Finanzen & Vorsorge

Börsenradar

Börsen behaupten sich noch

Kaufen, Halten oder Verkaufen – ein speziell auf den Schweizer Aktienmarkt ausgerichtetes Analysesystem prüft auf Basis von fünf Einzelsignalen, in welche Richtung der Börsenradar ausschlägt.
PDF Kaufen

Die internationalen Aktienmärkte haben sich auch von Mitte Mai bis Mitte Juni gut gehalten. Trotz international schwacher Auftragseingänge gehen offenbar viele Anleger davon aus, dass ein kommender Konjunktureinbruch bereits in den rückläufigen Kursen des Jahres 2022 vorweggenommen war und es daher von nun an nur noch weiter aufwärts gehen könne. Dem widersprechen aber einige wichtige Daten. Zum Beispiel ist der viel beachtete US-Einkaufsmanagerindex im Mai erneut weiter gesunken und liegt mit 46,9 deutlich unter der Marke von 50. Das bedeutet, dass dieses Konjunkturbarometer eine kommende Rezession in den USA anzeigt. Auch Deutschland meldet im 4. Quartal 2022 und im 1. Quartal 2023 negatives Wachstum. 

Besonders bedenklich bleibt, dass die Zentralbanken trotzdem weiterhin vorrangig die Inflation bekämpfen und ihre Zinsen lieber weiter erhöhen, als sie zu senken. Selbstverständlich ist auch die Schweiz als Heimat grosser internationaler Konzerne davon betroffen, zumal hierzulande das Kursniveau besonders hoch ist. Die im SMI befindlichen Aktien werden im Durchschnitt mit dem 3,7-fachen Jahresumsatz bewertet; das ist fast dreimal so hoch wie der weltweite Durchschnitt. Das liegt daran, dass die SMI-Aktien von vielen Grossanlegern als «Sicherer Hafen» betrachtet werden – noch! Aber das kann sich auch schnell ändern, wie der Schock über die Krise der Credit Suisse in diesem Jahr deutlich gezeigt hat.

Aber schauen wir uns zunächst einmal an, was unsere bewährten Indikatoren meinen:

1. Zinssignale: Positiv

Sinkende Zinsen sind gut für Aktien, steigende Zinsen schlecht. So steht es in den Lehrbüchern. Seit Dezember 2022 gehen die Renditen der zehnjährigen Bundesobligationen wieder zurück. Das ist insofern positiv, als diese Zinsen ja eine Konkurrenz für Aktien sind. Sie können mit den Dividendenrenditen nicht mithalten, vor allem, wenn sie weiter sinken sollten.

2. Der Saisoneffekt: Negativ

Zahlreiche Statistiken haben bewiesen, dass die Monate Mai bis Oktober im Durchschnitt eine wesentlich schlechtere Performance am Aktienmarkt aufweisen als die Monate November bis April.

3. Die Anzahl der Schweizer Aktien mit 9-Monats-Hochs und -Tiefs: Positiv

Unsere Liste der 64 wichtigsten schweizerischen Aktien zeigt bis jetzt noch ein positives Bild. Anfang Juni meldeten sechs Aktien ein neues 9-Monats-Hoch, nämlich Ascom, Inficon, ABB, Lindt, Flughafen Zürich und Lonza. Nur zwei Aktien meldeten ein 9-Monats-Tief, nämlich Clariant sowie Oerlikon. Ausgesprochen schwach im Trend liegen auch Kudelski, Zur Rose und BB Biotech. Das sind weiterhin Verkaufskandidaten.

4. Der SMI-Index: Positiv

Der SMI-Index für die 20 wichtigsten schweizerischen Aktien hat zwar weiterhin kein neues Rekordhoch erreicht. Aber rein charttechnisch sieht der Trend gut aus. Denn vorläufig hat sich die Abwärtsbewegung des Jahres 2022 in diesem Jahr nicht fortgesetzt, sondern wurde nach oben durchbrochen.

5. Der Banken-Index: Positiv

Den Banken-Index beobachten wir deshalb so genau, weil er mögliche Finanz-Gefahren für die Weltwirtschaft durch drohende Insolvenzen in der Regel eher anzeigt als übliche Aktienindizes wie der SMI. Er setzt sich aus zehn wichtigen Grossbanken aus aller Welt zusammen; auch die UBS ist im Banken-Index enthalten. Zwar hat der Bankenindex im März 2023 Federn lassen müssen, aber es wäre verfrüht, hier schon von einem wieder beginnenden Abwärtstrend zu reden.

6. Summe der fünf Signale: 4:1 positiv

Nach unseren fünf Indikatoren gibt es noch keinen Grund, sich vom Aktienmarkt zu verabschieden. Auch der Monat Juli zählt ja zu den eher freundlichen Börsenmonaten. Kritisch könnte es aber in den Monaten August und September werden, die in der Vergangenheit oft scharfe Kurs­einbrüche aufwiesen. Das könnte passieren, wenn trotz weiterer schlechter Konjunkturmeldungen die Zentralbanken ihre Zinserhöhungspo­litik fortsetzen.

Es gilt also, auf der Hut zu sein und sich nicht von den steigenden Kursen zu grösseren Käufen animieren zu lassen. Ein Aktienanteil von etwa 50 Prozent im Depot ist wohl noch angemessen; der Rest sollte trotz der niedrigen Renditen in zwei- bis vierjährigen Bundesobligationen angelegt werden.

Porträt