Die Schweizer Nationalbank hat überraschend die Euro-Kurs-Untergrenze aufgegeben. Die Bekanntgabe dieser Entscheidung sandte Mitte Januar Schockwellen durch die Devisenmärkte rund um den Globus und durch die Schweizer Wirtschaft. Bereits wird der 15. Januar als «Schwarzer Donnerstag» bezeichnet. Die Aufgabe des Mindestkurses ist richtig und notwendig. Der starke Franken verlangt einen schmerzhaften Anpassungsprozess, der jedoch schlussendlich die internationale Wettbewerbsfähigkeit der kleinen und mittelgrossen Unternehmen ausbauen wird. Dabei kann das Engagement in asiatischen Absatzmärkten die nötigen Anpassungen beschleunigen und letztlich auch die Wettbewerbsfähigkeit im Schweizer Heimmarkt stärken. Was bedeutet die Aufgabe Wechselkursuntergrenze für exportorientierte Schweizer KMU und wie sollen diese mit der neuen Realität umgehen?
Neue, alte Realität
Nach der Nationalbankentscheidung und der anschliessenden Bekanntgabe der geldpolitischen Lockerung durch die Europäische Zentralbank (EZB) am 22. Januar steht der Schweizer Franken paritätisch zum Euro und hat sich damit zirka 17 Prozent aufgewertet. Gleichzeitig hat der Franken gegenüber dem Dollar 14 Prozent an Stärke gewonnen. Seit der Finanzkrise 2008 verlor der Euro gegenüber dem Franken kontinuierlich an Wert. Die Talfahrt wurde 2011 mit der Einführung der Euro-Kurs-Untergrenze bei 1.20 CHF / EUR vorläufig gebremst. Seit dem 15. Januar ist der Wechselkurs wieder freigegeben. Die Anpassungen an den Märkten waren prompt und markant. Die Entwicklung der vergangenen Wochen belegt eindrücklich, dass währungspolitische Interventionen schlussendlich ein Nullsummenspiel sind.
Bereits werden Hoffnungen geäussert, dass sich der Wechselkurs zum Euro bei 1.10 CHF / EUR einpendeln werde. Das scheint aus heutiger Sicht unwahrscheinlich. Als wichtiger Treiber ist da zum einen die europäische Geldpolitik: Das QE (Quantitative Easing)-Programm der EZB wird bis September 2016 monatlich 60 Milliarden Euro, gesamthaft maximal 1,1 Billionen – das sind 1 000 000 000 000 Euro – an Liquidität in den Markt pumpen. Sodann schwächen politische Risiken die Einheitswährung: Die Wahlen in Griechenland am 25. Januar wurde von der linken Syriza-Partei gewonnen, die sich vehement für einen Schuldenschnitt einsetzt. Die Ereignisse in Athen und die Reaktionen der EU werden von linkspopulistischen Parteien in Spanien und Italien mit grossem Interesse verfolgt.
Daher gehen die Analysten heute von einer weiteren Schwächung des Euro aus, der nach der Bekanntgabe des QE-Programms durch die Europäische Zentralbank den tiefsten Stand gegenüber dem US-Dollar seit elf Jahren erreichte. Sofern die SNB vor diesem Hintergrund nicht erneut massiv an den Devisenmärkten interveniert, ist nicht mit einer deutlichen Schwächung des Frankens zu rechnen.
Die Entscheidungsträger in kleinen und mittelgrossen Unternehmen sind also gut beraten, von einer nachhaltigen Stärkung des Frankens auszugehen, anstatt sich mit Wunschdenken der neuen, alten Realität gegenüber zu verschliessen.