Ausland in die Schweiz haben bereits markant abgenommen. Der internationale Steuerwettbewerb läuft trotz der Harmonisierungsbemühungen z. B. der OECD unvermindert fort. Schweizerische sowie ausländische Firmen in der Schweiz werden von Konkurrenzstaaten stark umworben. Müssten die Steuerbeiträge der internationalen Firmen in einem Extremszenario ersetzt werden, würde dies KMU und Unternehmer in erheblichem Ausmass treffen.

Eine Reform der Unternehmensbesteuerung, welche das Schweizer Steuersystem wieder rechtssicher sowie planbar macht und gleichzeitig seine Attraktivität sicherstellt, ist deshalb dringend nötig. Andernfalls drohen gravierende volkswirtschaftliche sowie finanzielle Schäden. Auf dem Spiel stehen zehntausende Arbeitsplätze und Steuereinnahmen im Milliardenbereich. Die Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren bringt es auf den Punkt: «Nichtstun ist keine Option und käme die Schweiz teurer zu stehen.»