Finanzen & Vorsorge

Eingeschränkte Revision

Der Wert einer Revision misst sich an ihrer Unabhängigkeit

Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit sind die wichtigsten Kriterien, wenn Revisionsstellen damit beauftragt werden, Bericht über die Prüfung von Rechnungslegungsinformationen zu erstatten. Glaubwürdig ist eine Prüfung jedoch nur, wenn sie von unabhängiger Seite stammt. Die Grösse des geprüften Unternehmens spielt dabei keine Rolle.
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Revisionsstellen werden regelmässig mit der Prüfung von Informationen beauftragt. Oft handelt es sich dabei um die Prüfung von Finanzinformationen, welche vom Ersteller nach einer definierten Norm erstellt und von der Revisionsstelle auf Einhaltung dieser Norm überprüft werden. Das bekannteste Beispiel ist die Prüfung der Jahresrechnung eines Unternehmens durch eine Revisionsstelle. An die Revisionsstelle werden verschiedene Anforderungen gestellt. Sie muss unter anderem vom zu prüfenden Unternehmen unabhängig sein. Die Unabhängigkeit bietet Gewähr für eine einwandfreie Prüfung und letztlich für die Glaubwürdigkeit des Berichtes. Im folgenden Beitrag wird dargelegt, weshalb diese Unabhängigkeit auch im KMU-Bereich wichtig ist.  

Der gesetzliche Auftrag

In der Schweiz sieht das Gesetz vor, dass alle Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitenden eine Revisionsstelle bestimmen müssen. Die Schweiz unterscheidet zwischen eingeschränkter Revision (bis 40 Mio. CHF Umsatz) und ordentlicher Revision. Es gibt eine Handvoll Unterschiede zwischen den beiden Revisionsarten; einer der wichtigsten Unterschiede ist die Prüfungstiefe: Bei der ordentlichen Revision wird umfassender geprüft als bei der eingeschränkten Revision. Bei beiden Revisionsarten überprüft die Revisionsstelle den von der Unternehmens­leitung erstellten Jahresabschluss auf Übereinstimmung mit den gesetzlichen und statutarischen Bestimmungen. Dies gilt für börsenkotierte Gesellschaften gleichermassen wie für KMU.

Im Anschluss an diese Überprüfung erstattet die Revisionsstelle einen Bericht zuhanden des obersten Organs des Unternehmens – in der Regel an die Generalversammlung – und nimmt Stellung zum Ergebnis der Überprüfung. Die Generalversammlung, sprich die Inhaber des Unternehmens, können sich dank des Berichtes der Revisionsstelle auf die präsentierten Zahlen verlassen. Der Bericht dient der Glaubwürdigkeit der präsentierten Jahresrechnung.  

Neben den Inhabern haben auch andere Stakeholder ein Interesse an der Prüfung und dessen Ergebnis, so zum Beispiel Mitarbeitende, Kunden und Lieferanten. Sie haben zwar oft keine Berechtigung zum direkten Einblick in die Jahresrechnung und den Bericht der Revisionsstelle. Dennoch bietet die Überprüfung durch die Revisionsstelle ein gewisses Mindestmass an Gewähr dafür, dass sich die Unternehmensleitung an die gesetzlichen Regeln hält. Schliesslich sind externe Geldgeber wie beispielsweise Bankinstitute an der Prüfung interessiert – ein Bankdarlehen wird in der Regel nur gegen Vorweisung einer geprüften Jahresrechnung gewährt. Und letztlich hat der Staat, insbesondere die Steuerverwaltung, ein Interesse an der Prüfung, um eigene Kontrollen reduzieren zu können.

Die Unabhängigkeit

Die Unabhängigkeit der Revisionsstelle gilt bei Wirtschaftsprüfern als funda­mentaler Grundsatz, als unbestrittene Voraussetzung für eine objektive, unvoreingenommene Prüfung der Finanzinformationen. Der Bericht einer nicht unabhängigen Revisionsstelle gilt als wertlos. Ganz zu schweigen davon, dass dies gesetzlich verboten wäre. Ist die Revisionsstelle nicht unabhängig, darf sie den Auftrag nicht annehmen.

