Digitalisierung & Transformation

Unternehmensentwicklung

Geschäftsmodelle für die digitale Welt

Digitale Technologien werden nicht nur Wertschöpfungsketten, Organisationsstrukturen, Prozesse oder Geschäftsmodelle verändern, sondern gesamte Unternehmen und Branchen. Daher gilt es, das Thema im eigenen Unternehmen nachhaltig voranzutreiben und Anpassungen vorzunehmen.
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«Wenn es etwas gibt, von dem man nicht möchte, dass es an die Öffentlichkeit kommt, sollte man es gar nicht erst machen». Dieses Zitat von Google-Chef Eric Schmidt gilt auch für Unternehmen. Die Digitalisierung ist in aller Munde und vor allem allgegenwärtig: Cloud Computing, Internet der Dinge, 3D-Druck, künstliche Intelligenz, universelle Konnektivität, Big Data, Social Networking. Jede dieser Technologien hat bei uns allen die Art und Weise verändert, wie wir kommunizieren, interagieren, arbeiten und leben.

Digitale Erneuerung

Für Unternehmen, die glauben, die Digitalisierung bedeutet, primär eine Social-Media-Präsenz aufzubauen oder eine mobile Website anzubieten, kommt nun die harte Wahrheit: Digitale Technologien werden nicht nur Wertschöpfungsketten, Organisationsstrukturen und Prozesse oder Geschäftsmodelle verändern, sondern das gesamte Unternehmen und die Branche. Diesem Wandel wird sich kein Unternehmen entziehen können. Darum sollte sich das Management dringend mit den folgenden Fragestellungen auseinandersetzen:

  1. Inwiefern betrifft die Digitalisierung meine Branche und direkt mein Unternehmen?
  2. Wann wird (ist) dies geschehen?
  3. Welches sind die relevanten nächsten Schritte, um die Rolle meines Unternehmens in der digitalen Welt neu zu definieren?

Am Beispiel des 3D-Druckes kann beobachtet werden, wie eine der neuen Technologien – sobald sie für den Massenkonsum reif ist, die ganze Fertigungsindustrie verändern wird. Unabhängig davon, ob es sich um den Automobilbereich, das Gesundheitswesen, die Luftfahrt oder die Konsumgüterindustrie handelt. Neue Produkte können sofort erschaffen werden, sie werden vor Ort entwickelt, konstruiert und ausgedruckt. Es stellt sich die Frage, wo und von wem in Zukunft Dinge entwickelt und hergestellt werden. Produzenten sehen sich mit der Herausforderung konfrontiert, ihre Rolle in dieser digitalisierten Welt völlig neu zu definieren und sich zu überlegen, welchen relevanten Teil in der Wertschöpfungskette sie in Zukunft noch erbringen können.

Digitale Transformation

Die Resultate der Studie «Digital Leadership» (Deloitte Digital ) zeigen, dass Unternehmen der Transformation in die digitale Welt bislang noch nicht die notwendige Wichtigkeit und Dringlichkeit beimessen, um das Thema nachhaltig voranzutreiben. Die Anpassung an die Digitalisierung ist inzwischen aber für die Wettbewerbsfähigkeit in fast allen Bereichen unserer Wirtschaft entscheidend.

Sie wird überall dort wichtig, wo sich der Umsatz durch neue Technologieanwendungen an Effizienzgewinne knüpfen lassen und daraus neue ergebnisorientierte Geschäftsmodelle entstehen können. Zwei Faktoren zeichnen ein Geschäftsmodell aus: wie ein Unternehmen Werte für ihre Kunden schafft (das Werteversprechen) und wie es diesen Wert für sich selber nutzt, also Geld verdient. Die digitale Transformation verändert beides, wie Untersuchungen der Harvard Business School zeigen. Hier geht es nicht mehr um Veränderungen und Ablösungen, sondern um Vernetzung und Neukombination. Menschen, Aktivitäten und Objekte werden vernetzt, die Daten auf neue Weise erzeugt und analysiert sowie die Transaktionen digitalisiert. So können Anbieter ihr bestehendes Angebot erheblich steigern und Neueinsteigern Paroli bieten.

Der US-Energieversorger Pacific Gas and Electric würde zum Beispiel an Wert gewinnen, wenn er mit dem digitalen Hersteller von Thermostaten Nest kooperierte, welcher vor Kurzem von Google aufgekauft wurde. Und der Taxidienst Uber verdient Geld, weil er Kunden und Fahrer über eine App zusammenbringt.

