Editorial

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Der paradoxe Alleskönner

Wer oder was bringt Erfolg, welche Ausprägung von Leadership und Führungsstil entscheidet über Sieg oder Niederlage?

Die Suche nach ­einer tragbaren und allgemeingültigen Formel beschäftigte schon in der Antike. Stand damals vor allem noch die vorbildliche Kriegsführung im Mittelpunkt solcher Überlegungen, gab es doch schon differenzierte Betrachtungsweisen, die nicht allein auf die Motivationsanker Ruhm und Geld setzten. Immer jedoch ­waren Individuen mit einer äusserst starken Persönlichkeit die Hauptdarsteller historischer Erfolgsgeschichten. Diesen «Helden», so die lange vorherrschende Meinung, seien ihre Führungseigenschaften angeboren.

Zweifellos ist auch wirtschaftlicher Erfolg vornehmlich ausgeprägter Persönlichkeit zu verdanken. Jedoch bröckelt die sogenannte Great-Man-Theorie, nach der die für Führungspersönlichkeiten charakteristischen Eigenschaften quasi gottgegeben, also bereits angelegt sind. Im frühen 20. Jahrhundert begann sich dieses Bild zu ändern mit der Annahme, Führung sei erlernbar wie ein Handwerk. Max Weber (1864 bis 1929), Mitbegründer der Soziologie, stellte Führung erstmals auch in einen grösseren Kontext und führte weg von der Sicht auf die Person und Persönlichkeit. Als ­Vater der klassischen Führungsstile gilt der Psychologe Kurt Lewin (1890 bis 1947). Er unterschied autoritäre, kooperative und Laissez-faire-Führung. Jeder Stil, so ­Lewin, habe Vor- und Nachteile. Ein Ergebnis seiner Studien war, dass es besser sei, irgendeine Führung zu haben, als gar keine.

Auf Basis von Weber und Lewin hat die Managementliteratur weitere Führungsstile hervorgebracht, angepasst an die jeweiligen, vor allem gesellschaftlichen Entwicklungen. Wer heute «top-notch» unterwegs sein will, bildet sich mit «modernen» Führungsstilen. Dabei beziehen die Klassifizierungen von Führungsqualitäten zunehmend die Wechselbeziehung mit den Mitarbeitern und sogar anderen Stakeholdern mit ein. Je komplexer das Umfeld – Stichwörter sind Digitalisierung, Transformation, Fachkräftemangel und Lieferkettenproblematiken – desto stärker nähert sich das Anspruchsverhalten an Führungskräfte als eine «eierlegende Wollmilchsau». 

Da ein solcher paradoxer Alleskönner nicht existiert, steht vor der subjektiven Wahl eines Führungsstils vielmehr die damit zu erreichende Wirksamkeit. Ganz nach ­Managementberater Fredmund Malik über seinen ersten Grundsatz wirksamer Führung: «Es kommt im Management nur auf die Resultate an.»

P.S.: Mehr zum Thema Führungsstile in der Ausgabe Nr. 07-08/2023.

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