In der Frage der Unabhängigkeit wird zwischen der inneren und der äusseren Unabhängigkeit unterschieden. Die innere Unabhängigkeit ist eine Frage der persönlichen Einstellung der prüfenden Person zum Unternehmen. Sie ist von aus­sen jedoch nicht messbar. Die äussere Unabhängigkeit ist für Dritte erkennbar und wird mit gesetzlichen und beruflichen Vorgaben konkretisiert. Sie ist messbar. So gilt beispielsweise der Bruder des Hauptaktionärs als nicht unabhängige Person und darf daher nicht als Revisor für die Gesellschaft seines Bruders tätig sein. Ebenso wenig darf der Prüfer nicht gleichzeitig Einsitz nehmen im Verwaltungsrat des zu prüfenden Unternehmens oder sich finanziell an der Gesellschaft beteiligen. Diese Vorgaben dienen der Messbarkeit des Kriteriums der Unabhängigkeit und sind letztlich auch ein Schutz für die Revisionsstelle.

Das Erfordernis der Unabhängigkeit bietet Gewähr dafür, dass der erstellte Bericht der Revisionsstelle über die geprüften Finanzinformationen objektiv und frei von eigenen Interessen der Revisionsstelle erstellt worden ist. Mit dem Stempel «unabhängige Prüfung» wird die Glaubwürdigkeit der Prüfung und dessen Bericht erreicht.

KMU entlasten

In KMU-Situationen wird häufig eine eingeschränkte Revision durchgeführt. Diese Revisionsart kennt bei der Unabhängigkeit zwei wichtige Erleichterungen im Vergleich zur ordentlichen Revision. Zum einen kennt die eingeschränkte Revision keine Rotationspflicht des leitenden Revisors, das heisst, der leitende Revisor darf länger als sieben Jahre die Revision leiten. Zum anderen – und das ist insbesondere in KMU-Situationen ein ganz grosser Vorteil – darf bei der eingeschränkten Revision unter bestimmten Voraussetzungen bei der Buchführung mitgewirkt werden. In diesem Fall muss die Revisionsstelle in ihrem Bericht für Transparenz sorgen und erwähnen, dass ein Mitarbeiter bei der Buchführung mitgewirkt hat. Selbstverständlich darf dieser Mitarbeiter aber nicht auch gleichzeitig bei der Prüfung mitwirken, da er sonst eigene Arbeiten überprüft.

Trotz dieser Erleichterungen entsteht zuweilen der Eindruck, dass eine Überprüfung durch eine unabhängige Revisionsstelle nicht überall erforderlich wäre. Allen voran in KMU-Situationen, in denen die Aktionäre gleichzeitig auch das Unternehmen leiten und damit für die Erstellung der Jahresrechnung verantwortlich sind, kommt hin und wieder die (berechtigte) Frage über den Sinn dieser unabhängigen Überprüfung auf.

Aus Sicht dieser Aktionäre wird argumentiert, es sei schliesslich ihr Geld und ihre Verantwortung und daher wäre eine unabhängige Überprüfung nicht notwendig. Es könne doch auch ein Mitglied des Verwaltungsrates oder der beste Freund des Aktionärs sein, der diese Prüfung durchführt. Es interessiere ja schliesslich niemanden ausserhalb des Unternehmens.

Diese Erklärung ist zwar einleuchtend, aber nicht vollständig und daher abzulehnen. Zum einen gibt es weitere Stakeholder, die ein Interesse an der Prüfung haben (so zum Beispiel die Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Banken, Steuerverwaltung). Zum anderen könnte ein nicht unabhängiger Prüfer geneigt sein, bei Fehlverhalten der Unternehmensleitung «beide Augen zuzudrücken» und das Fehlverhalten nicht offenlegen. Wir wissen es nicht, ob es so ist. Aber nur schon die Vermutung, dass es so sein könnte, genügt, um den Bericht dieses Prüfers infrage zu stellen. Eine nicht unabhängige Prüfung hätte keinen Wert – auch nicht im KMU; dies ist keine Frage der Grösse des Unternehmens, sondern eine Frage, ob eine Prüfung durchgeführt wird oder nicht.  

