Der Mensch ist seit jeher von der Idee einer selbstständig denkenden Maschine fasziniert. Dabei stellt sich die Frage, ab wann eine Maschine als intelligent gelten kann. Eine eindeutige Antwort darauf gibt es nicht, weil Intelligenz selbst nicht einheitlich definiert ist. Daher lässt sie sich auch nicht eindeutig messen.
Überhöhte Erwartungen
Der Begriff «Künstliche Intelligenz» (KI, engl. Artificial intelligence) wurde im Jahr 1956 im Rahmen eines Forschungsprojekts eingeführt. Die Forschenden von damals legten das Fundament moderner KI-Systeme. Über die Zeit zog KI wiederholt grosse Aufmerksamkeit auf sich. Der Begriff weckt grosse Erwartungen.
Viele davon blieben unerfüllt, obwohl es auch in der Vergangenheit durchaus Fortschritte gab. Seit den 2010er-Jahren aber feierten KI-Entwickler beachtliche Erfolge. Grundlage dafür waren steigende Rechenkapazitäten und die grössere Menge an verfügbaren Daten dank der fortwährenden Digitalisierung. KI-Systeme erledigen heute Aufgaben, die man vor wenigen Jahren nur einem Menschen zugetraut hätte. Mehr noch: KI übertrifft die menschlichen Fähigkeiten in vielerlei Anwendungsbereichen und setzt neue Massstäbe – beispielsweise bei der Erkennung von Krebs in der medizinischen Bildgebung. Dies führt bei der Gesellschaft abermals zu unrealistischen Vorstellungen über die Möglichkeiten der Technologie in den kommenden Jahren. Auch diesmal wird KI die überhöhten Hoffnungen enttäuschen. Mit einem wichtigen Unterschied zu früher: KI hat Einzug in alle Branchen gehalten und wird heute bereits in jedem zweiten Unternehmen eingesetzt.
Was heute möglich ist
KI umfasst unterschiedliche Teilgebiete – von Planung, Suche und Optimierung über maschinelles Lernen hin zu Sprach- und Bildverarbeitung. Ihnen gemein ist, dass sie Aufgaben oder Teile davon übernehmen, die bisher menschliche Fähigkeiten erforderten. Als Basistechnologie lässt sich KI in vielen Bereichen einsetzen. So hat KI längst Einzug in unseren Alltag gehalten – beispielsweise in Smartphone-Applikationen oder über Webdienste. Auch wenn sich die Arbeitswelt langsamer an KI-Technologien anpasst, wächst das Interesse spürbar – und das aus guten Gründen.
In bestimmten Aufgabenbereichen kann KI Prozesse deutlich beschleunigen. Leicht zugängliche KI-Werkzeuge, die auf sogenannter generativer KI basieren, erstellen per Knopfdruck neue Inhalte. Ob Textbestandteile, grafische Darstellungen oder Computercode – die Werkzeuge liefern in Sekundenschnelle. So kann KI etwa im Marketing oder Kundensupport die Bearbeitungszeit spürbar verkürzen. KI-Modelle helfen auch in der Softwareentwicklung bei der Fehlersuche und der Dokumentation. Dadurch wird die Entwicklung effizienter und der Code qualitativ besser.
Besonders gut ist KI beim Erkennen von Mustern in Daten. Mithilfe von Bildanalysen lässt sich etwa die Dokumentenverarbeitung automatisieren oder die Qualitätskontrolle optimieren. KI verbessert auch Prognosen zu Liefernetzwerken und optimiert dadurch die Logistik. Oder sie erkennt Maschinenprobleme frühzeitig und verhindert dadurch Ausfälle. Allgemein hilft KI, bestehende Prozesse zu optimieren, und unterstützt die Entscheidungsfindung.
Die Einsatzmöglichkeiten von KI sind so zahlreich wie divers. Wie KI verantwortungsvoll eingeführt wird und wie aufwendig die Umsetzung einer Anwendung ist, hängt vom jeweiligen Fall und den gegebenen Umständen ab. Dies richtig einzuschätzen, bereitet vielen KMU Mühe. Schliesslich geht die Einführung von KI mit einigen Herausforderungen einher. Diese müssen KMU angemessen berücksichtigen, ansonsten drohen Fehlinvestitionen oder unbefriedigende Lösungen. Dies belegen zahlreiche Negativbeispiele selbst bei Grossunternehmen oder Staaten, die für öffentliches Aufsehen sorgen.
Herausforderungen
Die Geschwindigkeit, mit der sich KI derzeit entwickelt, macht es auch für KI-Fachpersonen schwierig, auf dem neuesten Stand der Technik zu bleiben. Es erstaunt darum nicht, dass viele Entscheidungsträger in KMU Mühe haben, das Potenzial von KI für ihr eigenes Unternehmen richtig einzuschätzen. Eine realistische Einschätzung des Potenzials ist jedoch ein zentraler erster Schritt. Je früher dieser erfolgt, desto eher kann ein Unternehmen von der Technologie profitieren.
