Industrie, Gewerbe und der Dienstleistungssektor brauchen zusammen ungefähr ein Drittel der in der Schweiz verbrauchten Energie, und zwar nur bei der Produktion und den Gebäuden. Gewerbebetriebe wenden mehr als die Hälfte der Energie für Prozesswärme auf, ein weiteres Viertel für Antriebe und ungefähr 12 Prozent für die Raumwärme. Wo genau die Energie umgesetzt wird, hängt natürlich von der Branche ab: Eine Metzgerei braucht mehr Energie bei der Kühlung, ein Büro eher bei der Beleuchtung, eine Sägerei bei den Lüftungsanlagen.
Steigende Energiekosten
Zwar ist derzeit der Ölpreis im Keller. Dennoch wird Energie immer teurer. Im Moment liegt dies vor allem daran, dass der Bund die staatlichen Energieabgaben für den Klimaschutz zunehmend erhöht. Der Netzzuschlag, den alle Stromkonsumentinnen und -konsumenten zur Förderung erneuerbarer Energien bezahlen, wird Anfang 2016 von 1,1 auf 1,3 Rappen pro Kilowattstunde angehoben. Auch die CO²-Abgabe auf fossile Brennstoffe wird steigen – derzeit beträgt sie 60 Franken pro Tonne CO², ab 2016 steigt sie auf 84 Franken. Sollte die Schweiz ihre Reduktionsziele weiterhin verfehlen, kann der Bundesrat die Abgabe bis auf 120 Franken verdoppeln. Ungeachtet der Klimapolitik des Bundes werden sich fossile Brennstoffe in den kommenden Jahren verknappen und daher verteuern.
In jüngster Zeit nehmen immer mehr Kantone besonders die Grossverbraucher in die Pflicht, ihre Energieeffizienz zu verbessern. Der sogenannte Grossverbraucherartikel zwingt grosse Bezüger von Gesetzes wegen dazu, Energie sparsamer zu verwenden. Dieser Artikel ist bereits in 20 Kantonen verankert und wird wohl demnächst gesamtschweizerischer Standard. Als Grossverbraucher gelten Unternehmen mit einem jährlichen Wärmeverbrauch von mehr als 5 Gigawattstunden oder einem jährlichen Elektrizitätsverbrauch von mehr als 0,5 Gigawattstunden. Im Kanton Aargau zum Beispiel betrifft dies rund 600 Betriebe, im Kanton Bern sogar 800.
Zweite Energieagentur
Obwohl in ihren Betrieben Sparpotenziale schlummern, schieben viele Unternehmer die nötigen Massnahmen hinaus – sei es, weil Kosten und Ertrag nicht klar absehbar sind, sei es aus technischen Gründen. Oder weil ihnen schlicht die Zeit fehlt, sich mit Optimierungen und den gesetzlichen Formalitäten auseinanderzusetzen. Um diese Hindernisse auszuräumen, sind die Energieagenturen da. Im Auftrag des Bundes sollen sie den Firmen das Energiesparen so einfach wie möglich machen. Allgemein bekannt ist die Energieagentur der Wirtschaft (EnAW), die in den vergangenen Jahren insgesamt über 2000 Unternehmen betreute.
Seit etwa einem Jahr können Kunden zwischen zwei Anbietern wählen: Neu hilft auch die Act – Cleantech Agentur Schweiz Unternehmen beim Vollzug der CO²- und Energiegesetzgebung. Act stützt sich dabei auf ein Netz von über 40 akkreditierten Energiespezialisten und auf neu entwickelte Software-Tools. «Unsere grössten Stärken sind die Kompetenz unserer Profis sowie die umfassende Betreuung: Von der Erstberatung bis zum Abschluss der Umsetzung – bei uns bekommen die Unternehmen eine komplette Energieoptimierung aus einer Hand», erklärt Act-Geschäftsführerin Marloes Caduff. Die Agentur betreut inzwischen über 150 Firmenstandorte und einige namhafte Kunden wie die Schweizerische Post oder die Bündner Bergbahnen.
Einsparungen
Die Energieagenturen verfügen über klar definierte Prozesse, die gemeinsam mit dem jeweiligen Unternehmen Schritt für Schritt abgewickelt werden. Dabei ist für den Unternehmer zu jedem Zeitpunkt klar, welche Investitionen und Sparpotenziale auf ihn warten. Der erste Schritt bildet jeweils eine umfassende energetische Analyse des Betriebs. Manche Kantone tragen die Kosten dafür ganz oder teilweise. Auch die Schweizer Klimastiftung unterstützt KMU finanziell. Für die Analyse überprüft der Energiespezialist das Unternehmen energetisch auf Herz und Nieren und erstellt einen Bericht mit den detaillierten Verbrauchszahlen von Strom und Energie. Oft kommen dabei Energielecks zum Vorschein, durch die beispielsweise Wärme entweicht, oder heimliche Stromfresser. Nicht zuletzt steht im Bericht auch eine Liste möglicher Massnahmen, wie die Verluste wirkungsvoll eingedämmt werden könnten – und wie lange es dauert, bis die Massnahmen amortisiert sind (Payback-Dauer).
«Ich habe schon mit zahlreichen Unternehmern gesprochen», erklärt Michael Hess, der für den Energieversorger AEK Energie AG als Energiespezialist arbeitet. «Viele haben Angst vor teuren Totalsanierungen und sind überrascht, mit wie wenig Aufwand sich oft beträchtliche Einsparungen erzielen lassen.» Besonders häufig sind es Pumpen, Ventilatoren oder thermische Anlagen, die unnötig viel Energie verbrauchen. Nicht immer ist ein Ersatz der Pumpen zwingend. Oft lässt sich bereits viel Strom sparen, wenn die Laufzeit verkürzt und ein paar stromfressende Einzelteile, wie zum Beispiel verschlissene Keilriemen, ersetzt werden. Manchmal aber lohnt sich auch eine Neuanschaffung: Das Spital Ilanz beispielsweise spart dank neuer Umwälzpumpen im Heizkreislauf 40 Megawattstunden Strom, und damit rund 6000 Franken pro Jahr.
Betriebe, in denen Öfen oder Brenner im Einsatz stehen, haben seit jeher hohe Energiekosten. Das müsste nicht sein, denn durch manchen Kamin entweicht kubikmeterweise heisse Luft ungenutzt in die Umgebung. «Ein Spritzbetrieb, der Metallteile in Öfen mit Lack beschichtet, kann zum Beispiel die bis zu 150 Grad Celsius heissen Abluftströme für einen nachfolgenden Prozess nutzen», empfiehlt Hess. Weiter kann Zuluft vorgewärmt oder Wasser aufgeheizt werden, das für die Raumheizung oder in anderen Prozessen gebraucht wird. «Im Durchschnitt liegt rund ein Fünftel Ersparnis drin.»