Ein weiteres Beispiel dafür ist die Windpark-Partnerschaft von General Electric (GE) und dem deutschen Energieanbieter Eon. Statt bei steigender Nachfrage einfach mehr Windräder samt Zusatztechnik zu verkaufen, setzt GE auf ein anderes Modell. Bei der Partnerschaft mit Eon nutzt das Unternehmen umfassende Betriebsdaten der Kunden und verkauft zu vergleichsweise günstigen Preisen Technik, um die vorhandenen Windräder miteinander zu vernetzen. Mithilfe von Software werden die Turbinen dynamisch gesteuert und die Daten kontinuierlich analysiert. GE schafft Wert, weil Sensoren nützliche Daten liefern, die für die Verbesserung von Anlageleistung, Nutzungsgrad und Wartung eingesetzt werden. Dieser Wert wird Eon mit einem prozentualen Anteil für verbesserte Leistungen in Rechnung gestellt. Obwohl GE weniger Geräte und Anlagen verkauft, entwickelt der Konzern eine für beide profitable und langfristige Partnerschaft.

Den Wandel mitgestalten

Digitale Technologien und das Internet der Dinge verändern unsere Welt. Durch diese Tatsache wird früher oder später jede Branche und jedes Unternehmen gezwungen sein, sich zu verändern. Dies heisst nicht, dass mit der digitalen Transformation alle traditionellen Stärken obsolet werden. Die bestehenden Angebote und Kundenbeziehungen sind die Grundlage für neue Chancen. Die nun folgenden Punkte sollen helfen, den Wandel im Unternehmen aktiv mitzugestalten:

Produkte und Dienstleistungen durch die digitale Brille sehen

Noch leben wir in einer analogen Welt. Doch in nächster Zukunft werden viele Geschäftskomponenten digitalisiert und bieten Chancen für neue Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle. Wie schnell hat Uber Reservierung, Abrechnung, Kundenbetreuung und Fahrerbewertung digitalisiert und die Personenbeförderung neu definiert.

Fragestellungen: Welche Prozesse kommen für eine Automatisierung infrage? Welche davon sind problematisch für das Unternehmen oder für die Kunden?

Vorhandene Angebote unternehmensübergreifend vernetzen

In einem traditionellen analogen Umfeld liegt das Augenmerk in der Untersuchung des Angebotes auf neuen Möglichkeiten, der Suche nach Synergien mit anderen Branchen, aber auch neuen Anbietern. Besonders wertvoll sind die Kundenbeziehungen, das Wissen über die Bedürfnisse, die Nutzung der Angebote und die Erfüllung von Kundenbedürfnissen. Von speziellem Interesse sind darin Verhaltensdaten der Kunden. Veränderungen darin zeigen sowohl Chancen als auch Risiken auf. Nest beispielsweise hat sich mit Energieanbietern vernetzt, um Daten auszutauschen und den Gesamtenergieverbrauch zu optimieren.

Fragestellungen: Wie kann mehr Wert geschaffen werden durch die Vernetzung mit anderen Branchen? Wie entsteht mit der Vernetzung mit Start-up-Unternehmen Mehrwert, von dem ein Teil abgeschöpft werden kann?

Neue Modelle in der Wertschöpfung prüfen

Eine intelligente Nutzung von Daten kommt sowohl Unternehmen zugute, die durch die Nähe zum Kunden oder durch die Entwicklung bedürfnisgerechter Angebote mehr umsetzen, als auch Konsumenten, die von individuell zugeschnittenen Services und Angeboten profitieren. Daten bilden ein wichtiges, aber oft ungenutztes oder vernachlässigtes Kapital. 3D Systems, ein Druckanbieter für Industrie- und Privatkunden, beispielsweise entwickelte plattform- sowie service basierte Geschäftsmodelle, die über den Verkauf von Hardware und Verbrauchsmaterial hinausgehen.

Fragestellungen: Wie können Unternehmen einzelne Komponenten so zusammenstellen, dass neue Absatzchancen entstehen? Wo liegen Gemeinsamkeiten bei Kunden, die ein bestimmtes Verhalten gezeigt haben? Wie können mithilfe dieser generierten Daten zusätzliche Werte entstehen?

