Finanzen & Vorsorge

Preiskonditionen der Konsumgüterhersteller

Die 5-Schritte-Optimierung des Preis- und Konditionensystems

Das Feilschen um Preiskonditionen hat in den letzten Jahren zugenommen. Was sind die Ursachen, worauf müssen Konsumgüterhersteller achten und welche Schritte sind notwendig, um das Preis- und Konditionensystem nachhaltig auszurichten und den sich über Jahre hinweg angesammelten Berg an Preiskonditionen wieder abzubauen?
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Durch seine hohe Verhandlungsmacht setzt der Detailhandel die Konsumgüterhersteller unter Druck. In den Jahresgesprächen fordert er von Jahr zu Jahr immer mehr Preiskonditionen, und dies meist ohne Leistungsbezug. Verschiedene Schweizer Konsumgüter-KMU budgetieren bis zu 30 Prozent des voraussichtlichen Umsatzes, um die Gesamtheit aller Preiskonditionen abzudecken. Um sich einen Platz auf den Regalen führender Schweizer Grossverteiler zu sichern, müssen die Hersteller zwischen 100 000 bis über 250 000 Franken hinlegen. Die Folge sind neben sinkenden Deckungsbeiträgen wegen der hohen Gesamtkonditionsbelastung ungenügende interne Transparenz über die Gesamtkonditionsbelastung der Key Accounts, hohe Konditionenspreizung zwischen den Kunden und fehlende einheitliche Richtlinien bezüglich der Vergabe von Rabatten, Boni und Werbekostenbeiträgen.

Verhandlungsmacht

Die Konzentration im Schweizer Detailhandel und der Preisdruck infolge Internationalisierung der Beschaffung, werden als die zwei grössten zukünftigen Herausforderungen für Hersteller von Markenartikeln in der Schweiz gesehen. Am stärksten ausgeprägt ist diese Tendenz im Segment Near- /Nonfood. Als weitere Herausforderungen, die letztlich sowohl auf den Umsatz wie auch die Margen der Hersteller drücken, gelten folgende Faktoren:

  • Starke Produktaustauschbarkeit aufgrund hoher Vielfalt
  • Verdrängungskampf anderer Marken
  • Wachsende Konkurrenz durch Handelsmarken
  • Starkes Wachstum des Online-Handels mit zunehmender Preistransparenz
  • Steigende Rohstoffpreise
  • Preisdruck aufgrund Markteintritt internationaler Discounter

Einfordern von Gegenleistung

Nicht nur KMU, sondern auch Grosskonzerne, die starke Marken (A-Marken) in ihrem Produktportfolio führen, können sich der Macht vom Detailhandel nicht entziehen und müssen Nachlässe und Beiträge zugestehen, wenn sie sich ei­nen Platz in den Ladenregalen ergattern möchten. Die Kunst bei der Vergabe von neuen Konditionen besteht darin, eine angemessene und vor allem zweckge­bundene Gegenleistung auszuhandeln. Gegenleistungen können je nach Art der Konditionen unterschiedliche Formen annehmen. In der Praxis ist beispielsweise das Prinzip des «Fair Share» anzutreffen. Es besagt, dass die Intensität der Werbeaktivitäten proportional zum Mitteleinsatz der einzelnen Kunden innerhalb einer Produktgruppe ausgerichtet werden soll. Zur Erfolgsanalyse von Produkt- und Werbeaktionen, Kernsortimentsvergütungen oder Zweitplatzierungen, können Gegenleistungen auch in Form von Zugang zu Shopper-Insights-Daten des Händlers ausgehandelt werden.

Klare Marketingziele

Das Fundament jedes nachhaltigen Preis- und Konditionensystems ist eine klare Marketingstrategie. Dabei geht es in erster Linie darum, festzulegen, welche Kunden die besten Aussichten auf profitables Wachstum haben, um die Marketing-Budgets dementsprechend auszurichten. Zweitens muss eindeutig definiert werden, welche Mittel in die Stimulierung der Nachfrage bei den Konsumenten über Werbung und Verkaufsförderung (Pull-Strategie) und welche Anteile in die Förderung des Absatzes gegenüber dem Handel investiert werden sollen (Push-Strategie). Diese beiden Schwerpunkte haben weitreichende Konsequenzen für die strategische Grundausrichtung und Nachhaltigkeit des Preis- und Konditionensystems.

