Digitalisierung & Transformation

Human Relations

Wie digitale Tools den HR-Bereich verändern können

Neue, cloudbasierte Software-Tools sollen die HR-Arbeit erleichtern und gleichzeitig deren Effektivität erhöhen. HR-Manager erhalten somit mehr Handlungsspielraum, um sich drängenden Herausforderungen zu stellen, wie etwa qualifiziertes Personal zu gewinnen und zu binden. Der Beitrag beleuchtet, welche Entwicklungen Unternehmen aktuell beschäftigen.
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Das Angebot von IT-Lösungen für den Personalbereich ist heute so vielfältig wie nie zuvor. In kurzen Abständen kommen neue, cloudbasierte Software-Tools auf den Markt. Die Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen beschleunigen viele operative Aufgaben – und vereinfachen die Kommunikation zwischen Personalabteilung und Mitarbeitern.  Dabei sind es vor allem drei Entwicklungen, mit denen sich Unternehmen im Jahr 2020 werden beschäftigen müssen.

Entwicklung 1: HR-Berufsbilder wandeln sich

Die Zeiten, in denen Fachkräfte scharenweise auf die Unternehmen zukamen und diese nur noch die besten Kandidaten herauspicken mussten, sind vorbei. In vielen Branchen haben sich die Rollen umgekehrt: Es ist zunehmend Aufgabe des HR-Managers, vielversprechende Talente zu finden, für das Unternehmen zu begeistern und als Mitarbeiter zu gewinnen. Der Recruiter fungiert als Vertriebler, der seine Organisation als Arbeitgeber an den Mann und die Frau bringen muss. Das erfordert nicht nur die entsprechenden Networking-Kompetenzen, wie etwa Überzeugungskraft und Verkaufstalent. Darüber hinaus muss sich der Recruiter auf immer neue digitale Kanäle einstellen, die bei den verschiedenen Bewerber-Zielgruppen gerade beliebt sind, und die Personalmarketingstrategie flexibel daran anpassen. 

Auch andere HR-Rollen, wie etwa HR-Business-Partner oder Personalentwickler, müssen sich stärker um eine gute Employee Experience bemühen, damit die gewonnenen Talente dem Unternehmen auf lange Sicht erhalten bleiben. Während sich das Selbstbild von HR in den letzten Jahren bereits entsprechend gewandelt hat, sehen Mitarbeiter anderer Unternehmensbereiche Personaler nach wie vor eher als Buchhalter und Dienstleister denn als strategische Partner oder gar Change-Manager. HR-Verantwortliche müssen nicht nur den vielfältigen neuen Aufgaben gerecht werden, sondern auch ein Bewusstsein dafür schaffen, dass sie mehr für die Mitarbeiter tun können, als nur ihre Daten zu verwalten.
 
Damit Personalmanager ihre Kompetenzen in den Feldern Talentmanagement, Qualifizierung, Big Data und People Analytics, Kulturentwicklung, Transformationsmanagement und so weiter ausbauen können, gilt es, den administrativen Aufwand auf ein Minimum zu reduzieren. Passende Software-Lösungen, mit denen sich die Prozesse rund um das Recruiting, das Bewerber-, Talent-, Performance- und HR-Management effektiv steuern lassen, sind unverzichtbar. 

Doch nicht jedes Tool eignet sich für jedes Unternehmen. IT-Affinität und Digitalkompetenz zählen somit ebenfalls zu den Eigenschaften, die für Personalmanager immer wichtiger werden. Es gilt, in enger Zusammenarbeit mit der IT-Abteilung die Tools auszuwählen, welche die eigenen Workflows bestmöglich abbilden können, und diese zielführend einzusetzen. Anstatt lediglich mit den bestehenden Systemen zu arbeiten, wird der HR-Verantwortliche zur treibenden Kraft bei der Gestaltung der Unternehmens-IT in seinem Bereich.

Entwicklung 2: Software­landschaft differenziert sich aus

Viele Organisationen stellen sich die Frage, was sinnvoller ist: eine übergreifende HCM-Plattform (Human Capital Management), die im Idealfall alle Funktionen abdeckt, oder eine Best-of-Breed-Architektur, die sich aus separaten Lösungen für jeden Aufgabenbereich zusammensetzt. Der Trend geht erkennbar zur zweiten Option. Der Vorteil: Unternehmen können die Software-Tools und Microservices auswählen, die ihren Bedürfnissen am besten gerecht werden. Dabei bleiben sie flexibel genug, um Werkzeuge, die ihre Erwartungen nicht erfüllen, schnell zu ersetzen. Beide Möglichkeiten lassen sich auch kombinieren. Genügt ein bestimmtes Modul der HCM-Suite nicht den Anforderungen, kann das Unternehmen stattdessen ein entsprechendes Cloud-Tool in die Plattform integrieren. So profitiert die HR-Abteilung von der Einheitlichkeit einer zusammenhängenden Plattform und bildet gleichzeitig alle ihre Prozesse optimal ab.

