Digitale Strategie ist im Inhalt neuartig für Unternehmen. Deren Umsetzung verlangt allerdings die Aktivierung bereits in der Vergangenheit etablierter Entscheidungs- und Verhaltensmuster. Diese Muster entwickeln und festigen sich im Laufe der Zeit, vor allem während strategischer Veränderungen im Unternehmen. Daher sind Unternehmen bei der Einführung und Umsetzung von digitalen Strategien mit ähnlichen Mustern des Gelingens und Misslingens wie bei vergangenen strategischen Veränderungen konfrontiert. Dieser Beitrag beschäftigt sich damit, wie solche Muster des Gelingens und Misslingens von Veränderungen erkannt und bei der erfolgreichen Implementierung von digitalen Strategien berücksichtigt werden können.
Digitale Strategien
Eine digitale Strategie einzuführen, bedeutet, die Kernidee, auf der das Unternehmen aufgebaut ist, mit digitalen Elementen zu infizieren. Digitalisierung als regelmässigen Tagesordnungspunkt abzuhandeln oder auch neue Softwareprogramme einzuführen, ist nur ein kleiner und vor allem operativer Aspekt. Eine digitale Strategie zu verinnerlichen, bedeutet vielmehr, dass «Digitalisierung» sich durch das stetige Tun und Handeln des Unternehmens sowie dessen Struktur, Prozesse, Kultur und Einstellungen wie ein roter Faden zieht. Zum Beispiel hat ein Unternehmen, das in seinem gesamten Dasein, Tun und Denken nachhaltig agiert (oder es zumindest versucht), eine nachhaltige Strategie nicht nur erfolgreich eingeführt, sondern lebt diese auch tatsächlich. Strategien werden entwickelt und formuliert und glänzen oft nur auf dem Papier. Die Einführung und Umsetzung, die dazu führt, dass diese Strategie auch gelebt wird, ist eine weitere Herausforderung. Digitale Strategien sind oft schwer greifbar, in den Köpfen der Menschen als ein Zukunftsthema wie auch ein neues Thema verankert und lösen daher Unsicherheit aus.
Neue Inhalte und alte Muster
Aus den Interviews mit Managern von rund 25 KMU im Rahmen unserer Studie «Strategische Veränderung in KMU» wurde deutlich, dass eine digitale Strategie zumeist als etwas Separates oder Eigenes verstanden und behandelt wird. Manager in KMU lassen oft den Konnex zwischen «nicht digitalen» Strategien – zum Beispiel nachhaltige Strategie, ethische Strategie, Produktstrategie – und strategischen Entscheidungen in Bezug auf «Digitales» ausser Acht. Das Ignorieren dieses Zusammenhangs kann zum Scheitern der Einführung der digitalen Strategie führen. Zwei Dimensionen sind hierbei zu unterscheiden. Digitalisierung ist inhaltlich etwas Neues für das Unternehmen. Um einen neuen Inhalt, wie eine digitale Strategie, erfolgreich umzusetzen, werden bereits bestehende Entscheidungs- und Verhaltensmuster aktiviert. Somit ist die digitale Strategie neu im Inhalt und typischerweise ein Zukunftsthema. Die für die Umsetzung geforderten Muster werden allerdings aus der Vergangenheit mitgetragen. Wer die Brücke aus der Vergangenheit in die Zukunft bauen will, sollte daher die dahinterliegenden Muster der Organisation kennen.
Im Laufe der Zeit entwickeln und festigen sich reproduzierende Denk- und Verhaltensweisen sowie Handlungsabläufe in einem Unternehmen. Dies führt zur Bildung von sogenannten «Mustern», welche sich durch die Strategie (zum Beispiel Produktstrategie, Vertriebsstrategie), die Prozesse (zum Beispiel Entscheidungsfindung, Problemlösungsverhalten) oder Strukturen (zum Beispiel Entscheidungswege, Rollenverteilung) des Unternehmens ziehen und Ressourcen bündeln. Zum Beispiel glauben viele Unternehmen, dass der Versuch, ein Problem auf eine neue Weise zu lösen, welche nicht dem typischen Muster des Unternehmens entspricht, wesentlich mehr Ressourcen benötigt als die «altbewährte» Methode. Dies führt häufig dazu, dass Probleme immer nach dem gleichen Muster gelöst werden und neue Entscheidungs- und Verhaltensmuster ausser Acht gelassen werden, obwohl diese möglicherweise viel effizienter zur gewünschten Lösungssituation führen können.