Rahmenrichtlinien

Im Detailhandel sind die Umschlagshäufigkeit (Menge) und die Handelsspanne (Marge) die zentralen Kennzahlen für die Erfolgsmessung. Oft kommt es vor, dass der Hersteller versucht, eine mangelnde Umschlagshäufigkeit mit einer erhöhten Handelsspanne zu kompensieren, indem viele Mittel in absatzfördernde Konditionen (Push) investiert werden. Die Rechnung geht langfristig selten auf. Denn der Detailhandel setzt bewusst temporär sogenannte B-Marken mit hoher Handelsspanne ein, um die werbegestützten A-Marken unter Druck zu setzen. Reduziert nun der Markenhersteller gleichzeitig sowohl Preise (Push) als auch Werbungen (Pull), um den Druck der B-Marke zu entweichen, macht sich die A-Marke schnell austauschbar, denn Produktvorteile können gegenüber dem Konsumenten nicht mehr so gut kommuniziert werden. Der Hersteller fällt somit in einen Kreislauf, indem ständig höhere Konditionen gefordert werden. Hier hilft nur noch eine für alle Key-Account-Manager verbindliche Richtlinie zur Vergabe von Preiskonditionen, die vermeiden soll, dass falsche Anreize gesetzt werden und das Konditionssystem ins Wanken gerät.

Arten von Preiskonditionen

Neben der bereits erwähnten Unterscheidung zwischen Absatz- (Push) und verkaufsfördernden (Pull) Konditionen können Preiskonditionen fünf verschiedenen Kategorien zugeordnet werden:

  • Logistikkonditionen: Diese sind meistens leistungsbezogen, weil die Übernahme der Transportdienstleistung oder der Retouren in Form von Garantieabgeltungen in den Büchern des Detailhändlers in der Regel gut quantifiziert werden können. Hier muss auf Konditionenduplizität geachtet werden, da es vorkommen kann, dass identische Leistungen wie zum Beispiel Zentrallagerbelieferungen mehrfach unter verschiedenen Bezeichnungen gewährleistet werden.
  • Zahlungskonditionen: Bestandteile sind Skonti und Zahlungsziele. Auch hier kann die Leistungsbezogenheit finanziell ausgedrückt werden. Wichtig ist, dass bei der Bestimmung des Skontosatzes auch immer eine Skontofrist festgelegt wird und die Auszahlung nur dann erfolgt, wenn die Skontofrist auch tatsächlich eingehalten wird.
  • Preiskonditionen: Zusammenfassung aller Positionen, welche direkt auf der Rechnung ausgewiesen und vom Bruttopreis abgezogen werden. Das Gegenleistungsprinzip ist hier kritisch zu hinterfragen. Zum Beispiel wenn ein Euro-Rabatt, der dazu dient, zeitlich begrenzte Wechselkursvor- oder -nachteile zu verrechnen, im Folgejahr als ein in Stein gemeisselter Rabatt betrachtet wird und dann als pauschale Position weitergeführt wird.
  • Kundenentwicklungskonditionen: Hier belohnt der Hersteller den Umsatzzuwachs des Detailhändlers; die Auszahlung allfälliger Boni sollte aber erst am Ende des Jahres erfolgen. Steigerungsboni sind einem pauschalen Prozentsatz auf den Umsatz vor­zuziehen, sodass nur der zusätzlich erzielte Umsatz gegenüber dem Vorjahr als Basis für die Berechnung des Bonus dienen soll.
  • Marktbearbeitungskonditionen: Sind alle jene Konditionen, mit denen der Hersteller die Aktivitäten des Detailhändlers zur Stimulierung der Konsumentennachfrage honoriert. Dazu zählen die Beiträge für die Werbung, allfällige Listungsgebühren und die Aktionsrabatte. Die Prüfung der tatsächlichen Gegenleistung ist dabei nicht unproblematisch und der konkrete Einsatz der Mittel muss im Voraus gemeinsam festgelegt werden.

Abbauen von Konditionen

Über den Erfolg aller Bemühungen entscheidet, neben dem systematischen Einfordern von Gegenleistungen zur Erreichung der Marketingziele, letztlich, ob es gelingt, Konditionen in den kommenden Jahresgesprächen auch wieder zu kürzen. Die gleichzeitige Senkung der Bruttopreise und der Konditionen wird in der Praxis als «Folding» bezeichnet. Der Fokus liegt hier insbesondere auf historisch angewachsenen Konditionensystemen, denen keine Leistungen mehr gegenüberstehen. Zwei wichtige Aspekte sind in diesen meist komplexen Verhandlungen zu berücksichtigen:

  • Erstens müssen zuerst jene Konditionen reduziert werden, die bei dem Handelspartner den geringsten Widerstand verursachen.
  • Zweitens muss eindeutig belegt werden, dass der Handelspartner nach dem Konditionenschnitt nicht schlechter gestellt ist.

