Die meisten Trainings- und Beratungsanbieter haben keine Marketing- und Vertriebsstrategie. Deshalb verplempern sie viel Zeit und Geld mit unkoordinierten Marketingaktivitäten – sofern sie überhaupt ein aktives Marketing betreiben. Das zeigt sich besonders deutlich in der aktuellen Krise. In ihr gewinnt man oft den Eindruck: Alle Berater laufen gleich einer panischen Hammelherde in dieselbe Richtung.
So wird der Autor zum Beispiel seit dem Corona-bedingten Lockdown täglich von Beratern gleich welcher Couleur per Mail und über die Social-Media-Kanäle mit solchen Angeboten traktiert, wie kostenlos an irgendwelchen Webinaren und Online-Coachings teilzunehmen. Dabei handelt es sich fast ausnahmslos um Berater
- die er nicht kennt und
- deren Webseiten den Eindruck vermitteln: Der Berater wurde über Nacht ins digitale Zeitalter katapultiert.
Und die Themen der Webinare und Online-Coachings? Sie drehen sich fast ausnahmslos um die drei Themen «Remote-Office», «Virtuelle Teams führen» und «Die Krise als Chance». Von einer grossen Marktkenntnis und durchdachten Strategie zeugt dies nicht.
Nicht fit im digitalen Zeitalter
Die meisten Trainings- und Beratungsanbieter haben keine Marketing- und Vertriebsstrategie – das behauptete der Autor schon vor fast 30 Jahren. Hat sich seitdem etwas geändert? Ja. – Die Situation hat sich verschärft. Denn was konnten Bildungs- und Beratungsunternehmen vor 30 Jahren tun, um Kontakte zu Neukunden anzubahnen und von ihnen (Erst-)Aufträge zu erlangen? Sie konnten Werbebriefe schreiben, PR-Artikel und Anzeigen in Zeitschriften platzieren und die potenziellen Kunden anrufen sowie diese ab und zu zu einer Kundenveranstaltung einladen. Mehr Marketingtools gab es nicht. Entsprechend einfach gestrickt waren vor 25 oder 30 Jahren die Marketing- und Vertriebsstrategien der meisten Trainer und Berater – sofern sie solche hatten.
Diese Situation hat sich verändert. Aufgrund des Siegeszugs des Internets haben zum Beispiel die Fachzeitschriften ihre Funktion als wichtigste Informationsquelle verloren. Entsprechend stark sank die Wirkung von Anzeigen und Artikeln in ihnen. Die frühere Funktion der Fachzeitschriften nehmen heute das Internet sowie Google und Co wahr. Und dem Versenden von Werbebriefen an potenzielle Kunden sowie deren unaufgeforderten Kontaktieren per Telefon? Dem schob der Gesetzgeber weitgehend einen Riegel vor. Deshalb müssen die Marketing- und Vertriebsstrategien der Berater heute anders gestrickt sein. Und für ihr Entwickeln benötigt man mehr Marktkenntnis sowie Marketing-, Vertriebs- und Digital-Know-how als vor 30 Jahren.
Komplexe Marketingsysteme
Heute muss man zum Beispiel zum Entwickeln einer Marketing- und Vertriebsstrategie, die nicht auf einem reinen Trial and error basiert, genau wissen:
- In welchem Markt bin ich überhaupt unterwegs? Im B2B- oder im B2C-Bereich?
- Welchen Charakter haben meine «Produkte»? Handelt es sich bei ihnen um Schnelldreher, die Kunden weitgehend spontan kaufen, oder strategisch relevante Investitionsgüter und Dienstleistungen? Und:
- Wie laufen die Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse bei meinen Zielkunden ab? Nutzen sie zum Beispiel, um sich über mögliche «Problemlösungen» zu informieren, primär die klassischen PCs am Arbeitsplatz oder zu Hause das Smartphone und solche Social Media wie Linkedin, Facebook, Instagram und Co?
Neben diesem Basis-Know-how ist eine gewisse Digital-Kompetenz vonnöten. So zum Beispiel ein Wissen darüber:
- Welche (Teil-)Ziele meiner Marketingstrategie kann ich als B2B- beziehungsweise B2C-Anbieter oder als überregionaler beziehungsweise regionaler Anbieter mit solchen Tools wie Webseite, Blog, Linkedin, Facebook und so weiter überhaupt erreichen?
- Wie schaffe ich es, dass meine Webseite, mein Blog, meine Videos nicht nur im Netz stehen, sondern auch von meinen Zielkunden gefunden und gelesen beziehungsweise angesehen werden?
- Wie entwickle ich Content für besagte Medien – und zwar so, dass die Input- und Output-Relation stimmt und die Content-Entwicklung kein Selbstzweck ist?
- Wie nutze ich den generierten Content crossmedial?