1e-Vorsorgelösungen sind individuelle Sparpläne für Versicherte mit höheren Einkommen. Lohnbestandteile ab der Höhe von 127 980 Franken – was der anderthalbfachen BVG-Lohnobergrenze entspricht – können mit 1e-Plänen individuell versichert werden. Die Versicherten können dabei die Anlagestrategie beeinflussen, indem sie unter maximal zehn vorgeschlagenen Anlagestrategien auswählen.
Solche Lösungen für den überobligatorischen Bereich der beruflichen Vorsorge gibt es schon länger – breitere Anwendung erreichten sie erst mit der Änderung des Freizügigkeitsgesetzes im Herbst 2017. Die Rechtsunsicherheit beziehungsweise der Widerspruch zwischen BVG und Freizügigkeitsgesetz in Bezug auf die Mindestaustrittsleistungen wurde beseitigt: Die Vorsorgeeinrichtungen müssen den Versicherten keinen garantierten Mindestbetrag mehr auszahlen, wenn sie ihre Pensionskasse verlassen, sie dürfen nun auch Verluste verrechnen. Mit 1e-Plänen profitieren Versicherte also von der höheren Wertentwicklung ihrer Anlagen in guten Börsenjahren – wie zum Beispiel 2019 –, aber sie tragen in schlechten Jahren auch das Verlustrisiko.
Angebote zur Kundenbindung
Ab 2018 setzte ein regelrechter Boom an 1e-Angeboten ein, und inzwischen bieten fast alle Schweizer Banken und Versicherungen entsprechende Lösungen an. Die Gründe für den Markteintritt sind dabei unterschiedlich.
Das Hauptmotiv, an diesem interessanten Markt teilzunehmen, ist sein starkes Wachstum. Das von 1e-Sammeleinrichtungen verwaltete Vermögen von heute rund 3,5 Milliarden Franken – was nicht einmal einem halben Prozent der gesamten Schweizer Vorsorgevermögen entspricht – dürfte gemäss Schätzungen bis 2025 auf 100 Milliarden Franken anwachsen. Banken erhoffen sich mit dem Angebot von 1e-Produkten eine Zunahme der verwalteten Vermögen. Die Versicherungsgesellschaften hingegen laufen Gefahr, überdurchschnittlich gesunde und zahlungskräftige Versicherte an 1e-Sammeleinrichtungen zu verlieren. Mit einem entsprechenden Angebot wollen sie Kundenabgänge zumindest teilweise kompensieren. Neben Banken und Versicherungen treten auch unabhängige Gesellschaften als Betreiberinnen von 1e-Sammelstiftungen auf. Dabei handelt es sich meist um Unternehmen, die bereits im klassischen BVG-Kollektivgeschäft aktiv sind und im 1e-Segment ebenfalls ein überproportionales Wachstum erwarten. Ein KMU, das den Anschluss an eine 1e-Sammelstiftung in Betracht zieht, sollte also wissen, wie die Wertschöpfungsketten der verschiedenen Angebote aufgebaut und miteinander verknüpft sind.
Kosten und andere Unterschiede
Die Sammeleinrichtungen erbringen Verwaltungsdienstleistungen und übernehmen die Absicherung von Tod und Invalidität. Sie sind – in unterschiedlichem Umfang – auch in der Vermögensverwaltung tätig. Dabei unterscheiden sich die verschiedenen Anbieter hinsichtlich ihrer Verwaltungskosten, Risikoprämien und Vermögensverwaltungsgebühren. Es gibt Sammelstiftungen, welche die Verwaltungskosten als Gebühr pro Kopf erheben, so wie es im klassischen BVG-Geschäft üblich ist. Andere bauen zusätzlich ein dynamisches Element in die Verwaltungskosten ein, das mit einem bestimmten Prozentsatz an die Entwicklung der Vorsorgegelder der Versicherten gekoppelt ist. Dieses Gebührenmodell kann bei grösseren Summen zu überproportional hohen Verwaltungskosten führen. Die entsprechenden Anbieter begründen eine solche Kostenstruktur mit dem höheren administrativen Aufwand, den die Verwaltung einer 1e-Lösung im Vergleich zu einem klassischen BVG-Plan nach sich zieht. Den KMU, welche diesen Sammeleinrichtungen angeschlossenen sind, ist dieser Sachverhalt oft nicht bewusst.
Auch in Bezug auf die Risikoprämien weisen die verschiedenen Sammeleinrichtungen grosse Unterschiede auf. Zu beobachten ist, dass bei der Neuimplementierung eines 1e-Plans im Vergleich zum herkömmlichen BVG-Anschluss fast immer deutlich günstigere Risikoprämien erzielt werden können, da in der Regel nur Personen mit einem unterdurchschnittlichen Invaliditätsrisiko versichert sind.
Ein weiterer Punkt, der bei der Wahl einer 1e-Vorsorgelösung berücksichtigt werden muss, ist ihre Übertragbarkeit von einem Anbieter zum anderen. Pläne mit «exotischen» Komponenten können meist nur von wenigen Sammelstiftungen repliziert werden und schränken den Handlungsspielraum des angeschlossenen Unternehmens ein. Auch die sogenannten Eigenhypotheken sowie lange Vertragslaufzeiten begrenzen die Anpassungsfähigkeit und Flexibilität eines 1e-Plans. All diese Elemente müssen in die Auswahl der passenden 1e-Sammeleinrichtung einfliessen und gegeneinander abgewogen werden.