Mit Software Grenzen erweitern

Digitale Transformation bedeutet nicht, dass Unternehmen nur noch Software verkaufen sollen. Sie führt aber dazu, dass sich die Schwerpunkte verschieben. Kompetenzen bei der Softwareentwicklung werden für das eigene Geschäftsmodell bedeutender. Investitionen in zusätzliche Softwarekompetenzen sind erforderlich, ohne dass die bestehenden wichtigen Fundamente im Unternehmen verloren gehen.

Fragestellung: Wie lässt sich die klassische Entwicklung der Produkte mit guten Softwareentwicklern zusammenbringen? Wie können dadurch Fortschritte in der Wertschöpfung und Wertrealisierung erzielt werden?

Neue Wege erkunden, um Werte zu realisieren

Die Digitalisierung wird mit einer hohen Wahrscheinlichkeit manche der alten Geschäftsmodelle aushöhlen, zugleich aber wertvolle Chancen eröffnen. SAP und andere Softwarehersteller haben mit ihren Cloud-Programmen die Möglichkeit geschaffen, dass Kunden nur für die Funktionen bezahlen, die sie effektiv nutzen. Dieser neue Weg im Angebots- und Preis-Modell führt dazu, dass es leichter ist, neue Kunden zu gewinnen.

Fragestellungen: Wie kann genauer erfasst werden, welche konkreten Werte für Kunden geschaffen werden? Wie lassen sich diese Werte besser monetarisieren? Entweder durch ergebnisbasierte Modelle oder durch einen Preis auf der Grundlage des erbrachten Wertes?

Alles neu – auch die Risiken

Die ergebnisbasierten Geschäftsmodelle schaffen neue Absatz- und Umsatzchancen. Sie schaffen aber auch neue Abhängigkeiten und Risiken. Sie sind vermehrt abhängig davon, wie erfolgreich die Kunden sind und welche Wirtschaftstrends und Erschütterungen diese zu spüren bekommen. Unternehmen tragen dadurch einen erheblichen Anteil des Geschäftsrisikos ihrer Kunden.

Chancen gibt es nicht ohne Risiken. Am besten geht man bewusst und transparent damit um. Privatanleger, Unternehmen und Behörden sollten daran arbeiten, neue Vernetzungen und neue Abhängigkeit richtig zu verstehen. Die digitalen Technologien und deren Vernetzung werden aber für die Wirtschaft als Ganzes sehr wichtig sein. So wird beispielswiese das Schicksal von General Electric zunehmend vom Wetter bei einem Windpark in Deutschland und von der Wirtschaftlichkeit einer Fluggesellschaft im arabischen Raum abhängen.

Effektive Transformation

Verursacht durch digitale Technologien stehen viele Unternehmen einem grossen Wandel gegenüber, welcher ihre traditionellen Geschäftsmodelle komplett verändern wird. Junge Unternehmen besitzen die Leistungsfähigkeit, die Durchsetzungskraft, das Know-how und die Technologie, um traditionelle Unternehmens- und Geschäftsmodelle zumindest infrage zu stellen.

Angesichts dieser Ausgangslage müssen sich Unternehmen die Frage stellen: Wie kann das eigene Unternehmen überleben? Was braucht es für eine erfolgreiche Transformation? Unternehmen müssen sich darüber im Klaren sein, dass die Digitalisierung zu erheblichen Veränderungen führen wird, vor allem müssen sie sich die Konsequenzen auf das eigene Geschäftsmodell bewusst werden. Darin müssen sie sich mit folgenden Kernfragen befassen:

  • Wo stehen aktuell meine Branche und das eigene Unternehmen?
  • Welcher Herausforderung muss sich das eigene Unternehmen durch die Digitalisierung stellen?
  • Ist die eigene Organisation in der Lage, die digitale Transformation erfolgreich zu bewältigen?
  • Wie können konstanter Wandel und Innovation im eigenen Unternehmen konstant sichergestellt werden?

In allen Fragestellungen nehmen die Mitarbeitenden in der digitalen Transformation eine tragende Rolle ein. Zunächst muss die Unternehmenskultur grundlegend auf den konstanten Wandel und die Innovation in Zukunft ausgerichtet sein.

Der Kulturwandel muss von der Leitung angestossen und von einem «Digital Leader» geführt und umgesetzt werden. Dieser muss nicht nur über Erfahrungen im Bereich Digitalisierung verfügen, sondern auch die Fähigkeiten mitbringen, diese an die Mitarbeitenden weiterzugeben und für sie ein Mentor zu sein. Einerseits muss er die traditionellen Prozesse und Strukturen in der Firma kennen und respektieren, anderseits muss er über den notwendigen Einfluss, das Know-how und das Charisma verfügen, um diese unternehmensweit zu manifestieren.

