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Holzbau

Emotionaler und leistungsfähiger Baustoff mit Zukunft

Die Holzbaubranche steht vor grossen wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen. Diesen begegnet sie mit innovativen Ideen und konzentriert sich dabei auf ihren wichtigsten Erfolgsfaktor: den Menschen.
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Holzbau ist eine der bauwirtschaftlichen Schlüsselbranchen der Schweiz. Die Zukunft hält aussergewöhnliche Herausforderungen für das Fach: Sie ist vom Bekenntnis zum nachhaltigen Bauen, zum Modell der 2000-Watt-Gesellschaft, zur energetischen Gebäudemodernisierung und zur Siedlungsverdichtung geprägt. Technische Innovationen machen den Beruf des Zimmermanns immer komplexer. Holzwerkstoffe und neue Verbindungstechniken ermöglichen mehrgeschos­-sige Bauten, am Computer wird ein Haus dreidimensional geplant, die Elemente werden ohne zusätzliche Programmie­rung direkt computergesteuert gefertigt. Durch die Möglichkeiten der Vorfertigung im Werk wird der internationale Wettbewerb deutlich begünstigt.

Früher folgte das Planen und Bauen von Häusern einem linearen Muster: Ein Bauherr suchte sich einen Architekten, dieser plante und zeichnete das Gebäude. Irgendwann ging er zu einem Ingenieur, zum Schluss erhielt der Handwerker den Auftrag zur Ausführung. Heute muss ein Gebäude hohe energietechnische Auflagen erfüllen. Der bauwirtschaftliche Wettbewerb beschränkt sich künftig nicht mehr auf die Phasen der Bauplanung und Realisierung, sondern auf die Optimierung der gesamten Lebenszykluskosten von Gebäuden. Darum wird die Planung komplexer und auch interdisziplinärer – es wird weit mehr gefragt als technische Kenntnisse. Der Holzbauer muss, beispielsweise bei Energiefragen, als kompetenter Partner auftreten. Er ist nicht mehr ausschliesslich «Ausführer», sondern vermehrt auch «Lösungsanbieter».

Im Umweltschutz liegt für den Holzbau ein ungeheures Marktpotenzial: Durch das Bekenntnis des Bundesrates zu einer Reduktion des CO²-Ausstosses und zum Ausstieg aus der Atomenergie ist die Schweizer Bauwirtschaft in der Verantwortung. 50 Prozent des Schweizer Energieverbrauchs gehen auf das Konto des Gebäudeparks. Mit ihrem nachhaltigen und modernen Roh- und Werkstoff sind die Holzbausysteme äusserst wettbewerbsstark, bei den Minergie- und Plus- Energie-Bauten hat der Holzbau eine führende Rolle eingenommen. Holz ist ein leichtes, anpassungsfähiges Material, das sich ideal zum verdichteten Bauen eignet. In der Schweiz leben immer mehr Menschen. Siedlungsstrukturen müssen konzentriert werden, Häuser in die Höhe wachsen, um einen verantwortungsvollen Umgang mit den Landreserven zu gewährleisten.

Argument Nachhaltigkeit

Der Laie verbindet Holzbau in der Schweiz mit gemütlichen Chalets in den Alpen oder alten Bauernhäusern aus Massivholz. In den letzten Jahrzehnten hat die Branche aber eine grosse Entwicklung durchgemacht. Früher bauten kleine Handwerksbetriebe Chalets, der Zimmermann wurde für den Dachaufbau geholt. Diese Betriebe existieren immer noch, doch der Holzbau hat sich industrialisiert. Die Arbeit wurde von der Baustelle zurück ins Werk verlagert – dort werden dank technischen Innovationen Bausysteme mit Grossflächenelementen hergestellt.

Form und Grösse können dabei beliebig geplant werden. Dank der Vorfertigung ist ein Einfamilienhaus in einem Tag montiert. Es entstehen neue, visionäre Bauten wie etwa das Tamedia-Gebäude in Zürich. Die Kapelle Sogn Benedetg des Architekten Peter Zumthor im bündnerischen Sumvitg verdeutlicht seinen virtuellen und sinnlichen Umgang mit Holz. Der grösste Kuppelbau Europas ist aus Holz erstellt: das Salzlager der Rhein­salinen in Rheinfelden AG.

Früher aus dem Stadtkern verbannt, sind Holzhäuser dank neuen Erkenntnissen im Brandschutz auch in dicht besiedel­-ten Gebieten problemlos möglich. Forschungsergebnisse zeigen: ein Holzbau bietet im Brandfall sehr hohe Sicherheit.

Das wohl stärkste Argument für den Holzbau ist seine Umweltverträglichkeit. Holz ist ein Rohstoff, der in der Schweiz nachwächst und im Land verarbeitet werden kann. Der Schweizer Wald ist geschützt – es wird nicht mehr Holz geerntet, als nachwächst. Wird Holz verbaut, bleibt das CO² im Material gebunden. Es wird der Umwelt über Jahrzehnte, manchmal sogar Jahrhunderte entzogen. In den Schweizer Holzgebäuden sind im Moment 45 Millionen Tonnen CO² gespeichert. Das ist so viel Energie, wie die Schweiz im Jahr etwa verbraucht.

