Digitalisierung & Transformation

Digitale Transformation in KMU (Teil 3 von 7)

Gut organisiert in die Digitalisierung

Die Serie «Digitale Transformation in KMU» zeigt, welche Bausteine zur Digitalisierung gehören, wie sich der Managementprozess daraus gestaltet und wie KMU den notwendigen Change in der Praxis umsetzen können. Dieser dritte Teil beschreibt die Vorbereitung und Organisation im Vorfeld.
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Der Management-Prozess der Digitalisierung in KMU besteht aus vier Management-Schritten: Analyse, Planung, Umsetzung und Kontrolle (siehe Ausgabe 9/17 des «KMU-Magazin»). Bevor Sie jedoch mit der Analyse beginnen, sollten Sie Ihren Digitalisierungsprozess sorgfältig vorbereiten und gut organisieren. Warum? Hier die wichtigsten Gründe:

Umfangreiche, tief greifende Veränderungen: Die Digitalisierung ist ein umfangreicher Prozess, der jeden Arbeitsplatz Ihres Unternehmens verändern wird, zum Beispiel in Forschung und Entwicklung, Marketing, Finanzen, Vertrieb, Personalabteilung – und sogar in der Geschäftsleitung. Die Veränderungen betreffen sowohl die Breite Ihres Unternehmens mit allen Funktionen, Abteilungen, Projekten als auch die Tiefe – vom Top-Management bis hin zu jedem einzelnen Mitarbeitenden. Professionelle Vorbereitung dient dazu, einen Prozess aufzusetzen, der diesem Umfang und dieser Komplexität gerecht wird.

Beteiligte aus allen Bereichen des Unternehmens: Erfolgreiche Digitalisierung erfordert die Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen hinweg – Silodenken ist der Feind der erfolgreichen Umsetzung. Bisherige Erfahrungen zeigen, dass die Abstimmung aller Beteiligten immer wieder erschwert ist oder überhaupt nicht stattfindet. Wichtig ist also, die wichtigen Beteiligten der Digitalisierung zu identifizieren, an einen Tisch zu bringen und untereinander klare Absprachen zu treffen. Professionelle Vorbereitung dient auch dazu, die unterschiedlichen Bedarfe, Wünsche und Erwartungen aller Beteiligter einzubeziehen.

Viele Digitalisierungsinitiativen schon vorhanden: Oft sind schon an vielen Stellen des Unternehmens Initiativen entstanden, vor allem auf Websites und in Social Media. Sie sollten sich daher erst einmal einen Überblick verschaffen, um vorhandene Aktivitäten und Erfahrungen im weiteren Prozess zu berücksichtigen.

Fachkenntnisse erforderlich: Die Digitalisierung geht mit vielen neuen (Geschäfts-)Modellen oder neuen Technologien, Methoden und Tools einher wie zum Beispiel Agiles Projektmanagement, Big Data, Design Thinking. Die Beteiligten müssen sich diese Fachkompetenz aneignen, bevor sie an die Digitalisierung gehen können.


Das abgestimmte Management ist eine komplexe, anspruchsvolle und übergreifende Aufgabe, die professionell gesteuert und koordiniert werden muss. Vorhandene Einzelinitiativen gilt es, in einen Gesamtrahmen einzuordnen und auf die kommenden Jahre auszurichten.

Professionelle und gewissenhafte Vorbereitung stellt sicher, dass sich alle Beteiligten angemessen austauschen und abstimmen können – interdisziplinäre Teams, Projektmanagement und Netzwerke spielen hierbei eine wichtige Rolle. Geeignete Prozesse müssen die gezielte Koordination und Kontrolle ermöglichen und übergreifendes Zusammenarbeiten stärken.