Die Unterstützung des Managements ist entscheidend, um KI erfolgreich einzuführen. Ebenso wichtig sind die Mitarbeitenden. Diesen fehlen jedoch vielfach die benötigten Kompetenzen für einen verantwortungsvollen Umgang mit KI-Anwendungen. Gerade generative KI liefert oft beeindruckende Ausgaben. Diese können bei Mitarbeitenden Ängste wecken. Oder derart überzeugend wirken, dass die Korrektheit der Resultate nicht hinterfragt wird. Das birgt Risiken – denn so bestechend die Resultate auch sein mögen, KI hat ihre Grenzen. Diese müssen Mitarbeitende kennen und damit umgehen können.
Auch wenn Chatbots überzeugend auftreten: Solche Sprachmodelle haben keinerlei Verständnis davon, worüber sie berichten. Ihre Antworten basieren auf Wahrscheinlichkeiten und widerspiegeln die Daten, mit denen sie trainiert wurden. Entsprechend liefern sie teilweise Ausgaben, die gesellschaftliche Stereotypen widerspiegeln. Etwa wenn sie häufiger Bilder von männlichen als von weiblichen CEOs erzeugen. Solch diskriminierende Eigenschaften lassen sich technisch nur begrenzt verhindern. Aber es gibt Ansätze, wie Unternehmen damit umgehen können.
Mit Partnern neue Wege gehen
Nur wenige Schweizer KMU werden KI allein im eigenen Unternehmen nachhaltig etablieren können. Die Mehrheit ist auf externe Unterstützung und starke Partnerschaften angewiesen. In der Schweiz existiert ein breites Netzwerk an Forschungspartnern, Dienstleistern und weiteren Organisationen, die Unternehmen beim Einsatz von KI gezielt unterstützen können.
Die schnelle Verbreitung von KI geht mit einer Informationsflut einher. Entscheidungsträger haben in der Regel nicht die Zeit, umfangreiche Recherchen durchzuführen und relevante Quellen zu studieren. Firmeninterne Workshops in Zusammenarbeit mit externen Anbietern sind für KMU eine gute Möglichkeit, um sich in überschaubarer Zeit eine detaillierte Übersicht über geeignete Anwendungsfälle zu verschaffen. Dabei können die Dienstleister auch auf allfällige Herausforderungen oder wichtige Voraussetzungen hinweisen. Zu Letzteren zählen zum Beispiel IT-Dienste wie Datenbanken oder Infrastrukturlösungen.
Ebenso wertvoll für KMU ist die Zusammenarbeit mit Forschungszentren. Der Schweizer KI-Forschungsstandort ist international hoch angesehen. Viele der hier beheimateten Forschungsinstitutionen haben in den letzten Jahren eigene KI-Zentren gegründet, die an der Zusammenarbeit mit KMU interessiert sind. Im Rahmen von Pilotprojekten erhalten KMU Zugang zu aktuellem Fachwissen und modernster KI-Technologie. Zudem finden KMU bei Unis und Fachhochschulen Weiterbildungsprogramme, deren Lernpfade auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Darüber hinaus bieten regionale Innovationsnetzwerke oder Kantone Weiterbildungs- und Unterstützungsangebote für KMU an. Überdies unterstützt die Innosuisse innovative Projektideen von KMU im Rahmen ihrer Förderprogramme.
Der Weg ist das Ziel
KI ist reif und Anwendungsfälle, die Mehrwerte schaffen, finden sich in sämtlichen Branchen. Für KMU lohnt es sich, das Thema aktiv anzugehen – je früher, desto eher lassen sich gezielt Erfahrungen sammeln und Vorteile nutzen. Denn KI lässt sich nicht von heute auf morgen in etablierte Prozesse integrieren. KI verantwortungsvoll im Unternehmen einzuführen, benötigt Zeit und eine strategische Auseinandersetzung mit dem Thema.
KMU sollten KI gesamtheitlich angehen und dabei technische, soziale und regulatorische Aspekte berücksichtigen. Führungspersonen spielen dabei eine zentrale Rolle und sind gefordert, den Wandel aktiv zu begleiten und die benötigten internen Entwicklungen anzustossen. Entscheidend ist, dass sie ihre Mitarbeitenden frühzeitig involvieren und deren Kompetenzen gezielt nutzen.
Bei der Einführung empfehlen sich kleinere Schritte sowie eine Lern- und Fehlerkultur. Besonders wirkungsvoll kommen KMU gemeinsam mit Forschungs- oder Entwicklungspartnern voran. Von diesen können sie viel lernen und in der Folge die KI-Entwicklung im eigenen Unternehmen besser steuern.
Solche Kooperationen stärken nicht nur das einzelne Unternehmen, sondern auch den Wirtschaftsstandort Schweiz. Dies ist im heutigen politischen Weltgeschehen wichtiger denn je.