Die Bruttopreise müssen in dem Ausmass reduziert werden, dass die Wareneinstandskosten für den Detailhändler gleich hoch bleiben. Hier helfen massgeschneiderte Kalkulationstools, welche sämtliche Konditionen quantitativ erfassen und mit denen simuliert wird, welchen Einfluss die Variation der Konditionen bei unterschiedlichen Wachstumsszenarien auf Nettoumsatz und Deckungsbeitrag haben kann.

Optimierung in fünf Schritten

Die Optimierung des Preis-und Konditionensystems kann zusammenfassend in folgenden fünf Schritten erfolgen:

1. Wiederherstellung der Transparenz und Identifikation der Gegenleistungen: Systematische Erfassung und Vereinheitlichung von Konditionsarten bzw. -höhen aller Kunden. Bestimmung des Zwecks der Kondition und Identifizierung nicht leistungsgerechter Konditionen.

2. Analyse der historischen Kundenentwicklung: Analyse der Ist-Preiskonsistenz, der Berechnung von Nettopreisentwicklungen, der Messung des Ausmasses und der Auswirkung von Produktsubstitutionen und der Deckungsbeitragsentwicklung in den einzelnen Vertriebskanälen.

3. Bestimmung der Marketingziele nach Vertriebskanälen: Strategische Bewertung der Kunden­attraktivität und die Bestimmung der operativen Jahresziele.

4. Erarbeitung und Ausrichtung eines neuen Konditionensystems: Vereinfachung des internen Konditionsmanagements und Festlegung klarer interner Richtlinien für die Vergabe von neuen Konditionen anhand eines Rasters.

5. Abbau von Konditionen (Folding): Planung und Simulation der gleichzeitigen Senkung von Bruttopreisen und Konditionen sowie deren Auswirkungen auf Nettopreis und Deckungsbeitrag.

Das Jahresendgespräch

Jeweils gegen Jahresende werden die Key-Account-Manager des Herstellers vom Detailhändler zum Ritual des Jahresgesprächs eingeladen. Das Eskalationsmuster ist oft dasselbe: Der Key-Account-Manager wird von den strategischen Einkäufern mit unverschämten und pauschalen Konditionenforderungen konfrontiert und kehrt wieder zurück. Laufend kommt es zu Nachverhandlungen. Eine Einigung wird meistens erst dann erzielt, nachdem der Key-Account-Ma­nager, den Vorgesetzten mitnimmt, um mehr Verhandlungsspielraum zu haben.

Um diesem Muster zu entkommen und wieder auf die Sachebene zurückzukommen, muss der Hersteller durch ein klar strukturiertes Konditionensystem die Gesamtforderungen auf einzelne Leistungskategorien lenken. Dabei kann er den Vorteil nutzen, viel weniger Jahresgespräche als der Händler führen zu müssen und daher mehr Zeit für eine gründliche Vorbereitung dieser Gespräche zu haben. Damit beim Leistungs- /Gegenleistungsfeilschen gemeinsame Ziele im Vordergrund stehen, ist es unerlässlich, dass neben den Diskussionen mit den strategischen Einkäufern unterjährig auch intensive Kontakte zu den operativen Akteuren des Detailhändlers gepflegt werden.

Die Reduktion von historisch vererbten Konditionen bei gleichzeitiger Senkung der Bruttopreise (Folding) bedarf viel Vorbereitung und sollte daher nie kurz vor den Jahresgesprächen erfolgen. Auch wenn zusätzliche Konditionen manchmal unvermeidbar sind, ist es für die Erreichung der festgelegten Marketing- und Kundenentwicklungsziele von zentraler Bedeutung, dass diese Gelder zweckmäs­sig eingesetzt werden. Letztlich muss sichergestellt werden, dass die im Vorjahresgespräch getroffenen Vereinbarungen in der Tat auch umgesetzt werden, denn Hersteller, die einmal auf die konsequente Erfüllung der vereinbarten Leistungen verzichten, unterhöhlen ihr Preis- und Konditionensystem massgeblich.

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