Dimensionen der Vorbereitung

In der Vorbereitung treffen Sie alle organisatorischen Entscheidungen, die für den Erfolg des Prozesses wichtig sind. Hierzu gehören die folgenden Entscheidungen über:

  1. Beteiligte Personen
  2. Rollen und Verantwortlichkeiten
  3. Prozesse
  4. Strukturen
  5. IT
  6. Kultur

Beteiligte Personen
Folgende Aspekte sind mit Blick auf die Beteiligten besonders wichtig:

  • Zahl der Beteiligten: Sie entscheidet als personelle Ressource über die Leistungsfähigkeit Ihres Vorgehens. Die Frage ist darum, ob genügend Mitarbeiterkapazität vorhanden ist, beziehungsweise ob Sie diese bereitstellen möchten. In vielen mittelständischen Unternehmen ist mitunter eine einzige Person verantwortlich. Diese wird ihre Aufgabe aufgrund des Umfangs und der Komplexität nicht professionell wahrnehmen können, wenn sie nicht dauerhaft unterstützt wird, zum Beispiel durch Externe.
  • Ausbildung: Verfügen alle Beteiligten über ausreichende Kenntnisse oder vielleicht sogar über Praxiserfahrung in der Digitalisierung? Oder sind sie Quereinsteiger? Im Fall des Quereinstiegs sollten Sie sicherstellen, dass diese Mitarbeitenden durch eine angemessene Ausbildung in Digitalisierung professionell arbeiten können und damit nicht überfordert sind. Die Praxis zeigt, dass die Verantwortlichen in der Digitalisierung sehr unterschiedliche Vorkenntnisse haben – oft reichen sie nicht aus oder fehlen völlig.
  • Weiterbildung: Wie entwickeln die Beteiligten ihre Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten weiter? Gefragt ist zum Beispiel Wissen über digitale Technologien, Plattformmodelle, Kooperationsmodelle, neue Führungsmodelle. Hier entwickelt sich innerhalb kurzer Zeit so viel, dass kontinuierliche Weiterbildung erforderlich ist.

Verantwortlichkeiten

Für die Zusammenarbeit der Beteiligten während des Management-Prozesses legen Sie deren Rollen und Verantwortlichkeiten fest und kommunizieren sie. Vor allem müssen diese Rollen und Verantwortlichkeiten gelebt werden, sonst fühlt sich niemand verantwortlich, Entscheidungen bleiben aus und Zuständigkeiten fehlen. Schlüsselrollen und Kompetenzen von Entscheidungsträgern sollten daher vorab definiert und klar abgrenzt sein, sie sollten kommuniziert und fest verankert werden. Typische Rollen und Verantwortlichkeiten sind:

  • Gesamtverantwortung: In KMU übernimmt diese Aufgabe oft der Inhaber, der Geschäftsführer oder ein Assistent der Geschäftsleitung. In grösseren Unternehmen gibt es den Verantwortlichen, oft ist es mittlerweile der Chief Digital Officer (CDO) oder der Chief Information Officer (CIO). Dieser kann als Stabsstelle der Geschäftsleitung verankert sein. Sicher, Digitalisierung sollte Anliegen aller im Unternehmen sein, doch braucht es einen Treiber, der die Digitalisierung voranbringt.
  • Digitalisierungs-Verantwortliche in Abteilungen, Projekten, Teams, eventuell auch in Landesgesellschaften. Diese Rolle werden die Personen meist nicht in Vollzeit wahrnehmen – vielleicht im Lauf der Zeit. Wichtig ist jedoch, dass diese Rolle vorhanden ist und ausgefüllt wird.
  • Der Sponsor in der Geschäftsführung, am besten der Vorstandsvorsitzende, sichert die erforderliche Unterstützung des Top-Managements.
  • Unterstützende Funktionen sind zum Beispiel die Weiterbildungsabteilung, die IT und die Personalabteilung.

Strukturen

Das Problem durch die Interdisziplinarität in der Digitalisierung ist, dass die Verantwortlichen meist unterschiedlichen Führungskräften untergeordnet sind. Geeignet ist daher die Projektorganisation mit Projektteams als zeitlich begrenzte Arbeitsgruppen, um Spezialaufgaben zu erledigen, die komplex sind, neu und wichtig für das Gesamtunternehmen.