Einige Geschäftsmodelle in der digitalen Welt

Die Digitalisierung ist ein Garant für Veränderungen. Sie fordert ständige Anpassungen des eigenen Geschäftsmodelles, vor allem im technischen und konzeptionellen Sinn. Um darauf schnell und effektiv reagieren zu können, sind Unternehmen häufig auf der Suche nach erfolgreichen Modellen, die sich rasch übernehmen und den eigenen Bedürfnissen anpassen lassen. Doch eine pauschale Übernahme ist vor allem in der digitalen Welt kein Erfolgsrezept. Oft lässt sich das Gesamtkonzept nicht durchschauen. Noch dazu entwickeln sich die Branchen pausenlos weiter. Daher gilt es genau abzuwägen, welches dieser Modelle erfolgsversprechend ist.

Frist-and-fast-Mover-Modell

Geschwindigkeit hat in der digitalen Welt eine grosse Bedeutung. Es geht aber nicht darum, der Schnellste oder Erste zu sein. Das Erfolgsgeheimnis liegt im perfekten Timing. Es wird auf relevante Zukunftsthemen gesetzt und dafür Lösungen entwickelt. Funktioniert einmal eine Neuerung nicht, wird sie sofort wieder vom Markt genommen und das Konzept angepasst.

Free-Modell

Kostenlose Inhalte im frei zugänglichen Internet anzubieten entspricht der Konzeption des Mediums. Es setzt aber voraus, dass Umsätze über andere Wege eingenommen werden können. Mit kostenlosen Angeboten und eingeschränktem Nutzungsangebot wird versucht, Kunden an sich
zu binden. Ein Wechsel zu einem Mitbewerber wäre mit Kosten oder Aufwand verbunden. Möchte jemand weitere Dienste nutzen, muss er für das zusätzliche Angebot bezahlen. Dies ist aber nur möglich, wenn das zusätzliche Angebot einen echten Mehrwert bietet und somit den zahlenden vom kostenlos profitierenden Kunden deutlich abgrenzt.

Disruptive-Modell

«Selbstkanibalismus» oder «kreative Zerstörung» macht Platz für neue Produkte und Konzepte. Zunächst werden deutlich schlechtere, aber preiswerte Produkte auf den Markt gebracht, die sich Leistungsmässig schnell steigern und neue Kundengruppen erschliessen. Jahrelang erfolgreiche Technologie wird letztlich abgelöst. Geschehen ist dies zum Beispiel im Segment der Digitalkameras, die in der Anfangszeit niemals als Ersatz für analoge Spiegelreflexkameras bei Profifotografen infrage kamen.

Long-Tail-Modell

Statt auf wenige Massenprodukte zu setzen, werden unzählige günstige Nischenprodukte vertrieben. Der digitale Verkauf und die einfache Präsentation der Produkte im Internet ermöglichen die Kosten im Rahmen zu halten. Anbieter binden Nutzer häufig aktiv mit ein, indem sie selbst einen Anteil am Inhalt und Aufbau des Produktes erstellen.Werden die angepeilten Absatzzahlen nicht erreicht, nimmt in der Regel auch die Qualität der Produkte ab. Das Modell läuft Gefahr, zur Kostenfalle zu werden. Erfolgreicher ist es, auf Produkte-Upgrades zu setzen. Der Long Tail wird dabei nicht durch eine Masse von Produkten aufgebaut, sondern durch die konstante Verbesserung.

Predictive-Business-Modell

Gesammelte Daten werden analysiert und die Ergebnisse genutzt, um Kunden in Zukunft besser und individueller zu bedienen. Durch die Auswertung von Daten können Absatzmärkte berechnet, neue Produkte entworfen und Preise bestimmt werden. Das Verhalten der Kundschaft wird gleichzeitig besser vorhersagbar und der Erfolg berechenbarer. Das Internet ermöglicht es den Unternehmen, durch Beobachtungen und Analysen den Nutzer besser zu verstehen und sein Verhalten genauer vorhersagen zu können. Dabei geht es um die Abbildung von Regeln, also Algorithmen, die für das Geschäft auf digitalen Plattformen wichtig sind und durch Softwareagenten ermittelt werden.

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