Letztlich kristallisiert sich denn auch heraus, dass es im Grunde nicht um die Frage geht, ob die Prüfung von einer unabhängigen Person durchgeführt wird oder nicht, sondern wohl eher darum, ob überhaupt eine Prüfung durchgeführt wird. Denn wenn eine Prüfung durchgeführt wird, dann kann diese Prüfung nur durch eine unabhängige Person erfolgen, da die Prüfung und deren Bericht sonst keinen Wert haben.

Fazit

Auf den ersten Blick klingt es verlockend: Bei kleineren Unternehmen darf die Revisionsstelle weniger unabhängig sein als bei grösseren Unternehmen. Bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass sich sowohl die Revisionsstelle als auch die Stakeholder einen Bärendienst erweisen, wenn die Unabhängigkeit nicht gegeben ist. Dem Unternehmer droht die Gefahr, dass die Berichte keine Glaubwürdigkeit mehr haben und der Revisionsstelle droht die Gefahr, dass – weil die Berichte keinen Wert mehr haben – die Aufträge für die Revision ausbleiben. Wenn eine Prüfung durchgeführt wird, dann muss diese durch eine unabhängige Person erfolgen. Anderenfalls ist der Bericht nicht glaubwürdig.

Die eingeschränkte Revision – eine Schweizer Eigenheit


Seit 2008 kennt die Schweiz ein rechts­form­unabhängiges Revisionsrecht, bei welchem sich die Revisionsart nach der Grösse der Gesellschaft richtet. Darin wurde das
Instrument der eingeschränkten Revision geschaffen, das zum Ziel hat, kleine und mittlere Unternehmen von der ordentlichen Revision zu befreien und ihnen die Möglichkeit einer abgespeckten Revision zu bieten. Der Standard zur Eingeschränkten Revision (SER) ist ein wichtiges, nicht zu unterschätzendes Instrument in der Wirtschaftsprüfung, das in dieser Form nur in der Schweiz existiert. 2014 wurden laut der Revisionsaufsichtsbehörde 107 800 Revisionen durchgeführt. Rund 88 Prozent, also 94 500 davon waren eingeschränkt.

Die Unabhängigkeit der Revisionsstelle ist in Artikel 729 des Obligationenrechts festgehalten:

  1. Die Revisionsstelle muss unabhängig sein und sich ihr Prüfungsurteil objektiv bilden. Die Unabhängigkeit darf weder tatsächlich noch dem Anschein nach beeinträchtigt sein.
  2. Das Mitwirken bei der Buchführung und das Erbringen anderer Dienstleistungen für die zu prüfende Gesellschaft sind zulässig. Sofern das Risiko der Überprüfung eigener Arbeiten entsteht, muss durch geeignete organisatorische und personelle Massnahmen eine verlässliche Prüfung sichergestellt werden.  

Diese Regelung der Unabhängigkeit wird seit 2008 angewendet und ist auch im Standard zur Eingeschränkten Revision (SER) 2007, der von den Berufsverbänden Expertsuisse und Treuhand-Suisse zusammen publiziert wurde, so festgelegt. Vor einigen Wochen wurde ein überarbeiteter Branchenstandard des SER herausgegeben, der den zwischenzeitlichen Gesetzesänderungen (neues Rechnungslegungsrecht) gerecht wird und verschiedene Konkretisierungen enthält. Unter anderem enthält der Anhang B dieses Standards Regelungen zur Unabhängigkeit der Revisionsstelle und konkretisiert die diesbezüglich zulässigen respektive unzulässigen Sachverhalte, allen voran im Zusammenhang mit den parallel zur Revision erbrachten Dienstleistungen.

Somit wird Sicherheit für den Berufsstand geschaffen, insbesondere mit dem unveränderten Bekenntnis zur Möglichkeit der mandatsbezogenen Trennung bei Doppelmandaten. Damit wurde den KMU ein praktikables, schlankes Instrument an die Seite gestellt, das ein qualitativ hochstehendes, glaubwürdiges Endprodukt zusichert und den Ressourceneinsatz in Grenzen hält.

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