Die Projektgruppe besteht aus fünf bis sieben Mitarbeitern, die aus den wichtigsten Unternehmensbereichen kommen – Geschäftsführung, Forschung, Personal, IT, Produktion, Kommunikation, Vertrieb. Vorteil: In den Prozess fliessen von vornherein Meinungen aus unterschiedlichen Funktionen des Hauses ein. Nachteil: Es kann Probleme beim Koordinieren von Kapazitäten und den Aufgaben der Teammitglieder geben. Der Projektgruppe übergeordnet ist ein Lenkungsausschuss aus etwa zwei bis fünf wichtigen Unternehmensvertretern, die den Prozess verfolgen und wegweisende Entscheidungen treffen.

Prozesse

Prozesse sind Handlungsketten mit de­finiertem Ergebnis. Zu den besonders wichtigen gehören Koordinationsprozesse für die notwendigen Abstimmungen zwischen den Organisationseinheiten. Koordinationsprozesse lassen sich unterteilen in Informations-, Kommunikations- und Abstimmungsprozesse:

  • Information: Wer informiert wen in welcher Reihenfolge?
  • Kommunikation: Wie werden die Dinge besprochen?
  • Abstimmung: Wie erfolgen die Freigaben?

Informationstechnologie

Kernfrage: Wie kann IT die Vorbereitung auf den Digitalisierungsprozess unterstützen? IT unterstützt vor allem als Plattform für die elektronisch vermittelte Kommunikation der Beteiligten. Sie können Informationen archivieren und bewerten, miteinander reden, Ideen austauschen, an Dokumenten arbeiten. Wichtige Instrumente sind:

  • Telefon- und Videokonferenzen: Neben den persönlichen Treffen, die mindestens einmal jährlich erfolgen, können regelmässige Video- oder Telefonkonferenzen stattfinden. So bleiben die Beteiligten auf dem Laufenden. Aus­serdem können sie die Ergebnisse der Arbeitsgruppen besprechen.
  • Whiteboards: Elektronische Schreibtafeln eignen sich zum gemeinsamen Erstellen von grafischen Dokumenten oder zum gegenseitigen Vorführen von Dateien mit Texten, Bildern, Grafiken und Simulationen.
  • Weblogs sowie Wikis – also Softwareprogramme –, die das Editieren einfach machen. Sie sind schnell eingerichtet und eignen sich zum Beispiel für die Schilderung von Projektabläufen (Blog), die andere kommentieren können, oder für gemeinsame Glossare (Wiki), deren Begriffe alle ergänzen oder ändern können.

Kultur

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit in neuartigen, komplexen Projekten erfordert ein gemeinsames Normen- und Wertesystem. Die Unternehmenskultur ist das Klima und der Umgang der Menschen miteinander. Sie beinhaltet, was grundsätzlich als wichtig gilt und wie sich die Mitarbeitenden in Konflikten verhalten. Wichtige Kulturanforderungen in der Digitalisierung sind:

  • Guter Informationsfluss
  • Wissen und Fähigkeiten teilen
  • Eigene Kompetenz in den Dienst der gemeinsamen Sache stellen
  • Gegenseitige Unterstützung
  • Zulassen intensiver Beziehungen
  • Anerkennung sowie Aufmerk-
  • samkeit geben
  • Bedürfnisse anderer ernst nehmen und eigene äussern
  • Authentizität
  • Andere neben sich bestehen lassen und sich für den anderen öffnen

Ganz wichtig dabei: Eine erfolgreiche Digitalisierung erfordert, dass die Einzelprofilierung zumindest teilweise aufgegeben wird, um die Stärken des einheitlichen Vorgehens zu nutzen. Diese Forderung umzusetzen, ist die grösste Herausforderung, weil gerade die modernen Konzepte noch immer an Kompetenzgerangel scheitern.

Fazit und Ausblick

Sie sehen, wie wichtig die sorgfältige Vorbereitung des Digitalisierungsprozesses in Unternehmen ist. Dieser Beitrag hat Ihnen wichtige Dimensionen genannt, in denen Sie vor Start des eigentlichen Prozesses wichtige Entscheidungen einleiten können. Im nächsten Teil dieser Serie stellen wir Ihnen den ersten Schritt des Management-Prozesses vor: die Analyse.

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