Die Vielfalt an Möglichkeiten führt dazu, dass sich die IT-Landschaft im HR-Bereich zunehmend ausdifferenziert. Das gilt sowohl innerhalb der einzelnen Organisation, wo die Anzahl der Lösungen tendenziell steigt, als auch mit Blick auf die Gesamtheit der Unternehmen, wo eine Individualisierung der HR-IT zu beobachten ist. Das stetig wachsende Angebot an digitalen Lösungen wird unterschiedlich aufgegriffen. Während Konzerne und Start-ups eher bestrebt sind, ihre Abläufe so weit wie möglich zu automatisieren, setzen viele traditionelle Mittelständler bewusst auf den Menschen und seine auf Erfahrung fussende Kompetenz. 

In einem Grossunternehmen mit tausenden Beschäftigten, das permanent freie Stellen zu besetzen hat, kann es eine sinnvolle Erleichterung sein, per Algorithmus eine Vorauswahl unter den Bewerbungen zu treffen. Ein mittelständischer Handwerksbetrieb hingegen, der den Fachkräftemangel bereits deutlich spürt, kann es sich kaum leisten, Kandidaten vorschnell abzuweisen. Hier braucht es die persönliche Einschätzung des HR-Managers, der sein Urteil am Gesamtbild eines Bewerbers festmacht anstatt an einer starren Liste von Merkmalen. So wird vielleicht eine Person zum Favoriten, die ein zentrales Kriterium für die Stelle (noch) nicht erfüllt. 

Auch in weniger geradlinigen Biografien Potenziale zu entdecken – was es in Zukunft viel stärker zu tun gilt –, das kann Software allein bisher nicht leisten. Unternehmen sollten daher die spezifischen Herausforderungen ihres Geschäfts und Umfelds genau reflektieren. Nur so lässt sich sicher entscheiden, welche Aufgaben sie mit digitalen Lösungen automatisieren sollten und wo sie besser auf den Sachverstand und die Kreativität eines Menschen setzen.

Entwicklung 3: Ansprüche an Evaluation und Controlling steigen

Die Frage, was sich digitalisieren lässt, muss massgeblich die HR-Abteilung beantworten – in Einklang mit der vom Topmanagement vorgegebenen Digitalstrategie. Viele Organisationen machen noch immer den Fehler, die Digitalisierung allein als Sache des IT-Bereichs oder der internen Abteilung für Unternehmensentwicklung zu betrachten. Chronischer Zeitmangel im HR-Bereich ist ein weiterer Hinderungsgrund. Doch die Zahl der HR-Manager, die sich ihrer Verantwortung ebenso wie der Dringlichkeit der Aufgabe bewusst sind, wächst kontinuierlich. So werden Personalleiter zu IT-Entscheidern für ihren Bereich. Das Analyse- und Beratungsunternehmen Gartner hat die «Demokratisierung von Fachwissen» als einen der zehn wichtigsten Technologie-Trends für 2020 identifiziert. Dazu gehört auch, dass IT-Laien Zugang zu Software-Tools und technischen Systemen bekommen, die bislang IT-Experten vorbehalten waren. Der zunehmende Einsatz von Cloud-Lösungen unterstützt den Trend, von der IT-Abteilung unabhängiger zu werden.

Die Personalabteilung muss weitgehend eigenverantwortlich dafür sorgen, sich mit den passenden Tools effektiv zu organisieren. Das bedeutet nicht nur eine zusätzliche Herausforderung für die HR-Leitung, sondern umgekehrt steigen auch die Ansprüche an die Software. Ob diese die Arbeit tatsächlich erleichtert oder verbessert, bewerten jetzt diejenigen, die sie selbst nutzen. Um schnell beurteilen zu können, ob beispielsweise ein neuer Re­cruiting-Kanal wie etwa Facebook Jobs die gewünschten Ergebnisse liefert oder nicht, sind aussagekräftige Controlling-Funktionalitäten ein Muss. 

Anwender sollten mit wenigen Klicks Reports und Diagramme erstellen können, die sofort einen Überblick über die re­levanten Zahlen vermitteln. Je mehr Unternehmen in digitale Lösungen investieren, umso wichtiger wird das Thema Messbarkeit, denn: Organisationen sollten nur die Tools behalten, die einen belegbaren Mehrwert schaffen.

Fazit

Demografischer und digitaler Wandel zugleich – noch nie war das HR-Management solch disruptiven Veränderungen unterworfen wie heute. Die Personalabteilung steht unter Zugzwang, sich strategisch und operativ neu aufzustellen. Sich aus der Rolle als Bürokraten zu befreien und zum visionären Enabler zu werden, gelingt jedoch nicht von heute auf morgen. In einer Studie des Unternehmens PricewaterhouseCoopers, der Universität St. Gallen und der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) gaben 37 Prozent der befragten HR-Führungskräfte an, dass der Personalbereich ihres Unternehmens auf die Zukunft schlecht vorbereitet ist. 

Anstatt in Aktionismus zu verfallen, heisst es, planvoll vorzugehen, eine Vision zu entwickeln und genau abzuwägen: Wo liegen die grössten Schmerzpunkte? Welche Ziele gilt es kurz-, mittel- und langfristig zu erreichen? Wie lässt sich die IT-Architektur im Einklang mit diesen Zielen gestalten? Welche digitalen Lösungen braucht es, worauf kann man verzichten? HR-Manager, denen es gelingt, Geschäftsführung, IT-Abteilung sowie das eigene Team einzubinden und eine gemeinsame Strategie zu verfolgen, sind auf dem besten Weg, die Transformation nicht nur zu bewältigen, sondern als Chance zu nutzen.

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