Bei der Frage «Lohn oder Dividende?» ist zunächst zu beachten, dass sich die steuerlichen Rahmenbedingungen – wie die nachstehende Übersicht über die abgabenrechtlichen Tendenzen beispielhaft zeigt – in jüngster Zeit stark verändert haben. Die Gewinnsteuern juristischer Personen sind kantonal auf breiter Front gesunken. Musste bisher mit Gewinnsteuern von rund 20 Prozent (auf Gewinn vor Steuern) oder mehr kalkuliert werden, betragen die Gewinnsteuersätze in einigen Kantonen um die 12 Prozent, inkl. direkter Bundessteuer. Seit dem 1. Januar 2009 gilt auch bei der direkten Bundessteuer das sogenannte Dividendenprivileg. Das Dividendenprivileg soll die wirtschaftliche Doppelbesteuerung von Gesellschaft und Aktionär mildern, indem die Dividenden – unter Bedingungen – zu einem milderen Steuersatz oder nur zu einer Teilquote – von der Einkommenssteuer erfasst werden. Die meisten Kantone haben dieses Privileg bereits eingeführt. Die Ausgestaltung des Dividendenprivilegs ist kantonal unterschiedlich. Die Spannweite reicht von einer Entlastung um 80 Prozent (Kanton Glarus) bis zur «schweizerischen Durchschnittslösung» von 50 Prozent (z. B. in den Kantonen Basel-Stadt, Bern und Zürich). Bei der direkten Bundessteuer beträgt die Entlastung bei Beteiligungen im Privatvermögen 40 Prozent. Voraussetzung für das Dividendenprivileg ist eine Beteiligungsquote von mindestens zehn Prozent. Sowohl bei dieser Voraussetzung als auch bei der technischen Ausgestaltung bestehen aber unverändert kantonale Unterschiede. Das Fallbeispiel 1 zeigt die Auswirkungen der veränderten Rahmenbedingungen, ohne dass die Gesellschafterlöhne verändert wurden.
Veränderte Gesellschafterbezüge
Die Steuerpflichtigen haben rasch erkannt, dass sich mittels Veränderung der Gesellschafterbezüge eine weitergehende Optimierung erzielen lässt: War man bisher bestrebt, die Gesellschafterlöhne möglichst hoch anzusetzen, kann es sich im Einzelfall – mindestens vordergründig – lohnen, das Gesellschaftersalär zu reduzieren und die Dividende zu erhöhen. Das nachstehende – bewusst extrem gehaltene – Fallbeispiel 2 zeigt dies deutlich.
Geringere Löhne
Eine solche Veränderung der Bezugsoptimierung kann indessen verschiedene Probleme aufwerfen. Es sind die Rahmenbedingungen der AHV zu beachten. Geringere Aktionärslöhne verändern ausserdem die Rahmenbedingungen rund um die berufliche Vorsorge. Sie reduzieren den Risikoschutz sowie die Möglichkeiten des Vorsorgesparens und vermindern auch die Möglichkeit von steuerlich abzugsfähigen Einkäufen in die berufliche Vorsorge. Erhöhte Dividenden bringen einen gewissen Zinsverlust aufgrund des unterschiedlichen Zeitpunktes von Ablieferung und Rückforderung der Verrechnungssteuer. Und schliesslich steigt bei höheren Dividenden tendenziell der steuerliche Aktienwert und damit die Vermögenssteuer. Die Bezugsoptimierung hat auch im veränderten steuerlichen Umfeld aufgrund der Verhältnisse im Einzelfall zu erfolgen; steuerliche Patentrezepte existieren nach wie vor nicht.