Nimmt man das Ziel einer energie- und klimaeffizienten Gesellschaft ernst, muss man die graue Energie in die Rechnung miteinbeziehen. Sie entsteht u.a. bei der Produktion von Baumaterialien. Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass der Holzbau beim Verbrauch der grauen Energie hervorragend abschneidet. Holz aus der Schweiz, im Land verarbeitet, hat einen kurzen Transportweg, ein geringes Gewicht und ist bei der Verarbeitung ressourcenschonend. Beim Abbau eines Holzhauses können viele Bauteile direkt weiterverwendet werden. Ist das Baumaterial nicht mehr zu gebrauchen, liefert es Energie zur Produktion von Wärme oder Strom und setzt lediglich jene Menge CO² frei, die der Baum einst aus der Luft aufgenommen hat. Der Kreislauf der Natur schliesst sich wieder.

Mit energieeffizienten Bausystemen hat es die Holzbaubranche geschafft, beim Bau von Minergie- oder Plus-Energie-Häusern eine Führungsrolle einzunehmen. Die meisten Menschen denken heute bei energieeffizienten Bauten an Gebäude aus Holz. Das Material ist zudem ein emotionaler Baustoff: Sinnlich, warm und direkt aus der Natur sorgt Holz für einen optimalen Arbeits- und Wohnkomfort. All dies wirkt sich positiv auf das Wohlbefinden aus. So sind im Gesundheits- und Lernsektor in der Schweiz viele Gebäude aus Holz geschaffen. Die Försterschule in Lyss beispielsweise zählt zu den grössten Schulgebäuden in reiner Holzbauweise.

Komplexe Technologie, ein neues Berufsbild, ein Werkstoff mit Zukunft: Die Holzbaubranche wächst, schuf in den letzten fünf Jahren 21 Prozent mehr Stellen. Junge Fachkräfte hat es genügend, allerdings gelingt es der Branche noch nicht, diese auch langfristig zu halten. Die Holzbaubranche muss sich den Herausforderungen stellen, im internationalen Markt­umfeld bestehen und gleichzeitig ein gutes Generationenmanagement ausarbeiten, damit die Fachkräfte ab 30 Jahren in der Branche bleiben. Der Verband, obwohl er von aussen vielleicht traditionell wirkt, ist darin ungewöhnlich fortschrittlich und setzt auf etwas, das in der heutigen Zeit ungewöhnlich ist: Den Menschen. Seit 2007 hat die Holzbaubranche einen der innovativsten Gesamtarbeitsverträge der Schweiz.

Dieser regelt nicht nur Arbeitszeit, Mindestlohn und Ferien, sondern verankert explizit eine partnerschaftliche Kultur und den Austausch zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden. Das Ziel sind zufriedene, angemessen ausgebildete Mitarbeitende, die dem Holzbau während ihrer ganzen Karriere treu bleiben und nicht im besten Alter in eine andere Branche wechseln.

Der Holzbau hat dadurch, anders als andere Branchenverbände, eine sehr gute Beziehung zu den Sozialpartnern. Der Arbeitsfrieden ist kein Thema, weil die Arbeitnehmenden im Zentrum stehen und grosse Flexibilität geniessen. Motivierte Mitarbeitende bringen den Arbeitgebenden zudem eine hohe Kundenzufriedenheit, eine tiefe Fehlerquote und eine starke Erfolgsorientierung.

Im Gesamtarbeitsvertrag (GAV) sind regelmässige Mitarbeiter- und Förderungsgespräche vorgeschrieben, ebenso wie Arbeitszeitflexibilität und attraktive Lohnmodelle. Nach 1000 geleisteten Arbeitsstunden pro Jahr steigen die Mitarbeitenden automatisch eine Lohnstufe höher. Fünf bezahlte Arbeitstage im Jahr stehen ihnen ausserdem für Weiterbildung zur Verfügung.

Holzbauunternehmen können sich seit Juli 2012 unter dem Label «HolzbauPlus» auszeichnen lassen. Sie garantieren damit eine partnerschaftliche Unternehmenskultur und Personalführung auf der Basis des GAV-Holzbau. Kunden erhalten ein seriöses Differenzierungsmerkmal für die Auftragserteilung, die Unternehmer profitieren von einem positiven Image und Marketing, Arbeitnehmende von einem motivierenden Arbeitsumfeld, in dem sie sich weiterentwickeln können.

Den Veränderungen im Berufsbild trägt der Holzbau mit einem fortschrittlichen Weiterbildungskonzept Rechnung. Ein Zimmermann oder eine Zimmerin wird zum Allrounder ausgebildet, muss auch ein Solarpanel montieren können.

Im Jahr 2014 wird aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen die Berufslehre des Zimmermanns von drei auf vier Jahre verlängert. Danach ermöglichen verschiedene Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten lebenslanges Lernen. Kadermitarbeiter sollen vermehrt auch in den Bereichen Sozialkompetenz und Betriebswirtschaft gefördert werden. Mit diversen Pilotprojekten, beispielsweise einem individuellen Firmencoaching zur Verbesserung der Gesundheitsprävention, setzt der Holzbau weitere Schwerpunkte. Die Holzbaubranche soll auch in Zukunft die Schlüsselrolle, die ihr in der Schweiz zukommt, kompetent ausfüllen können. «

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